Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — 1.1907

DOI Artikel:
Wickhoff, Franz: Dürer-Studien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18129#0021
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IO

F. Wickhoff Dürer-Studien

sich auch mit Pisanello Zeit gelassen. In der Nationalgalerie in London befindet sich jetzt ein
kleines Bildchen Pisanellos mit der Geschichte des heiligen Eustachius. Der Heilige, der nach
rechts hin reitet, erhebt erstaunt die Hände vor der Erscheinung des wunderbaren Hirsches.
Eine Gruppe von sorgfältig gezeichneten Hunden nimmt die Mitte des Vordergrundes ein.
Der Horizont des Wassers hinten ist höher als der Bildrand angenommen. Buschwerk überall,
Schwäne schwimmen auf dem Wasser. Der hohe Meereshorizont, die Schwäne, das nach

Vielleicht sind im Jahre 1505 Dürer Zeichnungen Pisanellos vor Augen gekommen, die
seinen alten Eindruck wieder auffrischten.

Am 7. Februar schrieb Dürer aus Venedig an Pirckheimer in Nürnberg: „Und das Ding,
das mir vor elf Jahren so wohl hat gefallen, das gefällt mir jetzt nicht mehr, und wenn
ichs nicht selbst sähe, so hätte ichs keinem andern geglaubt." Diese Stelle hat mannigfache
Deutungen erfahren, von Thausing an, der glaubte, es wäre das Ding die Kunst Mantegnas,
bis zu A. Warburg, der jüngst vermuteteu), es wäre die Antike. Es ist nichts unwahr-
scheinlicher, als daß Dürer eine ganze Kunstrichtung bezeichnen wollte. Ich glaube, er
meinte eine bestimmte Komposition, von der er viel und mit Bewunderung daheim ge-
sprochen hatte. Warum nicht Pisanellos Eustachius, den er selbst unter den Augen des
Freundes neu geschaffen hatte? Wie hoch war er doch mit seinem Eustachius über das
hinaus gekommen, was ihm zu seiner Erfindung den ersten Anlaß gab!

u) Auf der archäolog. Sektion der 48. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner au Hamburg im Okt. 1905.

rechts im Profil gestellte Pferd
charakterisieren auch den Stich
Dürers (Fig. 5). Es ist bei
diesen Akzessorien, die nicht
notwendig aus der Geschichte
selbst hervorgehen, ein zu-
fälliges Zusammentreffen aus-
geschlossen. Die Sache ist
nur so zu erklären, daß die
Komposition Pisanellos Dürer
nicht mehr aus, dem Sinne
kam, bis er sie etwa 1505 in
seiner Weise durchführte. Man
kann, wenn man beiderseits
die Hundegruppe in der Mitte
des Vordergrundes die Haupt-
rolle spielen sieht, an dem un-
mittelbaren Zusammenhange

nicht zweifeln. Im Jahre 1505
m ist noch eine andere Kompo-
|f sition Dürers von Pisanello
=s beeinflußt, das große Pferd.

Fig. S Dürer, Aus Marias Geburt im Marienleben

Man sehe nur die Zeichnung
Pisanellos im Kodex Vallardi
an, man wird sie als Dürers
Vorbild erkennen (Fig. 6, 7).
 
Annotationen