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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 31.1916

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Klein, Wilhelm: Zur Ludovisischen Thronlehne
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https://doi.org/10.11588/diglit.44517#0251
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W. Klein, Zur Ludovisischen Thronlehne.

231

ZUR LUDOVISISCHEN THRONLEHNE.
Mit 13 Abbildungen.
I. DAS FALSCHE BOSTONER GEGENSTÜCK.
Die mächtige Strahlenwirkung eines' großen, dem Meere der Vergangenheit
wieder entstiegenen Kunstwerkes auf unsere Wissenschaft bildet für die Miterlebenden
immer ein Ereignis. Die im Jahre 1887 gefundene Ludovisische »Thronlehne«,
das herrlichste Originalwerk, das wir aus der Frühzeit des fünften Jahrhunderts
besitzen *), hat diese Wirkung bereits mannigfach zu erproben begonnen. Ein
Frauenkopf von gleicher künstlerischer Höhe, gleichfalls ein Originalwerk dieser
gnadenreichen Zeit, wurde von den Strahlen voll getroffen* 2 3 4). Aber die Forschung
legte sich eine gewisse Zurückhaltung auf, da im Kreis'e der Wissenden die Kunde
von einem »gleichzeitig und am gleichen Ort« gefundenen Gegenstück umging, das
vorläufig »irgendwo« im Verborgenen stecke. In das volle Licht der wissenschaft-
lichen Öffentlichkeit trat dies Gegenstück erst durch die prächtige Veröffentlichung,
die ihm (gemeinsam mit dem Ludovisischen Thron) zuteil ward, und die umfang-
reiche, überaus gelehrte und scharfsinnige Erörterung, die ihm Franz Studniczka in
den Antiken Denkmälern HL, Taf. 7—8 sowie im Jahrbuch XXVI 1911 widmete. Man
erfuhr nun, daß über Fundort und Fundzeit sich nichts Sicheres ermitteln ließ; es
war aus dem römischen Kunsthandel von Warren erworben worden, befand sich
»lange Jahre« in dessen Sammlung in Lewes in England und kam dann in das »Fine
arts MuSeum« in Boston. Aufgetauchte Zweifel an der Echtheit dieses Bostoner
Marmorwerkes wurden von Studniczka auf das kräftigste abgewiesen, sehr energisch
ist auch Hauser für diese eingetreten 3); und es darf (ich Stütze mich dabei auf per-
sönliche Mitteilungen Dr. Ludwig Pollaks, der im Jahre 1907 Gelegenheit hatte,
das Original in England eingehend zu untersuchen) zugegeben werden, daß es an
äußeren Gründen für die Annahme der Unechtheit vollständig fehlt.
Die beiden sich auf den ersten Blick als zusammenhängend vorstellenden Werke
mußten nun in ihrem Zusammenwirken einen gesteigerten Eindruck erzielen. Zunächst
Schien sich ein Rätsel, das der Ludovisische Thron bot, durch das Bostoner Gegen-
stück zu lösen. An jenem war das Fehlen einer ornamentalen Einfassung, für deren
Aufnahme die Flächen unterhalb der Darstellungen zugerichtet waren, auffällig, und
schon Petersen 4) hat über die Art der Verkleidung Ä^orSchläge gemacht, die viel-
seitige Beachtung fanden. Er dachte Sie sich in Bronze ausgeführt. Das Bostoner
Gegenstück hat diese Bekleidung bekanntlich mitgebracht. An derselben Stelle,
wo die bronzenen Beschläge sitzen sollten, fand sich da ein ornamentaler Aufbau
im schönsten jonischen Stil, den es nun auf den LudovisischenThron zu übertragen

Σ) Antike Denkmäler III, Taf. 6 und 7. Die früheren
Abbildungen und die ältere Literatur bei Stud-
niczka : »Das Gegenstück der Ludovisischen Thron-
lehne« Arch. Jahrb. XXVI 1911, 50-192 und
Amelung - Helbig 3 Nr. 1286. Die jüngere im
Folgenden.

2) Jetzt im Louvre, Brunn - Bruckmann Nr. 581.
Die Literatur bei Studniczka a. a. 0. S. 189.
3) Furtwängler-Reichhold, Vasenmalerei Text III,
S. 22 Anm.
4) Röm. Mitt. VII 1892, 32 ff.
 
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