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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 37.1922(1924)

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Pomtow, Hans: Die Paionios-Nike in Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.44817#0120
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I 10

H. Pomtow, Die Paionios-Nike in Delphi.

wie die gleichzeitige in Plataeae, denn die Thespier wurden eben nicht, wie die Platäer, von Athen auf-
genommen und dort Isotelen; aber daß die Stadt in Trümmer gelegt war und die Bewohner teils vertrieben
(nach Keressos), teils in Dorfschaften angesiedelt waren, steht außer Zweifel. Und wenn Schäfer, Demosth.
III2 19, 1 den Wiederaufbau durch Philipp nach Chaeronea aus der Errichtung einer Statue desselben in
Thespiae vermutet hatte, so wird das jetzt durch die delphischen Tempelbauakten ziffernmäßig bewiesen:
genau mit dem Herbst 338 erschienen zum erstenmal Thespier, Platäer, Tanagräer unter den Nao-
poioi, diese drei Gemeinwesen waren also wiederhergestellt1). Da wir nun mit Klein (Praxiteles S. 247)
die von Furtwängler angenommene Aufstellung von Eros, Aphrodite, Phryne in den Tempeln einer zer-
störten Stadt für gänzlich unwahrscheinlich halten, so müssen diese Statuen entweder vor 372 oder nach
338 errichtet sein, die delphische Phryne aber, wie wir oben aus anderen Gründen sahen, gleichfalls vor
372 oder nach 345. Und wenn schließlich an der Existenz zweier Phrynen als Hetären nicht mehr
zu zweifeln ist, von denen die jüngere, die Nachfolgerin der älteren wrar, mit eigentlichem Namen Mnesarete
hieß und durch Hypereides verteidigt wurde2), während der urkundliche Name der älteren Opuvr], welche
die Hauptzeit ihres Lebens in Athen verbrachte, auf dem delphischen Pfeiler stand, — so werden wir dessen
Weihung viel wahrscheinlicher kurz vor 372 anzusetzen haben, als nach 345.
Schließlich noch ein Wort über Kopien der Phryne. Furtwängler hat in sehr feinfühliger Weise
die bekannte »Venus von Ostia« mit dem delphischen Phrynebild in Beziehung gesetzt; vgl. Meisterw. 54.,
und die vorzügliche Abb. S. 550. Widerspruch erhoben Wolters (Fried.-Wolt. Nr. 1455) und Bulle (Schöner
Mensch Sp. 345 mit der weniger guten Tafel 160), aber im wesentlichen nur wegen der realistischen, auf
hellenistische Zeit weisenden Gewandbehandlung. Es dürfte jedoch nicht unmöglich sein, diese Gewand-
ausführung auf den späteren Kopisten zurückzuführen, der sie im Stil der neuen Zeit gestaltet hätte. Denn
ich möchte, abgesehen von der trefflichen Charakterisierung durch Furtwängler, darauf hinweisen, daß
diese Ostia-Statue die größeste von allen Aphroditen ist, die z. B. Bulle bespricht; sie ist 2,12 m hoch,
also noch um 17 cm größer als die Paionios-Nike, und würde einschließlich des oben S. 105 postulierten,
ca. 50 cm hohen Fußblockes (statt des Luftberges) etwa 2,62 m Höhe erreichen. Das ist wieder etwas weniger

ein thespisches Kontingent im boetischen Heere
beiLeuktra erwähnt (Paus. IX 13,8; Polyaen. II
3, 3).« Aber vgl. Xen. Hell. VI 3, 1: IxeTeuovTa;
öe QeGTttea; p.7] (jepei; irepuSetv dKoÄiSa; yevo-
jHvouj und ebenda 3, 5 CtySop-svou? rrj llXarai^cov
xai 0eome<ov dvatpeaei, desgl. Diod. XV 46, 6
p.erd 5e Taura 0'1 piv örjßaiot Ta? UXaratd;
xaraaxatpavTe? xai ösaKidg dXXoTpffo; repd?
aurou? Btaxeipeva; ek6p ffr; ffav. Die Furcht
drcdXtoec zu werden, die vollzogene Tatsache der
dvaipedt; und die völlige Zerstörung in ££e7tdp&7]<Jav
können doch nicht noch deutlicher ausgesprochen
werden, und betreffs des thespischen Kon-
tigents hatte Schaefer, Dem. I2 69, 1 gezeigt,
daß es aus früher zu den Thebanern Über-
getretenen bestand (Xen. Hell. V 4, 46).
Jedenfalls hat Thespiae dasselbe Geschick er-
litten, wie später die phokischen Städte, die ihrer
Mauern beraubt, deren Häuser niedergerissen
und deren Bewohner in unselbständige Dörfer
auseinandergerissen wurden. Daß die Stadt in
der Tat mehr als 30 Jahre ohne Mauern und zer-
stört blieb, beweisen die häufigen Erwähnungen
eines geplanten Wiederaufbaues bei den Rednern,
die Schäfer Demosth. I 511; 516; II269; 271; 391
registriert hat. Auch nahmen die Thespier später

an Thebens Zerstörung durch Alexander regen
Anteil, Schäfer, Dem. III 123; 127. [Auch in der
Neuauflage (III 1, 160,3 (hat B. nichts geändert.]
T) Die Herbstpylaia des Jahres 338, auf der diese
Naopoioi erscheinen, fand in dem Monat nach
der Schlacht bei Chaeronea statt; vgl. Syll.3
n. 250 not. 2 und die Naopoioi-Tafel ebda. zu
S. 340. Dort ist jedoch den zahlreichen in n. 250
not. 2 aufgeführten Steinmetzfehlern ein neuer
hinzuzufügen. Da niemals wieder zwei tana-
gräische Naopoioi nebeneinander vorkommen
und der in der nächsten Liste erscheinende Pla-
täer Mvasicov heißt, so ist klar, daß in n. 250
v. 19 das Ethnikon wieder verschrieben ist: statt
Mvaacovt Tavaypafan ist zu lesen Mvaff(f)cuvi UXa-
Tatec. Denn die drei Naopoioi der wiederaufge-
bauten drei Städte OepexXi]? Tavaypaio;, Mvaatcov
IlXarateü?, lluOcov 0eame6; haben mehr als 10
Jahre lang ständig (von 338—327) fungiert, ab-
gesehen von einer einmaligen Vertretung durch
einen anderen Tanagräer.
2) Dies alles hat Klein, Praxiteles 245, eingehend
und überzeugend bewiesen. Auf die Athenerin
Mnesarete geht auch'die bei der Thespierin Phryne
ganz unmögliche Geschichte von dem Angebot
des Wiederaufbaues der Mauern Thebens zurück.
 
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