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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 31.1916

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Nilsson, Martin Persson: Die Prozessionstypen im griechischen Kult
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https://doi.org/10.11588/diglit.44517#0362
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Nilsson, Die Prozessionstypen im griechischen Kult.

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Fackel am Tage angeführt, besonders im Dionysoskult I). Pfuhl hat das Fackelgeleit
der Epheben an den Plynterien in dem Zug nach Phaleron, der tags stattfinden
muß, angeführt, aber nur um Seine Beweiskraft abzuSchwächen gegen diejenigen,
die EiSagoge und Pompe identifizieren 2). Stengel weist brieflich treffend auf die
Schlußszene des PlutoS des Aristophanes hin, wto der Gott unter Fackelgeleit in den
Opisthodom des Parthenon installiert wird. Die Fackel ist für Dionysos typisch, sie
durfte nicht fehlen, wenn der Gott vom Tempel ins Theater geführt wurde. Die
Eisagoge war ein glänzendes Schauspiel, wo dem im Theater versammelten Pub-
likum die Herrlichkeit des attischen Reiches vor Augen geführt wurde, der Staats-
schatz wurde vorgezeigt, die wehrfähigen Söhne der im Kriege Gefallenen mit Waffen-
rüstung bekleidet. Hier wandte man sich an Bündner und Fremde, die an dem Opfer-
mahl nicht hatten teilnehmen dürfen. Wer meint, der Weg Sei für eine Prozession zu kurz,
kann an die Prozessionen erinnert werden, die heutzutage in den Kirchen Stattfinden.
Noch eins verdient eine kurze Erwähnung. Ist es möglich, daß das Idol des
Gottes über Nacht in der Orchestra blieb ? Es war ein kostbarer Besitz; im Elaphebo-
lion gibt es manchmal böses Wetter, und das Theater konnte nicht abgesperrt werden;
eS geht eine Straße hindurch. Wenn dem So ist, so muß man annehmen, daß der
Gott w’ährend der Aufführungen jeden Morgen in die Orchestra gebracht und jeden
Abend in den Tempel zurückgeführt wurde. DaS dürfte auch das Wahrscheinliche
sein; einen prachtvollen Aufzug gab es nur am ersten Tag, aber jedesmal dürften
die Epheben den Gott mit Fackeln begleitet haben. Ich würde gern annehmen,
daß auch der LenaioS ins Theater, d. h. nach der Erbauung des steinernen Theaters
in dieses, an den Lenäen geführt wurde 3), aber überliefert ist es nicht.
Ich weiß wohl, daß die obigen Darlegungen auch nur eine hypothetische
Rekonstruktion der athenischen Dionysosfeste bieten, ihr Vorzug liegt, hoffe ich,
darin, daß sie weniger mit Verwerfung von Zeugnissen und Zerreißung des religions-
geschichtlichen Zusammenhanges arbeiten, daß s'ie Sich umgekehrt mehr der Über-
lieferung und der Religionsgeschichte fügen. Ein Bedenken will ich ausdrücklich
hervorheben, weil von dieser Seite Überraschungen nicht ausgeschlossen Sind. Die
Überlieferung, mit der wir arbeiten, Stammt aus sehr verschiedenen Zeiten: sie er-
streckt sich über ein halbesjahrtausend. Wenngleich die alten Riten bis tief in die
Zeit der Antoninen gehegt und gepflegt wurden, so ist eine einheitliche Betrach-
tungsweise ein Provisorium, das uns auf erlegt ist, weil wir bei dem Mangel an Quellen-
material die Änderungen und Verschiedenheiten nicht verfolgen können. Also müssen
wir darauf gefaßt sein, daß Riten und Prozessionen in diesem großen Zeitraum Ver-
änderungen unterworfen gewesen sind; mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln
können wir diese nicht nachweisen.
Lund. Martin P. Nilsson.

*) Robert, Gott. geh Anz. 1913, 367.
’) Pfuhl, A. P. S. 76 A. 17.
3) Stengel, Gr. Kultusalt.3 242 denkt an eine zwei-
malige Einholung des Eleuthereus von der Akade-
mie in die Orchestra, an den großen Dionysien

und an den Lenäen. Warum ich das nicht an-
nehmen kann, ist aus dem Obigen klar. Solange
Spiele an den Lenäen gegeben wurden, gehörten
diese dem Lenäengott, nicht dem Eleuthereus,
wenn sie auch in seinem Bezirk aufge^ührt wurden.
 
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