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Schnitze. Dies Jahr fängt ja des Siriken schon hübsch frühzeitig an!
Müller. Wie so denn? Wo denn? Ick habe noch nischt jehört.
Schnitze. Du liest wohl in die Ferien keene Zeitungen? In Bayern
striken ja jetzt schonst die Bauherren.

Müller. Ach nu versteh' ick erst. Du meenst, se haben in die Zeitungen
so lange rum jenörgelt, bis er nu sagt: Ick spiele nich mehr mit! und legt die —
Schnitze. Hände in'» Schoß. Was man Arbeitseinstellung nennt.
Müller. Na ja, er will mit die janze Sache nischt mehr zu thun
haben und-- —

, Schnitze. Läßt an seine Schlösser nich weiter bau'».

Müller. Soooo! Weiter nischt? Ick dachte, er würde die Bayern
den Jefallen thun-

Schnitze. So blau! Die wissen selber am besten: wat nachkommt, iS

Aries- und Frageliaslen für ungewöhnliche Fülle.

Frau v. U. in W. Ihr Bericht über das Walpurgisfest, das Sie nun
schon zum einundzwanzigstcn Mal mitgemacht haben, war uns sehr interessant.
So voll war es, daß zum Theil in der Luft getanzt werden mußte? Alle
Wetter, da war es.ja gut, daß man sich von Hause auS in höheren Kreisen
zu bewegen verstand. Sie schreibe»: cS erregte Indignation, daß die £. und
die 2). in denselben Toiletten erschienen, die sie auf dem letzten Subscriptions.
ball in Berlin getragen hatten. Wir begreifen daS. Wenn auch sonst die
Anzüge der beiden Damen dem Local durchaus angemessen waren, so liebt
man doch auf dem Brocken etwas Apartes und NeucS, sollte cs auch nur in
einer Garnitur von Fledermausnascn bestehen. Daß die etwas gewagten Pro-
ductioncn dcS Schnellmalers „zum Kugeln" waren, glauben wir gern, wie
wir auch nicht daran zweifeln, daß man sich thalsächlich kugelte, zumal da
durch den reichlich verzapstcn Faeon-Rum die Stimmung schon mehr als ge-
hoben war. Zum Schluß fragen Sie, Gnädigste: wie bringt nian den in-
fernalischen Geruch aus den Kleidern heraus? Durch Schwefeln!

Arno von der panlir. Naturwissenschaftliche Fachkenntnisse verlangt
man vom Dichter nicht, aber ein biSchcn muß er doch um die Natur Bescheid
wissen, wenn er den Lenz ansingt. Wenn Sie dichten:

„Nun knospt der Baum, nun wogt die Saat,

Nun wehn die Lüfte so frei,

Nun legt in den rauschende» Spinat
Der Bogcl Ei auf Ei."

so ist es Ihnen offenbar gänzlich unbekannt, auf welche Weise die Eier in den
Spinat gelangen. Ebenso cxistircn die Beete voll Ochsenmaulsalat, an denen
sich angeblich Ihre Auge» geweidet haben, nur in Ihrer Einbildung, und der
Doppeladler, den Sic sich zur Sonne ausschwingen lassen, ist, unter ünS gesagt,
eine heraldische Fiction. Kaufen Sie sich schnell Nebaus Naturgeschichte, oder
noch besser: entsagen Sie der Dichtkunst und übernehmen Sie biederste beste
Essigbrauerei, die Ihnen in den Wurf kommt.

gesorgte Mutter in Ärrlin. Daß Ihr zweijähriger Liebling Gotthilf,
während Sie einen Augenblick das Zimmer verlassen hatte», drei Ostereier
von Seife aufgegessen hat, ohne erheblichen Schaden dadurch zu erleiden,
macht seinem Appetit und seinem Magen alle Ehre, wenn auch Ihre Bc-
sorgniß, daß er künftig einen Widerwillen gegen Seife zeige» werde, nicht
ganz ungerechtfertigt erscheint. Uebrigcus sollten unserer Mcinmig nach der-
gleichen falsche und künstliche Ostereier, um ähnliche Mißgriffe zu verhüte»,
künftig mit der deutlichen Aufschrift: „Zum äußerliche» Gebrauch!" versehen
ivcrden.

Aurora in g. Ob Herr Eugen Richter, der begeisterte Schwärmer
für Kunstbuttcr, sich' selbst seine Stulle» mit diesem „duftenden" Surrogat
bestreicht? Sollen wir denn alles wissen? Senden Sie selbst gefälligst in
dieser Sache an' den Beherrscher der Freisinnigen eine Postkarte mit Stück-
antwort. Vielleicht kehrt letztere zu Ihnen mit einem Fettfleck zurück, der
Ihnen Aufklärung gewährt.

Familienvater in M. Einen billigen, und gemüthlichcn Sommer-
aufcnthalt mit noch nicht zu viel Cultur bieten die Eongo-Länder dar. Sie
müssen nur den Kindern cinprägen, daß sie nicht zu nahe an den Congo
Herangehen, weil derselbe von Krokodilen wimmelt. Das Sammeln von
Pilzen, Beere» und Schlangen ist auch ohne Schein gestattet, jedoch empfehlen
wir Vorsicht an, da auch giftige darunter sind. Gutes Bier fehlt stellen-
weise noch. I

Ansece Üflcrsahrt.

