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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0098
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II. LlTTERATUR UND GESCHICHTE. 8. RECHT UND SlTTE.

der Gosävlsekte6. Bei den Gosävis ernennt der guru häufig schon bei Leb-
zeiten einen seiner Schüler zu seinem Nachfolger und Erben, aber auch ein
Schüler eines Schülers, ein Lehrer, Mitschüler und andere geistliche Verwandte
können ihn beerben.

1 Vgl. Tag. Lect. 226—270. — 2 Vgl. Kohler ZVR 3, 431; Schräder, Sprach-
vergl. u. Urgesch. 552 f. — 3 Vgl. Goldstücker, On the deliciencies 7 f.; Roth
bei Mayr, D. ind. Erbrecht 134; Mayne § 502 u. a. — 4 Tag. Lect. 194 f., 286.—
5 Mayne 1. c.; Tag. Lect. 224. — 6 West and Bühler 3 550—567.

3. SACHEN- UND OBLIGATIONENRECHT.

§ 26. Besitz, Eigentum und Ersitzung. Eigentum und Besitz
werden im indischen Recht bestimmt unterschieden. Während der Besitz
durch Ableitungen von bhuj »gemessen, benützen, besitzen« wie bhukti, bhoga,
ußabhoga »Besitz«, b/wktr, upabhoktr »Besitzer« ausgedrückt wird, dient zur
Bezeichnung des Eigentums das Pronomen svam »suum« nebst Ableitungen
davon wie svämin »Eigentümer«, svatva, svämya, svämitva »Eigentumsrecht«,
ferner Substantive in der Bedeutung »Habe, Gut, Erbe« wie dhana, dravya,
riktha u. a. Wesen und Entstehung des Eigentums haben schon in sehr alter
Zeit den Gegenstand philosophischer Erörterungen gebildet. So bestehen nach
Gant. 10, 39 die Quellen des Eigentumsrechts in Erbschaft, Kauf, Teilung,
Besitzergreifung (von herrenlosem Gut) und Finden, wozu bei Brahmanen noch
der Empfang von, Geschenken, bei Ksatriyas die Kriegsbeute oder Eroberung,
bei Vaisyas und Südras der Lohnerwerb kommt. Von besonderem Interesse
ist hier die Occupation einer res nullius als Begründung des Eigentums. Daher
entsteht Grundeigentum dadurch, dass man ein unbebautes Stück Land urbar
macht, indem man die Bäume fällt (M. 9, 44). Ebenso gehört das erlegte
Wild demjenigen der es zuerst getroffen hat; wer es nachher noch trifft, hat
seine Pfeile vergeblich versendet. Selbst durch die Bestellung eines nur vorüber-
gehend brach gelegenen Grundstücks erwirbt man gewisse Rechte auf dasselbe.
In den indischen Inschriften begegnet häufig der Ausdruck, dass ein Dorf
oder Grundstück bhümicc7iidranyäyena geschenkt sei. Damit ist offenbar ge-
meint, dass dem Beschenkten alle Rechte desjenigen zustehen sollen, welcher
ein Grundstück zuerst urbar gemacht hat; also ganz die nämliche Auffassung
wie in den Gesetzbüchern1. Nach den letzteren erwirbt man einigermassen
ähnliche Rechte auch auf ein Grundstück das 5 oder 3 Jahre oder wenigstens
1 Jahr lang brach gelegen hat {atavT, khila, ardhakhilä). Zwar darf der
rechtmässige Eigentümer es von dem Besteller reclamiren, aber letzterer darf
den Ertrag behalten und muss für seine Mühe von dem Eigentümer entschädigt
werden {När. 11, 23—27). Andere Autoren lassen als die allen Ständen ge-
meinsamen legitimen Arten des Erwerbs nur die drei: Erbschaft, Geschenke
und Kauf oder Mitgift der Gattin gelten. Diese Einteilung der Erwerbsarten
wird von einer wohl jüngeren durchkreuzt, wonach es 1., sieben weisse Arten
von Erwerb giebt, nämlich religiöses Wissen, Tapferkeit, Kasteiungen, (die
Mitgift einer) Braut, Unterricht, Opfer und Erbschaft, 2., sieben gefleckte
Arten, nämlich Geldverleihen, Ackerbau, Handel, der Preis (für ein Mädchen),
Künste, Dienst, Vergeltung (für erwiesene Wohlthaten), 3., sieben schwarze
| Arten, nämlich Bestechung, Spiel, Botendienst, (Zufügung von) Schmerz,
Fälschung, Raub, Betrug (JVär. 1, 44—49, vgl. Vi. 58). Die Früchte, die
man aus der Anwendung seines Vermögens zieht, besonders bei Opfern u. a.
religiösen Handlungen, entsprechen der Art wie man es erworben hat. Wie
wenig blosser Besitz Eigentumsrechte verleihen kann, ist in einem oft citirten
Texte des Smrtisamgraha ausgedrückt: »Wenn Einer etwas in Händen hält,
 
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