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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0166
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158 EL Litteratur und Geschichte. 8. Recht und Sitte.

meiden. Auch von unwürdigen Personen geschenkte, abgestandene Speisen,
die Überreste einer Mahlzeit, von unreinen Tieren oder Menschen berührte
Speisen u. dgl. dürfen nicht genossen werden ( Y. 1, 160—171, 176 u. a.).

Es kommt nicht nur darauf an, was, sondern auch wie, wo, und wann
gegessen wird. So darf man nicht stehend, liegend, nackt oder in nassen
Kleidern essen, nicht aus einem zerbrochenen oder verunreinigten Geschirr
oder aus der Hand, nicht im Freien, in einem Tempel oder leeren Hause,
nicht um Mittag oder Mitternacht oder in der Dämmerung, nicht zur Zeit
einer Sonnen- oder Mondfinsternis, oder wenn dem König, einem Brahmanen
oder einer Kuh ein Unglück zugestossen ist, nicht während einer Indigestion
oder zur Übersättigung, nicht mehr als zweimal am Tage, nicht zu frühe oder
zu spät. Vor dem Essen muss man die Götter und Brahmanen speisen, dem
Feuer spenden u. s. w., bei dem Essen nach Süden oder Osten blicken, ge-
salbt und bekränzt sein, nach dem Essen den Mund und die Hände reinigen
(Vi. 68 u. a.).

Das älteste genau datirbare Denkmal für das Verbot animalischer Kost
bilden die Inschriften As'oka's, der sich entschieden gegen das Schlachten und
Opfern von Tieren ausspricht, aber ähnlich wie die Smrtis zu Gunsten der
Pfauen und Antilopen eine Ausnahme macht1. Überhaupt treffen die Speise-
regeln der Buddhisten trotz des strengen ahimsä-Gebots, das sie mit dem
Jainas teilen, mit den brahmanistischen, besonders den Vorschriften für brah-
manische Asketen, im Ganzen zusammen2. Das Mah. predigt die ahimsä,
aber die Haupthelden gehen auf die Jagd und essen Fleisch3. Alberünl 2,
151 f., 155 erwähnt als Tiere, die man töten darf, das Schaf, die Ziege, Gazelle,
den Hasen, das Rhinoceros, den Büffel, Fische, Wasser- und Landvögel, als
Sperlinge, Ringeltauben, Francoline, Tauben, Pfauen, u. a. nicht schädliche
oder ekelerregende Tiere, als verboten dagegen das Fleisch von Kühen, Pferden,
Maultieren, Eseln, Kameelen, Elephanten, Haushühnern, Krähen, Papageien,
Nachtigallen, ferner Eier, Wein (bei Südras gestattet), Zwiebeln, Knoblauch,
gewisse Gurken und Wurzeln und das Kraut näll (Lotus). Dass die Brahmanen
keinen Knoblauch essen durften, zeigt auch die medicinische Litteratur vom
5. Jh. ab4 und die Räjatar. 1, 342. Heutzutage meiden die Brahmanen (ausser
in Kashmir)5 alle animalische Kost einschliesslich der Eier und alle Spirituosen,
sowie Zwiebeln und Knoblauch6. Noch strenger führen einzelne Sekten wie
die Jainas und Lingayats die Abstinenz durch, überhaupt herrscht dieselbe bei
den meisten höheren oder emporstrebenden Kasten; besonders stark ist der
Abscheu gegen Rindfleisch7. Doch geniessen die Rajputen das Fleisch der
Ziege, des Hirschs und des Hasen, der Taube, Wachtel und Fettammer, sowie
Fische8. Auch die sivaitischen Sekten essen und opfern gewisse Tiere und
trinken Spirituosen, während die Vaisnavas Abstinenzler sind9. Mit Mitgliedern
einer anderen, besonders einer niedrigeren Kaste zusammen oder von ihnen
gekochten Reis u. dgl. zu essen, oder mit den Frauen zu speisen, oder Speise-
reste zu geniessen, gilt allgemein für unzulässig.

1 Vgl. Bühler ZDMG 37, 91—94; 48, 49 f- — 2 Kern, D.Buddhismus i, 237;
2, 73— S4. — 3 Holtzmann, Z. Gesch. 33—36. — 4 Vgl. Festgr. an Roth 19. —
5 Bühler, Kasmlr Report 23. — 6 Vgl. z. B. BG 22, 61; Census of India 1891,
13, 265. — 7 M. Williams, Hinduism 155—157. — 8 Risley, The Tribes and Castes
of Bengal 2, 191. — 9 Census of India 19, m.
 
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