Wir machten dieselbe am zweiten Feiertage vom Bahnhof Friedrichsiraße
aus. Das Wetter war ersten Ranges, das Ziel Halensee. Gleich auf dem
Bahnhof blieb meine Frau zurück, indeni sie den kurzen Augenblick des Ein-
steigenS versäumte. Da ich ihr Billet hatte, getraute sie sich aus Furcht vor
der Controle nicht, den Ausgang nach untcn einzuschlagen, noch auch wagte
sie es, mir ohne Billet nachzureisen. Zum Glück hatte sie den Eßkobcr und
ihr Strickzeug bei sich. So setzte sie sich denn auf eine Bank nieder und aß
und strickte, bis ich am Abend zurückkehrte und sie befreite. Bis dahin hatte
sie den Kober geleert und ein paar Socken fertig gestrickt. Gleichfalls auf »
dem Bahnhof Friedrichstraße kam mir im Gedränge mein Sohn Hermann I
abhanden. Kaum au-s meinen Augen, stieg er auch schon in einen falschen I
Zug und dampfte nach Treptow, von wo er am Abend, nachdem er daS »
wenige Geld, daS er bei sich vorfand, dort vcrgondclt hatte, zu Fuß nach
Berlin zurückkehrte.

Meine Tochter Frieda war, von der Menge fortgeriffcn und von mir ge-
trennt, in einen anderen Waggon gerathcn. Indem sie voreilig ausstieg, in dem
Glauben, das Ziel wäre schon erreicht, gelangte sie nach Westend, wo sie
ohne Eßkobcr und Strickzeug, sowie ohne Geld sehnsüchtig auf meine Rück-
.kehr wartete. Sie wurde auch glücklich am Abend meiner ansichtig, worauf
ich ihren Anschluß bewirkte.

Ich selbst kam also ganz allein nach Halensee, wo ich mich den Um-
ständen »ach herrlich amüsirtc. Das Schönste von der ganzen Osterfahrt
war aber doch am Abend das Wiedersehen der verschiedenen Familien-
mitglieder unter einander. Nach alle» Richtungen hin fanden Umarmungen
statt, zum Theil unter strömenden Thräneu. ■ Nie werde ich diese rührenden
.Scenen vergessen. Schuörpcl, Familienvater.

Vorschlag zur gute.

Auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin wird vom I. Mai ab der Zutritt
zum Perron nur den mit Bittet oder Legitimation versehenen Personen
gestattet werden.

Würde eS nicht zweckmäßig sein, am Eingang dcS Gebäudes ein Schild
mit der Aufschrift anzubringen: „Vor Annäherung wird gewarnt!" und
dahinter die' Herren Eisenbahndirectorcn aufzustcllc». Auf diese Weise
würde der angebliche Zweck dieser Maßregel: „Verhinderung von Unglücks-
fällcn, pünktliche Ablassnng der Züge, Nichtbclästigung der wirklich Mit-
reisenden", — welche dann nur noch höhere Eiscnbahnbeamlc sein werden —
an» sichersten erreicht, und das Publikum überhaupt von der für die Herren
Eisenbahndirectoren so lästigen Mitfahrt abgehalten werden.

In alter Stille fand in der Nacht zum ersten Mai auf dem Brocken die
Grundsteinlegung zu einem Loyola-Denkmal statt. Das Denkmal soll in
einem Standbilde des heiligen Ignaz bestehen und von einer solchen Höhe
sein, daß es vom Burgberge bei Harzburg aus deutlich zu sehen ist. Ein
berühmter Künstler ist mit.der Ausführung beauftragt, und man hofft, daß
die feierliche Enthüllung bereits in der Walpurgisnacht 1887 werde stalt-
findcn können.

Der „Kuryer Pozn." schlägt vor, einen Verein zu gründen, dessen Mit-
glieder sich verpflichten, für den Gebrauch eines jeden deutschen Wortes eine
Strafe von 5 Pf. zu zahle».

Sicherem Vernehnien nach wollen alle polnischen Mitglieder deS Reichs-
tagcs und ldeS Abgeordnetenhauses diesem Verein beitreten, und man darf
daher bestimmt erwarten, daß die parlamentarischen Reden' dieser Herren in
erfreulicher Weise zusammenschrnmpfcn werden.

Der heilige Vater saß eben bei seinem Morgenkaffee, alS athcmloS ein
Jesuit ins Zimmer gestürzt kam. ..Denke Dir" — schrie er — „BiSmarck ist
fast total abgebrannt. Sein großes Sägcmühlcuwerk in Friedrichsruh mit der
Bibliothek, der Gemäldegalerie, unerineßlichen Kunstschätzen und großen Vor-
räthen an Ranchtaback und Bleistiften ist in Flaminen aufgegangen. So
gut wie nichts soll gerettet sein. Wie man hört, ist auch der neue Sommcr-
anzug, den der Kanzler zufällig dort hänge» hatte, mitverbrannt."

„So?" sagte der heilige Vater und versank in Nachdenken. „Das läßt
tief blicken", bemerkte er nach einer Weile. „Hätte der Kanzler in einem
Augenblick vielleicht wieder gezweifelt, ob er den.Frieden mit uns abschlicßen

Hierzu zwei Beiblätter.

Wir bitten, die Beiblätter z» bea>
 
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