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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — 2.1908

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Tietze, Hans: Ein Frauenbildnis Rembrandts
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https://doi.org/10.11588/diglit.25489#0081
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Ein Frauenbildnis Rembrandts

Von Hans Tietze

Aus der Kollektion Douglas in London ist in jüngster Zeit ein Frauenbildnis Rembrandts
in den Besitz des Herrn Bergrates Max Ritter v. Gutmann gelangt, das durch die folgenden
Zeilen zum erstenmal publiziert werden soll (Taf. V). Das auf Leinwand gemalte Bild mißt
37 X 48 cm, scheint aber ursprünglich etwas größer gewesen zu sein. Es ist das enface gesehene
Brustbild einer etwa vierzigjährigen Frau in braungrünem Kleide mit brauner Pelzverbrämung
und gelblichweißem, gesticktem Einsätze. Um das braune, ins Rötliche spielende Haar ist
ein olivenbraunes Kopftuch geschlungen, dessen Mitte durch ein dunkelgoldenes Geschmeide
verziert ist. Vom Kopftuche fällt ein zarter durchsichtiger Schleier auf die Schultern herab
und lagert sich locker auf dem flaumigen Pelzwerke der Verbrämung. In dem ganzen Bildnisse,
das sich kräftig von dem olivengrünen Hintergründe abhebt, waltet ein grünlichbrauner
Gesamtton vor; bei näherem Zusehen aber entfaltet sich der ganze farbige Reichtum, der
Rembrandts mittlere Zeit charakterisiert. Namentlich den Schultern und dem Kopfschmucke
ist in diesem Sinne liebevolle Sorgfalt gewidmet; Braun und Olivengrün sind in allen Nuancen
nebeneinander gesetzt und darüber spielt das Licht, das sich in Perlenketten auf den Rändern
des Schleiers sammelt.

Auf der Rückseite des Bildes befindet sich von späterer Hand die Aufschrift „Rembrandt
f. 163g“1); wahrscheinlich ist dies die Kopie einer Inschrift, die vor der Verkürzung des Bildes
darauf zu lesen war. Diese Datierung findet durch die Malweise und Auffassung des Bildes
eine vollständige Bestätigung. Der starke vlämische Einschlag, der den ersten Eindruck
bestimmt und für eine frühere Datierung — etwa in die Zeit der Münchener Heil. Familie
1631 — sprechen würde, verwischt sich bei näherem Zusehen und weicht dem Haupt-
eindrucke der reichen Farbigkeit, die wir bei Rembrandt um 1640, in jenen arbeitsfrohen
Tagen seiner jungen Ehe finden. Die Stimmung jener Periode spiegelt sich in den Bildern
jener Zeit wieder, die in sicherer Kraft und fröhlicher Vollreife in Rembrandts Werk eine
Gruppe für sich bilden. Die Dresdener Saskia ist die schönste Frucht jenes Abschnittes,
die 1643 datierte Saskia des Berliner Kaiser-Friedrich-Museums aber ist das für die Ein-
reihung und Datierung des Gutmannschen Porträts richtigste Bild (Fig. 28) und bestätigt jenes
Datum von 1639. Denn hier finden wir die gleiche Haltung und Auffassung, dieselbe Farbig-
keit des Gewandes, auf dem Schleier und Goldschmuck sich dem Lichte zum Spiele bieten,

*) Da das Bild gegenwärtig in die Holzverkleidung der Wand eingelassen ist, habe ich diese Aufschrift nicht
selbst gesehen.
 
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