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A. Conze, Eine griechische Stadt.

In die Felswand des schroffen Nordabhangs ist, bei F auf dem Plane, eine
Grabkammer hineingearbeitet (Schazmanns Grundriß und Ansicht Abb. II).
Nach Westen hin dachen die Vorhöhen der Kutschuk-Tschanita allmählich
zu der Hochebene ab, deren Ländereien heute dem am südwestlichen Gebirgsrande
gelegenen Güsel-Hissar gehören. Diese Vorhöhen sind ganz überdeckt mit alten
Wohnspuren, von denen über dem Boden neben den Jaffas der Hirten nicht
allzuviel in die Augen fällt, von denen aber die Anwohner wissen, die bei Erdarbeiten
oft auf dergleichen stoßen. Hier lag gewiß in römischer Zeit die offene Unterstadt
unter der befestigten Flöhe der griechischen Vorzeit. Auf und an der kleinen Tscha-
nita wird in hellenisch-römischer Zeit an gewiß schon älterem Wohnplatze der
Flauptort der Landschaft am Mittelläufe des Pythikos gelegen haben. Wir sahen
bereits, daß in spätbyzantinischen Notzeiten die Westkuppe der Bujuk-Tschanita
ein Zufluchtswohnplatz geworden sein wird, wohl auch für Bewohner der Kutschuk-
Tschanita.
In türkischer Zeit hat sich die herrschende Ansiedlung an den anderen Rand
der Hochebene, nach Güsel-Hissar, gezogen, wohin zwei schöne Quellen lockten und
das vor einiger Zeit ein größerer Regierungssitz als heute war (Choiseul-Gouffier:
ou reside un Aga). Nach einem der Art ansehnlichen Orte wurderi zu Bauzwecken
antike Steine auch aus entlegeneren Orten (Inschriften aus Pitane, von der Βουλή
von Elaia) zusammengebracht. Eine antike Ortschaft ist an der Stelle nicht an-
zunehmen. Von Diest (S. 33) vermutet es, Schuchhardt hat sich schon im 2. Er-
gänzungshefte des Jahrbuchs des Instituts (Bohn, Aegae) 1889, S. 57 f. mit voller
Klarheit dagegen ausgesprochen, ebenso Ramsay (JHSt. II, S. 295) und S. Reinach
(Chroniques d'Orient S. 20).
Die Proben von Tonscherben, welche bei dem letzten Besuche der Tschanitas
aufgelesen wurden, ergeben für die hohe Westkuppe der großen Tschanita fast aus-
schließlich Byzantinisches, für die kleine Tschanita vorwiegend gute schwarzgefärbte
Ware, aber auch schon eine alte Scherbe mit brauner, linearer Malerei auf matt-
gelbem Grunde, sog. milesischer Art, übrigens nicht sehr feiner Technik. Auch eine
zierliche.bronzene Pfeilspitze fand sich da (Abb. 12). Alles das steht im Einklänge
mit der angenommenen Besiedlungsgeschichte.
Wie die Stadt auf und an der kleinen Tschanita mit ihren Bergfesten auf der
großen Tschanita hieß, wissen wir nicht. Galen ignoriert sie, wo er Aegae an Myrina
grenzend nennt (VI, S. 800 Kühn: τοιουτος δε έστιν οίνος παρ’ ήμΐν έν Αιγαΐς και Περπερινη,
τή μεν όμόρω Μυρίνη, τή δέ Περγάμφ. Aber sollte auch der Name einmal zu be-
stimmen sein, so wird er schwerlich viel mehr ergeben, als was auch ohne ihn von
Interesse ist, das im Laufe der Zeiten typisch wechselnde Bild einer griechischen
Besiedlung.

A. Conze.
 
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