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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 4.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.8371#0067
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X


Verschiedenheit der Ideen in der Umformnng des xlastischen Materials.
Andererseits war es ein großes Glück zu nennen, daß die Einigkeit
unter den ausgestellten Gegenständen sehlte, da die Sammlung theil-
weise an das „ksäßliche" und den „aufdringlichen kuxus" eriunerte,
welche die Urheber der „Neuen Auust" in durchaus anerkennenswerter
Meise vermieden wissen wollten. Und dann zeigt sich noch eine andere
Zchwierigkeit, das ist der Stylmangel der Pariser ksäuser. lVährend
der heutige Fortschritt der Beleuchtung in das Innere gedrungen ist,
blieb die Decoration dasselbe, was sie bereits vor hundert Iahren war.

Als Ul. Alxhand, der beriihmte Stadtbaudirector, wünschte, daß
sdaris seinen einheitlichen Lharakter behalten solle, bestimmte er, daß
alle chäuser eine weiße Außenseite haben sollten. Während einer Reihe
von Iahren erhielt kein Architekt die Erlaubniß, die ksäuserfronten
mit farbigen Grnamenten bemalen zu dürfen. 5eit dieser Ieit ist die
verordnnng allerdings ganz außer Gebrauch gekommen, und die kleinen
Mohnhänser, „UUttelaltcr", „Flämisch", „Röuigin Anna", „sdfcffcr-
kuchen" und „Lhocolade-Auchen", welche in den nenen Guartieren mit
einem bedauerlichen Ulangel an ksarmonie eins dem anderen folgt,
beweisen, daß Ul. Alxhand nicht so ganz Unrecht hatte, trotz der An-
fechtungen, denen er ausgesetzt war.

Wir bedauern durchaus nicht, die Idee des „Ensembles" weiter
ausgebaut zu sehen, nnd wenn uus geantwortet wird, daß es sehr
schwer war, diese oder jene Schule einer ganz entgegengesetzten kiiust-
lerischcn Auffassung zn opsern, so wollen wir hinzufügen, daß man
hätte Griixxen in Form von Ulusterziinmern zusammenstellen sollen.
Alle die Bilder, welche eius dem andern an den Wänden der >-^rt
Aouveau« folgen, zcigt uns nichts neues. Die Neuheit würde, unserer
Ansicht nach, darin bcstanden haben, daß man Gemälde in lvand-
paneele einsetzte, odcr beispiclsweise ein solches in ksarmonie mit dem
Mobiliar und eincu Thcil desselben bildend, über dem 5oxha ange-
bracht haben rvürde. Thiir-Paneele sollten ebenfalls Gemälde erhalten.
In einem Utort, das ciiigesehtc Ztück solltc dcm jdlah angexaßt
werdcn, den es auszufiillen hat.

Nuu kominen wir znm »blouveuu-^rt--Uiobiliar. Tinem Pariscr,
dcr scit undcnklichen Zeitcn an das Ulobiliar im Style lsenri II.,
Louis XV. oder Louis XVI. gcwöhut ist, mag die Decoration der
Zimmer ncu erscheinen, aber bei denjcnigen, die den englischen Styl
kennen, der jetzt ou vogue ist, dürfte das Intercsse dafür sicherlich sehr
gering sein, dic lVandbckleidungen in imitirtem Ulahagony sind schon
seit langein in den Bibliothckcn nud Rauchzimmern Londous gebränchlich,
und solche kleinc Tckschränkchen, in dcn untern Theilen durch Vor-
hänge verdeckt, sindct man in dcn mcistcii lsäuscrn lVcstends. Ts
scheint, daß die Decorateure von den Lehren der Englischen Aesthetik
profitirt haben, indem sie solche gleichzeitig dcn iudividuellen Verhält-
nissen anxaßten.

Ich glaube, daß sie in dieser Boziehung weiter nichts gethan
haben, als daß sie die Linien, deren weichc Geschmeidigkeit in der
lsaltuug und Leichtigkeit die hauxtsächlichsten vorzüge sind, schwer-
sälligcr machten. Die krummen Linien in UI. lsenri Van de
vclde's Zimmcr warcn ohne jedes Verstäiidniß. und die Zcichnungon
in den Vorhängcn und Tcppichen gabcn die Tutwürfe Nlr. Walter
Lrane's ohne jeden Reiz wieder. lVas das gemalte Fenster von
Ulr. Lemmen anbetrifft, so ist dasselbe die directe lViedergabe des
„Granit" Glases und der bleicrnen Einfassungcn der Bogenfenstcr,
wio sie jetzt in London hcrgestellt werden.

Das Speisczimmcr in Tcdernholz war die am meisten gelnngcne
der lvohnungscinrichtungcn. Die Farbenstiminung in Mrange war
glücklich gewählt und sehr gefällig.

lvas dic Buffets anbetrifft, so darf nian bei denselbcn außer
dsr Schönhcit auch die xraktische Seite nicht außer Acht lassen. Die-
selben wareu zu hoch, und diirfte es dcn Dicustbotcn nicht passen, die
Speisen auf denselben vorzuschneiden.

Den Stühlen schlt vor allem Lomfort, nnd deren Flitterglanz
erinnert mit seiucn Arabesken an das oxernhaste „Grieut". Außerdein

zeigt die krnnime Linie der Füllung nicht diejenige Gastfreundschaft,
welche man von rllin cle sieole«-polsterstühlen mit Recht verlangen
kann. Das ist eine Sache, in welcher der Tapezierer cine vortheilhastc
Anregung von seinein Lollcgen jenseits des Lanals erhalten kann.
Derselbe wird ihm sicherlich sagen, daß die hinteren Beine eines Lehn-
stuhles etwas kürzer, als die vorderen sein müssen, wenn derselbe
wirklich bequein sein soll.

Die erfolgreichste Decoration in der Abtheilung gewirkter Tapeten
war sicherlich diejenige Ntr. P. A. Isaac's. Jn einem kreisförmigen
Salon zeigte er elf Paneele und einen Fries in decorativem plüsch.

ys. Toilettentisch aus reich geinasertem Nußbaum, englisch.
Ansang des >,s. Iahrhnnderts.

Gcgenstand der Zeichnung bildeten vcrschicdenc klcine Zweigc, welche
durch sortgesetzte Lntfärbung vermittelst Säure hervorgerufen worden
waren. Der versuch ist höchst iuteressant, und die Anwcndung dieses
jdrozesses auf Rahmen von natllrlichem lholz, welche die jdaneele ein-
fassen, ergänzte Utr. Isaac's lverk recht glücklich.

Im Großen und Ganzen strebt »V'Krt Aouveuu« vielleickt der
Lrneuerung des decorativen Styls in Frankreich zu und wenn sie uus
auch augenblicklich kein absolut einwandfreies Bild ihrer Bestrebungen
giebt, dürfen wir doch den Glauben an ihre Znknnft nicht zurück-
weisen. U. W.

Llorenz. Der König von Italien hat bci seiner letzten An-
wesenheit in der toscanischen chanptstadt dem Bürgermeister die Ab-
sicht ausgesprochen, die keramischen Schätze dcr bei Florenz gelegcncn
kgl. Villa Petraia mit denen dcs jdalazzo jditti zu vcreinigen und in
letzterem ein keramisches Museum begründen zu wollen.

Auiistchronik.
 
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