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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0140
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II. LlTTERATUR UND GESCHICHTE. 8. RECHT UND SlTTE.

die Familie des Erschlagenen zu entschädigen; das als Composition gegebene

Land hiess khunkat5.

i Roth, Wergeid im Veda ZDMG 41, 672—676; Bühler, Das Wergeid in
Indien und L. von Schröder, Indogermanisches Wergeid in Festgr. an R. v. Roth
44—52; Leist, Altar, jus gentium 294—307; ZDMG 44, 339 f. — 2 Tod, Annais of
Rajasthan 1, 161 —164, 209, App. XVIII; Lyall, As. Stud. 159; bühler 1. c. —
3 Malcolm i, 557 f., 5761. — 4 Grant, C. P. Gazetteer 70 f. — 5 BG 24, 267.

5. DAS GERICHTSVERFAHREN.

§ 45. Der König als Richter. Die Ausübung der Justiz1, die Be-
strafung der Verbrecher erscheint als eine Hauptaufgabe eines guten Königs.
Wenn ein Strafwürdiger unbestraft bleibt, soll der König einen Tag lang,
wenn ein Unschuldiger bestraft wird, drei Tage lang fasten {Vas. 19, 40—43).
Um gerechte Urteile fällen zu können, soll er sich bei den massgebenden
Leuten darüber informiren, was bei jeder Kaste geltendes Recht ist, und in
Zweifelsfällen sich von gelehrten Brahmanen beraten lassen {Gaut. 11, 22—26).
Täglich soll sich der König in Begleitung kundiger Brahmanen und erfahrener
Räte und Beisitzer in die Gerichtshalle begeben und dort sitzend oder stehend
die Anliegen der Kläger prüfen {M. 8, 1 f.; Y. 1, 359 u. a.). Diese patriarcha-
lische Ausübung der Rechtspflege kann sogar dazu führen, dass der König
in höchsteigener Person einen geständigen Dieb mit einer eisernen Keule
niederschlägt {Gaut. 12, 43—45 u. a.). Dem König wird auch empfohlen,
nicht selbst Processe zu veranlassen (M. 8, 43), da die Geldstrafen eine
ergiebige Einnahmsquelle der Fürsten bildeten. Unrechtmässig erhobene Bussen
muss er in das Wasser werfen oder, um das Dreissigfache vermehrt, den Brah-
manen geben (Jlf. 9, 244; Y. 2, 307). Auch die Vollziehung der präyascitta
des geistlichen Rechts überwachte der König {% 47).

An dem Unrecht, das der König durch Fällung eines ungerechten Urteils
begeht, haben auch seine Räte Anteil. Von der so entstandenen Sünden-
schuld fällt je ein Viertel auf den mit Unrecht Verurteilten oder Freigesproche-
nen, auf einen falschen Zeugen, auf sämtliche Beisitzer des Gerichts und auf
den König {Gaut. 13, 11; M. 8, 18 u. a.). Die Beisitzer {sabhya, sabhäsad)
sollen selbst unaufgefordert {aniyukta) ihre Meinung offen heraussagen und
nicht aus Berechnung einem ungerecht urteilenden König beistimmen, da sie
sich sonst zu Mitschuldigen desselben machen und mit ihm in die Hölle
fahren würden {När. I, 3, 2; Käty. 1, 7 f.). Einen hervorragenden Platz nimmt
unter den Beisitzern der Hauspriester {j>uro/iita) des Königs ein, der daher
| die durch ein ungerechtes Urteil des Königs entstandene Sündenschuld durch
entsprechendes Fasten sühnen muss (Vas. 19, 40 f.). Ferner nennen spätere
Smrtis als Begleiter des Königs den Oberrichter, die Minister, die Ältesten,
die Brahmanen und das Gefolge {Käty. 1, 3; Brh. 1, 23). Der Gerichtshof
wird dann mit dem menschlichen Körper verglichen, wobei der König der
Kopf, der Oberrichter der Mund, die Beisitzer die Arme sind u. s. w. Näher
wird die Funktion der als 10 gerechneten Glieder oder Bestandteile {aiiga)
eines Gerichtshofs so definirt: der Oberrichter fällt das Urteil, der König ver-
hängt die Strafe, die Beisitzer oder Richter untersuchen den Thatbestand, das
Gesetzbuch {stnrti) liefert das Urteil, Gold und Feuer dienen zur Anwendung
von Ordalien, das Wasser ist zur Erfrischung da, der Rechner berechnet den
Wert des Streitobjekts, der Schreiber protokollirt die Verhandlung, der Ge-
richtsdiener hat den Angeklagten, die Beisitzer und die Zeugen vorzuladen
und die beiden Parteien, falls sie keine Bürgen gestellt haben, in Gewahrsam
zu halten {Brh. 1, 4—10). Ausserdem werden von Vyäsa noch erwähnt der
 
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