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^ Neuer Wcst-Oestlicher Divan.
Tefkir Nameh» Buch der Betrachtungen.

Sprach der Mufti zu dcm Volke: Die heillosen Fremden haben
Unsres Korans heilge Rechte, unsren Divan untergraben,
Untergraben unsre Psorre, unlcrwühlt die Frauen - Zimmer!
Schon erblassen sch' auf immer ich des Halbmonds letzten Schimmer,
Krachen HSr' ich schon die Minen — Alles stürzt in Schutt und Plunder;
Denn schon sch' in frechen Händen schwingen ich den glühen Zunder!
Fragt ihr mich: Wo ist der Zunder? — Hör', o Volk, cS und erwache
Aus dem Dunkel deines Opiums-Traums und schnaube furchtbar —
Rache!
Jener Zunder, sein gedreht aus höchst gefährlich schwarzen Stoffen,
In der Zeitung hier für Stambul liegt er Aller Blicken offen.
Dieser Zunder ist — das Budget, angcsteckt zu dieser Frist
Von den Franken und den Briten. — Wißt ihr, was ein Budget ist?
Budget ist — o des Verruchten, der uns drängt zu solchem Schimpfe! —
Ist der konstitutionellen Blatter» scharfe gift'ge Lymphe.
Budget ist, wenn nicht dcrGroßhcrrHerr ist mehr von Geld und Leben
Seiner Türken; wenn der Pascha muß Bericht und Rechnung geben.
Budget ist. wenn wir des Paschas Gunst nicht dürfen mehr erkaufen;
Budget ist, wenn alle Steuern in des Staates Säckel lausen,
Budget ist, wenn alle Jahre uns nach reiflicher Debatte
Wird bewiesen, daß im vor'ge» Jahr man sich verrechnet hatte.
Budget, wenn in jedem Jahre Mais und Hammel man vcrthcuert,
Budget, wenn in jedem Jahre man aufs Neue uns besteuert.

Budget ist, wenn unsre Schäden und des Landes SchreckberiLtc,
Die bisher wir nimmer sahen, man un« plötzlich zeigt bei Lichte;
Budget ist so End' als Anfang von papicrncm Ebarle»-Jammer
Ist die Russ'sche Hei zungSröhre in der Europäer Kammer.
Wißt ihr, was man Kammern nennet ? — Kammer ist, wo Hundert kochen
Alle Jahr denselben Hammel, alle Jahr dieselben Knochen;
Wo ein Jeder seinen Knoblauch, was man „seinen Sens" dort nenni.
Gibt zum Brei, wo in der Küche Jeder will das Regiment.
Kammer ist, wenn auf des Redners Worte man nicht denkt zu merken.
Sich die Herrn im Seiten-Divan flott an Wein und Cognac stärken
Kammer ist, wo jeder Glaube gläubig sich vertreten glaubt,
Wo sogar der Schwarze selber kühn crheban darf sein Haupt;
Kammer, wo'S die Einen rechtshin und die Andern linkshin treibt
Und das Gute in der Mitte immer richtig liegen bleibt.
Kammern-doch genug, Osmanliü! — Kammern sind ein böse,
Wesen,
Wie ich Solches in den Reden des Mustapba Stahl gelesen.
Darum Wehe, dreimal Wehe, daß man uns daS Budget brachte,
Daß ans Eu —ro —pa —isiren man bei uns Asiaten dachte!
Schützt euch selber vor der Charte! Schon genug sind wir beschnitten
Weh' der Danaer-Geschenke! Weh' der Franken und der Briten!
Hüt' uns Allah vor dem schlimmen konstitutionellen Tausche,
Laß' in absoluter Ruhe träumen uns im Opium Rausche'
Lladdcradatsch.

