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Aus Mtgekühl. 0^°

Einst haben um dich, Freund Offenbach,
Getanzt Marquis' und Cocotte;

Sie haben begeistert erhoben dich
Z» Frankreichs lustigstem Gotte.

Und wie du pfiffest, so hüpfte» sic,

Parbleu! im wilden Cancan;

Die Lieder, die du gesungen einst,

Paris nahm sie mit Dank an.

Schier dreißig Jahr hast du unumschränkt
Geherrscht im Reiche des Jocus
Und hast getrieben voll Uebermuth
Manch drolligen Hocuspocus.

Hast auferweckt mit deinen, Stab
Die Götter und Styx und Orpheus
Und hast umgaukelt das „Hirn der Welt"
Mit süßen Träumen des Morpheus.

Und Lorbeerkränze hat um dein Haupt
Gewunden das Volk an der Seine,

Als du vor seinem trunknen Blick
Enthüllt die schöne Helene.

Und neue Kränze band es dir,

Du trugst sie unbestritten,

Als du durch deiner Töne Macht
Verschönt die pariser Sitten.

Wie jauchzte dir ganz Frankreich zu
Und spendete Ruhm und Ehre,

Als in der Großherzogin Gerolstein
Du höhntest deutsche Misere!

Ja, damals rief mcin: Der Offenbach,
Nur unser Jacques jetzt heißt er;

Er ist Fran?ais vom Kopf zur Zeh',

Ist aller Maestri Meister!

Vom Dank des Kaisers war deine Brust
Geschmückt mit hohen Orden;

Du wärst vielleicht Akademiker,

Wohl gar Senator geworden.

Und heut? — Heut meiden die Freunde dich
Und wollen dich nicht mehr feiern;

Heut dröhn, die Kränze dir einst geweiht,
Mit Aepfel» und faulen Eiern.

Sie nifen: Fluch dem Manu, der ftech
Auf Frankreich raisonnirt hat,

Der durch seine Musicaillcrie
Das Volk — borussificirt hat!

Und die Moral von der Geschicht' V -
Ich will sie dir nicht verschweigen:

Man darf den Parisern zum Cancan zwar,
Doch nie die Wahrheit geigen.

Wrckdrrndntsrh.


Der Bürgermeister van Hoffs in Geldern wurde von dem Caplan
Bruns daselbst wegen Gehorsams gegen die Staatsgesetze für einen unwür-
digen Sohn der alleinseligmachenden Kirche erklärt. Der Caplan wollte wohl,
nur einen Beweis dafür liefern, daß der Sohn des Bürgermeisters, Gymna-
siallehrer vr. van Hoffs in Esse», vollständig Recht hatte, wenn er in dem
vom Freiherrn von Schorlemcr-Alstvorversammeltem Landtag feierlich
verballhornten „Falklied" folgendermaßen sang:

Doctor Falk, der edle Ritter,

Will dem Kaiser wiedrum bringen,

WaS der Papst ihm abgespannt;

Er entwarf die Maigesetze,

Daß nicht weiter wühl' und hetze
Der Caplan im deutschen Land.

Aus Lehrerkreisen.

A. Nicht übel, daß ein Staatsanwalt in dem hinter einem Spitz-
buben erlasienen Steckbrief als besonderes Kennzeichen anführt: „Sieht

k. Ich kann nichts darin finden, das beleidigend für uns wäre. Er
wird eben auch hungrig aussehe», große Füße haben, eine Brille tragen und
es liebe», seine Ansichten zum Beßten zu geben. Das ist ein Spiel des
Zufalls. Solange noch nicht von einem Lehrer gesagt ist: „Sieht aus
wie ein Spitzbube" — so lange wollen wir ruhig bleiben.

Die kurhessischen Agnaten veranschlagen den Werth des ihnen nunmehr
gerichtlich zugesprochenen Familien-Fideicommifles auf 180 Millionen
Mark. Genau wird sich der Werth dieses, bekanntlich einem schwunghaften
Fleischhandel entstammenden Vermögens niemals angeben lasten, da nicht
zu berechne» ist, wie viel Mark vor hundert Jahre» dem Lande auS>
gepreßt worden.

Von Nah und Fern.

Kleine Leitung »er Neuigkeit«».

'Aus dem Cabinet. Großes Aufsehen erregte es hier, daß einige
Zeitungen so dreist gewesen waren, in allein Ernst von einer „Cabinets-
frage" zu sprechen. „Eine CabinctSfrage" — so meinte der bekannte
Dauergraf und Hofanekdotenjägermeister — „kann bei uns doch nur in der
Fastung gestellt werden: Dableibe» oder — Nichtfortgehen?" Schallen-
des Gelächter belohnte den gelungenen Scherz.

AquarielleS. Bekanntlich hat das Aquarium von New-Iork bei
dem berliner Aquarium angeftagt, ob es aufWalfische von 10—15 Fuß
Länge reflectire. Darauf hat das berliner Aquariuin, wie man sagt, mit
der selbst in Amerika imponirenden Gegenftage geantwortet: „Wie stellt
sich der Preis pro Dutzend, resp. Hundert?"

Aufrichtige Vermahnung an den Nüssen.

<Bon Kutschke auS seiner freiwilligen Verbannung eingesandt.)

Da, wie mau inir versichert fest,

Du dir jetzt Erbswurst stopfen läßt,

Acht' wohl auf das, was Kutschke spricht.-
Die bloße Erbswurst siegt noch nicht!

Nein, außerdem gehört dazu
Der Heldenniuth, die Seelenruh',

Das blanke Putzen des Gewehrs
Und das Geschick deS Coinmandeurs.,

Wenn Dieses fehlt, dann bringt sogar
Die Erbswurst meistentheils Gefahr,

Weil die oft stark gesalzne Wurst
Vermehrt den schon vorhandnen Durst.

Und während du daliegst betäubt,

Naht sich der Türk', der dich entleibt;

Wenn du erwachst, liegt nebenbei
Dein Kopf, noch immer nicht ganz frei.

Drum iß die Erbswurst mit Verstand
Und denk' dabei ans Vaterland;

Hab' Acht auf das, was Kutschke spricht:

Die bloße Erbswurst siegt noch nicht!

ckiir Lieühaber.

Auch die „Germania" ist nunmehr entschlossen, sich ein wöchentliches
Witzblatt beizulegen. Dasselbe soll de» Titel „Au!" führen und von Hem
von Schorlerner-Alst redigirt werden. Specialität: Kalauer von der
schwärzesten Sorte.

lieber den Znkunftspapst. Darf der künftige Papst ein Ausländer
sein? So lautet die Frage, über die PiuS lX. jüngst wieder mit den
Cardinälen conferirte. Die Cardinäle erklärten, es sei dagegen nichts ein-
zuwenden. „Ich bin" - sagte Pius darauf - „ich bin sogar dafür, daß
einmal die caucasischeRace auf de», päpstlichen Stuhl von einer andew
abgelöst werde. Dadurch würde vielleicht in den verknöcherten Organismus
neues Leben kommen. Was meint ihr zu einem Mohren oder zu einer
Rothhaut?"

So vorurtheilSsrci spricht sich der Mann aus, welchen der Abgeordnete,
Herr von Schorlemer-Alst zum Gegenstand eines flachen Spaßes zu
machen sich nicht entblödet!

Aus Posen. In Beanitenkreisen wird eine Sammlung veranstaltet,
um über de», Gitterfenster, hinter welchem der Redackeur Dr. Kantecki
schmachtet, eine bezeichnende Inschrift anbringen zu laflen. Die Inschrift
 
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