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sondern erhielt nur ihre durch leider verschwundene Meisterinschriften belegte Einwölbung (150Z/1517). Ähn-186
lieh ging cs vielen Dorfkirchen, die bei der räumlichen Neugestaltung im 15./16. Jh. mehrfach durch einge-
stellte Mittelpfciler bereichert wurden. Die Rücksichtnahme auf die Abmessungen der alten Feldsteinkirchen
führte hier auch zu weniger gebräuchlichen Gewölbelösungen. 3m wesentlichen neuerrichtct wurden die Kirchen
von Basdorf, Löhme, Wensickendorf, Lichtenow, Kleinschönebcck, Eiche, Schönerlinde (?) und die beim 445
Hussitcneinfall gänzlich abgebrannte Bernauer Georgenspitalkirche. Zugleich mit den Einwölbungcn sind
bei vielen Landkirchen die wohl ebenfalls oft abgebrannten oder zerstörten Turmoberbauten in Ziegeln
ncugestaltet worden; für die Bauecken wird dabei anstatt des alten Granits nun meist Rüdcrödorfer Kalk-
stein verwendet (z. B. Rüdersdorf, Werder, Krummensee). 65z
Der Wohnbau der Spätgotik ist nicht belegt, es sei denn, daß man die mit reichen Netzgewölben geschmückten
beiden Räume des Gasthauses „Zum schwarzen Adler" in Bernau dazu rechnen will, die nach der Überlie- 78
ferung der Kalandsgilde gedient haben. Burgen und Rittersitze (Liebenwalde, Krummensee, Prenden, Bötzow
u. a.) sind durch Veränderungen späterer Jahrhunderte sämtlich soweit abgetragen, daß nur wenige Grund-
mauerreste auf ihr ehemaliges Vorhandensein Hinweisen. Aus der Geschichte weiß man, daß im 15. Jh. das
Anwachsen der Rittergüter und die Entstehung größerer Adelsherrschaften auf Kosten der durch die Kriegs-
drangsale verödeten Bauerndörfer von den Landesherren (seit 1412 die Hohenzollem) bewußt gefördert
wurden. Die wesentlichen Adelsgeschlechter der Zeit sind die v.Krummensce, v. Löben, v.Hoppcnradc, v.Röbel,
v. d. Gröben und v. Pfuel. Zahlreich sind als Grundbesitzer Berlin-Cöllncr Bürger, wie die Blankenfelde,
Garnkcufer, Glinicke, Rike, Trebus, Wardenberg, WinS belegt.
Holzbildncrei und Malerei der Spätgotik sind an dem Hochaltar der Bernauer Marienkirche vom Anfang des 26z—289
16. Jh. besonders stattlich vertreten. Hier ist eS weniger künstlerische Qualität, als vielmehr die alte Farbigkeit
und die Erzählfrcudigkeit, die den hohen Reiz des Werkes ausmachen. Wie in einem aufgeschlagenen Riesen-
bilderbuch kann man aus den im Inhalt vielfach fremdartigen Darstellungen das zeitgenössische Leben in
Kleidung und Hausgerät ablesen. Künstlerisch bedeutsamere Werke sind die beiden Leuchtercngel der gleichen 291,292
Kirche und die schönen Schnitzfigurcn aus Basdorf im Märkischen Museum; auch die Triumphkreuzgruppe 211,212
von 1520 in Bernau und die Gottesmutter von einer solchen in Wensickendorf verdienen besonders hervor- 29^648
gehoben zu werden. — Kelche aus dem 15. und 16. Jh. sind häufig, ebenso Glocken mit feinen Minuskel-
umschriften; ein Einzelstück dagegen ist der nicht einheimische Altarbchang im kirchlichen Museum zu Bernau 296
mit den gestickten Wappen französischer Adelsgeschlechter. Der Adel hat sich, abgesehen von Inschriften und
Wappen an allerlei Kleingeräten, sein Denkmal in ganzfigurigcn Grabsteinen gesetzt (Rüdersdorf, Schön- 580—582.
eiche, Löhme), die bereits bis in das hohe 16. Jh. hineinreichen. Noch ehrwürdigere Zeugen dieser Sitte sind 447
leider überall verschwunden, bis auf eine fast abgetretene Schriftplatte aus der Zeit um izoo in Blum-
berg. Schon aus dem 16. Jh. sind aber auch Beispiele bürgerlichen Totengedenkens erhalten, zunächst als
bemalte Holztafcln (Bernau, aus den Jahren 1521 und 1561) mit Darstellungen der Stifter und ihrer Z14
Hausmarken, dann vor allem der Grabstein des Nikolaus Lcutingcr in Alt Landsbcrg (gesetzt 1581), der auch 199
durch seine Persönlichkeit in das Zeitalter der Glaubensspaltung hinüberführt.
Die Glaubensspaltung brachte dem Bestand der Kunstdenkmäler keine wesentlichen Bereicherungen. Nur
das Bild derJnnenräume veränderte sich entsprechend dem neu aufkommcndenPredigt-Gottesdienst durch den
Einbau zahlreicher Sitzplätze, für deren Vermehrung später auch die Emporen errichtet wurden. Die Abschlie-
ßung der Turmräume gegenüber dem Schiff geht wohl vielfach schon in diese Zeit zurück, wie das Beispiel
von Birkholz erkennen läßt. — Besonders schönes Gestühl ist noch in Bernau erhalten; die dortigen Emporen-
stützen sind prächtige Werke der Zimmermannskunst. Vielerorts sind Reste von damals angeschafften Ge- zoo
stählen als Brüstungen mit Flachbögen und Zahnschnittleisten vorhanden. Das wesentlichste neue Aus-
stattungsstück des 16. und 17. Jh. ist die Kanzel, jedoch reicht keine in das Reformations-Zeitalter selbst zurück
(die frühesten sind in Alt Landsbcrg, Zinndorf, Löhme (1620), Bollensdorfsi62i), Bernau,Birkholz si68i)). 184
Zunächst diente die übernommene alte kirchliche Ausstattung weiter dem gottesdienstlichen Gebrauch; neue zg2, zzz
Taufen wurden in Seefeld (1597), Rüdersdorf (1598), Bernau (1606), Birkholz, Blumberg und Basdorf 667,521
aufgestellt, neue Altäre in Zinndorf (1606), Prenden (1611) und Bollensdorf.
 
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