Leu» ttelo 11.M -

Antwort auf das „Ln,gesandt" der vorigen Nummer.
Dem Schwerin von Mollwitz und Lowositz steht der Prittwitz
gegenüber, der bei Kunersdorf dcm alten Fritz das Leben gerettet hat.
Pannemann, Wahl mann vom rechten Flügel-

Sogleuch düses der Fall üst, braucht doch Kcuncr vor dcm Anderen
ßurückßuweuchen, was auch nüchi geschähen üst und der Anclamcr Lanbrath
flick, verqöblüch ün Unkosten gestürzt hat.
Eun Wahlmann vom müttlcrcn Cöntrum.
Die Kölnische Zeitung berichtet, daß der Oesterrerchische Gesandte
in Paris zu St. Cloud eine Audienz gehabt hat, um dcm Kaiser die Glück-
wünsche der Ocsterreichischen Rcgirung zur Einnahme von Seda-
stopol zu übcrbringen.
Je mehr Oesterreich jede thätige Beibringung an den Operationen
der Weltmächte gegen Rußland hinauSzuschiebcn sich beeilt, desto weniger
wird man bei Gelegenheit seiner wiederholten Gratulationen leugnen können,
daß cs in seiner Auslastung der Vcbindlichkeitcn eines Allürten
jedenfalls nur tbut, was billig ist

Fragment aus einem aufgefundencn Briefe.
Louis, treue Schwcstcrliebe widmet dir dies Herz.
Fordrc keine andre Liebe, denn es macht mir Schmerz!
Luslr . .
Die Französischen Behörden wollten Herrn Lamartine einen Proccß
anhängen, weil er in einer historischen Darstellung den Dolchstich, welcher
Julius CäsarS Leben ein Ende machte, den „Staatsstreich dci
V o l k e S" nannte. Die Rcgirung aber bestand daraus, diesen „rhetorischen
Kraft auS druck" durchaus keiner weiteren Beachtung zu würdigen.
Wahrscheinlich weiß die Französische Rcgirung, daß ein Staatsstreich
niemals ein dummer Streich sein darf; nach Julius CäsarS Dik-
tatur aber solgle bald — das Römische Kaiserreich.

Ckstcrreichischcs L>ratulat,ons - Schpina für alle wcst-
mächtlichen Fälle.
,O theure Frau. j M'ulir' au, - Beste
Dir zu dem neuen SiegeSfestc.
Die Feinde, die du hast geschlagen
Durch deine Macht in diesen Tagen,
Sie sind wie Spreu vor dir zerstoben.
O laß dafür dich dankend loben,
Und laß auch mich zu meinem Heil
An deinem Siege nehmen Theil.
Ich will dafür — noch bin ich klein —
Hübsch artig stets und folgsam sein;
Doch werd' ick, größer und zum Mann,
Dann sollst Du sehen was ich kann.
O glaube, was mein Herz jetzt spricht —
Sei glücklich und — vergiß mein nicht!

Die in Mecklenburg-Schwerin für die Deutsche Flotte ge
sammelten und bis jetzt verwahrten Beiträge sollen, wie die Zeitungen
melden, gegenwärtig zur Unterhaltung einer Klcinkindcrwartcschule verwandt
werden.
Eine satirischere und boshaftere Art der Verwendung des erwähnten
Geldes konnte schwerlich gesunden werden, als diejenige, nach welcher die
projcclirtc Deutsche Flotte jetzt zur Unterhaltung der kleinen
Kinder dienen muß.
Eine neue Verordnung schärft den Lebrern die Berücksichtigung der He
brätschen Sprache ein: cS soll auf die Kcnntniß derselben bei den Staats
Anstellungen nicht bloß gesehen — sic soll für die zukünftigen Beamten der
Kirche und Schule zur Bedingung gemacht werden.
Obgleich wir aus dieser Verordnung den Schluß ziehen, daß man end-
lich einmal auch auf die Sprache der Juden billige Rücksicht nehmen
wolle, die bisher schlecht, falsch oder gar nicht gehört und verstanden wurde
so fürchten wir doch, daß man in Zukunft weniger aus tüchtige Juden als viel
mehr aus gute Hebräer bei den Anstellungen Rücksicht nebmcn werde.
 
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