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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 8.1893

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Heft 3
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Wolters, Paul: Athena des Kephisodot
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https://doi.org/10.11588/diglit.38776#0186
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Wolters, Athena des Kephisodot.

stammt ebenfalls aus Herculaneum19, sie ist gleich der erstgenannten vorzüglich
erhalten, doch scheint die Oberfläche etwas überarbeitet zu sein, die andere be-
findet sich im Capitolinischen
Museum20; ergänzt sind an
ihr ein Stück der linken
Schulter, die Nasenspitze und
die linke Seite des Hinter-
kopfes. Beide Exemplare
sind nebenstehend in Um-
rissen abgebildet, das eine
aus Herculaneum, im Fol-
genden als das zweite Nea-
peler bezeichnete, links, das
capitolinische rechts.
Die beiden letztge-
nannten Kopien stehen an
Originalität und Frische der
Arbeit der ersten so sehr nach, dafs sie kaum von Wert für uns wären, wenn sie
uns nicht über einige Aufserlichkeiten des Originals erwünschten Aufschlufs gäben.
Es ist ohne weiteres klar, dafs die nackte Brust der ersten Herme nur auf den
Kopisten zurückgehen kann. Ebenso ist bei dem zugleich gefundenen Gegenstück,
der »Vesta«2', das Gewand von der Brust weggelassen, was doppelt auffällig wirkt,
da zugleich der Mantel über den Kopf gezogen ist. Wir werden in dieser Sonder-
barkeit vielleicht die Hand desselben Kopisten erkennen dürfen. Unbekleidet ist
übrigens auch die Brust des weiblichen Gegenstückes des Doryphoros22. Für diese
Einzelheit haben wir also das Zeugnifs der zweiten neapeler und der capitolinischen
Büste anzurufen, welche in Übereinstimmung miteinander zeigen, dafs die Göttin
keine Agis um die Brust gelegt hatte, sondern ein einfaches, auf den Schultern mit
je einem runden Knopf zusammengehaltenes Gewand trug. Der Mangel der Agis
ward aufgewogen durch das Gorgoneion am Stirnschild des Helmes, welches nach
Mafsgabe der ersten neapeler und der capitolinischen Büste mit Schuppen bedeckt
war und so besonders an die Agis erinnern konnte. Das Gorgoneion werden wir
uns wol auch nach diesen beiden mit gesträubten Haaren, aber im Gegensatz zur
capitolinischen Replik mit ausgestreckter Zunge zu denken haben. Auch in der
Haltung stimmen die drei Kopien nicht überein, die zweite neapeler und die capi-
tolinische neigen den Kopf nach ihrer rechten, die erste neapeler nach ihrer linken
Seite. Das wird uns nach den sonst gemachten Erfahrungen23 nicht hindern, die
i!l) Neapel Nr. 6282. Museo Borbonico IV Taf. 38, 21) La villa Ercolanese Taf. 20, 2 S. 274.
darnach Braun, Vorschule Taf. 56. Vgl. La 22) La villa Ercolanese. Taf. 8, 1 S. 261.
villa Ercolanese S. 273. 23) Vgl. besonders die wechselnde Kopfhaltung des
Zimmer der Philosophen Nr. 54. Nuova descri- skopasischen Herakles: Rom. Mittheilungen 1889
%ione del Museo Capitolino (1882) S. 217, S. 189 fr. (Graf).
 
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