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Μ. Mayer, Altapulische Terrakotten.

metrischen Vasen jüngsten Stiles nicht ausgenommen. Die Stücke, welche Μ. ab-
bildet, haben mit der Örtlichkeit nichts zu tun und stammen aus Cerignola. Mariani
fühlt aber richtig, daß man an eine ältere Periode anknüpfen muß, um den Stein
unterzubringen. Lägen die Verhältnisse in der Daunia und ihren verschiedenen
Bezirken nicht so eigentümlich, daß davon alle bloß auf den Stil gebauten Be-
rechnungen leicht über den Haufen geworfen werden, so würde man a priori geneigt
sein, die Stele für älter als die Certosa zu halten. Doch wird sich das auf die
Nähe der La Tene-Periode hindeutende Argument Marianis, das Anhängsel am
Fibelschlusse, nicht ganz übersehen lassen, so natürlich uns das Bedürfnis erscheint,
die Nadelspitze durch Draht zu versichern; wozu ein Knopf oder Kerben ohne
Öse oder Aufbiegung genügte. Es will jedenfalls bemerkt sein, daß eine Gußform,
woraus gerade dieses Hängeornament gewonnen wurde, an der adriatischen Seite
erhalten ist, Bull. Pal. XXII 105 =Montelius, Civ. pr. II 159,20, wo die unterste
Partie dafür in Betracht kommt, und daß dieses Objekt in Verbindung mit dem
Brustschmuck Montelius II 160,6 (wo nebenbei der büstenförmige Oberteil uns
interessiert) einer Kulturschicht angehört, die, um das Wenigste zu sagen, nicht
über das V. Jahrh. hinabreicht. Ä^ergleiche mit der apulischen Keramik — auch
wenn Mariani auf meine genaueren Ermittelungen einginge — können uns hier nicht
viel nützen. Das gilt namentlich von dem schrägen, teilweise dreieckigen Mäander;
ohne daß ich hier auf diesen Gegenstand eingehe, den ich in der Berl. Arch. Ges.
(Arch. Anz. 1906, 193) behandelt, und über den nordadriatischen Kreis, die bos-
nischen Pfahlbauten etc. hinaus verfolgt habe. An diese ältere Phase und, wenn
man will, den Villanova-Stil, knüpft das vorliegende Muster näher an (ob auch
zeitlich, wissen wir nicht), als an die verwandten Erscheinungen, die mit den V.
Jahrh. in Mittelapuliea auftreten.
Leider gehören Grabsteine im vorrömischen Nord- und Mittelapulien trotz
aller gemalten Grabszenen zu den größten Seltenheiten; sie sollen eigentlich erst
gefunden werden. Es könnte daher jemand die Frage aufwerfen, die ich mir
keineswegs aneignen will, ob hier etwa ein altes Idol erhalten sei. Der Unterschied
gegen Nord- und Mittelitalien würde mehr in regionalen Anschauungen als im
Aussehen der Steine begründet sein. Selbst an dem skulpierten Grabstein Arnoaldi
drängt sich der Eindruck eines dämonischen Antlitzes fast so lebhaft auf wie an
einem phrygischen, formverwandten Monument sakralen, doch vielleicht nicht
sepulkralen Charakters, Perrot-Chipiez V 173 Fig. 117 39). Es liegt mir aber, wie
gesagt, fern, diesen Gedanken zu verfolgen. Die Vergleichung mit den so ganz anders
gearteten Tonfiguren derselben Daunia bietet an sich schon der Probleme genug.
Berlin. Μ. Mayer.

39) Die beiden Krieger kämpfen dort natürlich vor dem Monument, nicht, wie gesagt wird, gegen einen
lebenden Dämon.
 
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