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Bildnisse.

Der heil. Leander, bartlos, wendet den Blick dem Betrachter zu: sein hohles, wie fieber-
haft erschöpftes Auge, soll vielleicht den Glaubenseiferer anzeigen. Das standhaft
und geduldig verfolgte und erreichte Ziel seiner Amtsthätigkeit bezeichnet der Zettel
in seinen Händen, eine Aufforderung an die arianischen Goten, sich der nicäischen
Formel anzuschließen.

Auch der heil. Rodriguez in der Dresdener Galerie ist ohne Zweifel Porträt.
Nicht nur der edle, hartgemeißelte Priesterkopf, und die Hände (von jeher mit Recht in
Dresdcn bewnndert), und die rciche Planeta mit den altertümlichcn Figurcn dcr Apostcl
Paulus und Andreas, angeblich noch im dortigen Domschatz. Anch in den Blick hat er
nicht viel mehr hineingelegt als was er in dem an die Decke des Ateliers gerichteten
Kopf seines würdigen Modells sah. Die edle, fast soldatische Gebärde, mit der
er sich dem Engel, dcr einen Rosenkranz über seinen Scheitel hält, zuwendet, spricht
aus, daß er fich selbst als Opfer darbringt. Da er schon die Palme ergriffen hat, so
ist ganz in der Ordnung, daß der Schnitt in den Hals ihn wenig stört: er ist nur
noch Attribut.

Von seinen engen Beziehungen zu dem hochwürdigen O. Justino de Neve hat
der Maler ein Denkmal hinterlassen in desfen lebensgroßem Bildnis, einst im Refek-
tvrium des von ihm gegründcten Hospitals dcr Vcnerables. Neben ihm sah man ein
Gemälde, welches jetzt in der Galerie von Budapest den Ehrcnplatz des spanischcn Sa-lls
einnimmt. Es bezieht sich auf die Bestimmung der Anstalt. Jn Wolken sitzt die heil.
Jungsran, ihr zur Seite ein dienender Engel, aus dcssen Korb der klcine Jesus Brot
nimmt und an zwei erschöpfte Pilgcr verteilt, dic von cincm Greis vorgeführt wcrden.
Wie gern Murillo dem Jnstitut des Freundes sein Bestes geben wollte, bewies die einst
über der Sakristeithür hängende Konzeption, jetzt im großen Saal des Louvre.

Das Bildnis verdient besondere Beachtung. Es ist das einzige, in welchem
Murillo den ihm zu Gebote stehcnden Apparat der Bildniskunst vollständig in Anspruch
genommcn hat. Befünde es sich in einer öffentlichen Galerie, man würde ihn gcwiß
den erstcn Porträtisten des Jahrhunderts beigesellt haben. Der in dcr Vollkraft der
Jahre stchcndc, blciche Herr sitzt in eincm rotledern ausgeschlagenen Sesscl^ die Armc
aus der Lehne ruhend, bequem zurückgelehnt, die Finger in dem klcincn Brevier.
Scin ruhiger Blick scheint einem Besucher zugewandt, ernst, bcobachtend, aber zugleich
höflich ansdrückend, daß er für diese Minuten ganz unser ist. Das dunklc'Zimmer, die
schwarze Tracht, das auf die regelmäßigen Züge — und die weißen Hände — beschrünkte
Licht, giebt, zusammen mit der reinen Vorderansicht nnd dem gradeausgerichteten, fixirenden
Auge der vornehmen Gestalt etwas fast aufregend Naherückendes. Beim Eintritt in den
ärii-cvinA rooni von Bowood House ist es, als sähe man unvcrmute' den Herrn des
 
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