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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 17.1902

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Swarzenski, Georg: Mittelalterliche Kopien einer antiken medizinischen Bilderhandschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.47179#0062
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cj2 Swarzenski, Mittelalterliche Kopien einer antiken medizinischen Bilderhandschrift.

nehmen wir schliefslich aus einer Reihe von Bildern, in denen man (nach den In-
schriften) Abbilder der Geburts- oder Wohnorte der Autoren und der Persönlich-
keiten, an die ihre Schriften gerichtet sind, zu sehen hat. Typische Architekturbilder
ohne jegliche Charakterisicrungsabsichten. So finden wir die Urbs Coa des Hippo-
crates, die Urbs Apolya Platonis (aus Apuleius Platonicus ist Plato Apolyensis ge-
worden!), die Urbs Placiti Papiron mit der Urbs OctavianiP
Bereits die Thatsache, dafs sich diese Bilder in Handschriften verschiedenster
örtlicher und zeitlicher Entstehung finden., beweist, dafs sie aus einem älteren
Originale geschöpft sein müssen, — teils direkt, teils durch Filiation. Und zwar
scheint es bereits auf den ersten Blick hin als völlig unmöglich, dafs diese Kom-
positionen im Mittelalter entstanden sind, sondern alles erweist sie als Erfindungen
der Antike. Aber es ist nicht nur der Charakter der Kompositionen, sondern die
künstlerische Ausführung selbst, die ohne den Einflufs antiker Malereien gar nicht
zu denken wäre. Denn auch in stilistischer Beziehung fallen diese Bilder ganz aus
der mittelalterlichen Kunsttradition heraus. Statt der sonstigen Buntheit finden
wir eine geschlossene, sorgsame Zusammeristimmung weniger, aber mannigfach ab-
gestufter Töne; statt der fast ornamentalen, mittelalterlichen Gegenüberstellung
kontrastreicher Lokalfarben einen etwas schweren Gesamtton; entschiedenes Streben,
zeichnerische Mittel bei der malerischen Ausführung zu vermeiden, die Konturen
kaum fühlbar. In dieser Weise malerisch hat man im Mittelalter nur einmal ge-
arbeitet: in den unter dem stärksten Einflufs antiker Vorbilder stehenden karolingi-
schen Renaissanceschulen des nördlichen Frankreich. Man könnte darum versucht
sein, die Entstehung dieser Malereien statt in die Antike, in diesen merkwürdigen,
frühmittelalterlichen Kunstkreis zu verlegen. Aber das ist ausgeschlossen. Es
fehlen durchaus die speziellen Merkmale der entsprechenden karolingischen Arbeiten,
und das Gemeinsame erklärt sich daraus, dafs eben auch diese von der Antike ab-
hängig sind. Auch würde, wenn die Schaffung dieses Bildercyklus erst ein Werk
karolingischer Renaissance wäre, die handschriftliche Tradition in Frankreich und
Deutschland sich abspielen, während sie in Wahrheit auf Italien und England weist.
So mufs die Entstehung dieser Bilder notwendig in die Antike verlegt werden, und
es scheint als das wahrscheinlichste, sie auf den Zeitpunkt der Abfassung, resp.
ersten Edition der Sammlung zu datieren, wobei jedoch der Möglichkeit einer
starken Benutzung noch älterer antiker Vorlagen aus stilistischen Gründen Rechnung
getragen werden mufs. Also der Zeitpunkt der Edition nicht als terminus post,
sondern ante! In der That erwähnt ja bereits Plinius25 derartige farbig illustrierte
Bücher in Rom, und der einleitende Hippocratesbrief der Sammlung selbst be-

24) Aus dem originalen Zusammentreffen dieser
beiden Bilder, als der Adressen des Absenders
und Empfängers, darf geschlossen werden, dafs
der dem Texte des Sextus Placitus Papiriensis
vorausgehende Passus: Rex Aegyptorum Octa-
viano Augusto nicht dem mittelalterlichen Epi-
tomator Const. Africanus (S. Ackermann a. a. O.

S. 115), wie Teuffel a. a. O. S. 1063 will, zu¬
gehört, sondern dem Placitus selbst. Auch nach
Traubes Mitteilung erscheint die Stelle alt und
echt.
25) Hist. Nat. XXV, 2, 8. S. Wattenbach, Schrift¬
wesen, 3. Aufl. S. 353, Anm.
 
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