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Wegen Zollhinterziehung hätte hier der Neger Bimbam zu 50 Pfennig
Geldstrafe verurtheilt werden müssen. Da eS aber actenkundig war, daß die
Strafe nicht hätte beigetrieben werden können, nach dem jüngsten Reichs-
gerichtserkenntniß aber eine Geldstrafe von weniger als einer Mark nicht in
eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden kann, so beschloß der Gerichtshof
dem Anträge des Vertheidigers, Rechtsanwalts Linxer, stattzugeben und die
Sache zu vertagen. Der Angeklagte hingegen verpflichtete sich zu Protokoll,
noch eine ähnliche Zollhinterziehung zu begehen, um später einen ganzen Tag
Hast verbüßen zu können.

Nachdem ein preußischer Stcmpelfiskal Briefe zwischen Fabrikanten und
deren Kunden, durch welche Handelsgeschäfte zu Stande gekommen waren, für
stempelpflichtig erklärt halte, hat nunmehr auch der Stempelfiskal von Little
Popo in analoger Weise des kleinen Hugo Lehmann Geburtstagsbries,
welcher einer Sendung Cigarren an seinen Onkel, den Missionar F., beigelegt war,
als eine Schenkungsurkunde angesehen und mit 2 Procent Stempel belegt. Auch
hierin zeigt cs sich, daß der deutsche Beamteneiser hier Wurzel zu schlagen beginnt.

„Ein Schlvindler aus Amerika!" stand in den letzten Tagen an allen
Ecken zu lesen. Das Publicum, welches in der Schaubude am Strande zu-
sammenlief, fand dort auf einem Podium einen hagern Mann vor, von dem
der Impresario versicherte, er sei bereits 23 Mal wegen Betnigs und Ur-
kundenfälschung bestraft. Da der Schwindler aber sich völlig unthätig verhielt,
entstand ein Tumult, dem die Polizei durch Verhaftung dieses „Schwindlers"
ein Ende machte. Man ist hier doch etwas Heller als in Amerika.

Der vor kurzem nach Kamerun zurückgekehrte Neger Quiqui endeckte
am Tage nach seiner Vermählung zu seinen größten Entsetzen, daß er seine
frühere Frau, der er entlaufen war, zum zweiten Male geheirathet hatte.
Ein neuer silberner Nasenring hatte das Wiedererkcnnen so lange verhindert.
Quiqui als getäuschter Theil stellte den Strafantrag wegen Bigamie gegen
sich selber und bat weinend um seine Berurtheilung zur Maximalstrase von
5 Jahren aus § 170 d. St. G. B. Als diesem Anträge von der Straf-
kammer entsprochen wurde, erhob sich ein so wildes Beifallsrufen, daß der
Herr Vorsitzende die Palmen mußte räumen lassen.

In der Runidestillation von Mitzmatz am Kamerunberge halten während
einer Arbeitspause 8 Farbige ans einem unbedeckten Eimer klares Brunnen-
wasser getrunken. Es wurde erwiese», daß nicht der geringste Zusatz sich in
der Flüssigkeit befunden hatte. Bei sämmtlichen 6 Trinkern zeigten sich nach
dem Genuß des ungewohnten trügerischen Elements Zuckungen und Schwindel-
ansälle, bei einigen trat dauerndes Siechthum ein. Der Gerichtshof entschied,
daß ein Unfall beim Betriebe vorläge, und sprach den Verunglückte»
eine »ahmhafte Rente zu.

Die Klagen über Verfälschung der Nahrungsmittel wollten nicht ver-
stummen. Ist es nicht abscheulich, daß der Besitzer des Gasthoss „Zum
Strauß" in der Sitzung vom 29 v. M. zu 1000 Mark Geldstrafe venirtheilt
werden mußte, weil sich seine „gefüllten Elephantenrüffel" als alte Gutta-
perchaschläuche entpuppt haben? Nimmt es ferner Wunder, wenn die be-
geistertsten Feinschmecker sich weigerten, länger die berühmten indischen
Schwalbennester zu verzehren, deren Haut-gout nicht durch die Auguft-
temperatur erklärt werden konnte! Gestern stellte es sich heraus, daß die
indischen Schwalbennester mit denen des europäischen Wiedehopfs verschnitten
in den Handel gebracht worden waren. 2000 Mark Strafe war eine
geringe Buße, die dem Besitzer des Hotels „Strauß" für dieses zweite Ver-
gehen auferlegt wurde.

Besprechung eingegangener Bücher: „Leitfaden für Gerichts-
vollzieher." Wer da weiß, mit welchen Schwierigkeiten die Zwangsvollstreckung
in das bewegliche Vermögen hier zu Lande verknüpft ist, wird dies brauch-
bare Büchlein mit Freuden begrüßen. Ein Beispiel für viele! Die Pfändung
von Affen, a. Mau befeuchtet ein Siegel, klebt es an sich fest und läßt ei»
zweites liegen. Der Asse kommt und wird sich binnen kurzem selbst das
Siegel angelegt haben, wodurch die Pfändung erfolgt ist. b. Man weise
einen modernen Herrenkragen aus die Erde. Sobald der Affe sich diesen
umgelegt hat, ist er nicht mehr im Stande sich umzuschauen, ohne sich die
Ohren abzuschneiden; er sieht immer gerade aus und kann leicht ein-
gefangen werden. x.

Ber fiefrüfile fntdeAer.

Es hat ein Mann etwa? entdeckt,

Das macht ihn nicht vergnügt.

Er ivollt', er hält' in Lebenszeit
Es nie zir sehn gekriegt.

Wohl unter der Erde fand er es,

Da halt' es seinen Platz;

Doch ivar es kein Topf, mit Gold gefüllt,

Noch sonst ein köstlicher Schatz.

Was sträubt dem Männe so das Haar,

Was macht ihn so verstört?

Der Aermste hat — vernimm's und schaudr'l —
Entdeckt einen Reblausherd.

S(fLiCCec und der Spiritus.

Sollte nicht Schiller schon etwas von der großen Frage unserer Zeit
geahnt haben, als er die Worte schrieb:

„Was den großen Ring bewohnet,

Huldiget d»r Sympathie."

Wenn er aber an einer andern Stelle sagt: „Zum Teufel ist der
Spiritus!" so wird dasselbe nianch ein mit ihm sonst gar keine Fühlung
habender Agrarier auSgerufen haben, als sich herausstellt-, daß der SpiritnS-
ring, wie der moderne ZeilungSschreiber sich ausdrückt, gescheitert war.

Aüustlerklage.

Ich Hab' ein Riesengemälde
Gefertigt ine Schaffensdrang,

Zwei Meter mißt's in der Höhe,
lind drei gut ist es lang.

Es hängt im größten Saale
Und hat das beste Licht,

Wie kommt's nur, daß in den Blättern
Doch niemand von ihm spricht?

Wie kommt's, daß jeder Besucher
Mit flüchtigem Blick nur streift
Mein Kunstwerk und gleich weiter
Mit eiligen Schritten schweift?

Jüngst ist mir's klar geworden
In schlummerloser Nacht:

Die Jury, die böse Jury
Hat niich ins Unglück gebracht.

Ich hätt' eine» großen Namen,
Wohlhabend wär' ich schon,

Wär' nur zurückgewieseu
Mein Bild von der Commission!

Auch in Meißen hat sich die Reblaus gezeigt. Eine Kostverächterin
ist sie, wie man daraus ersieht, nicht. Hossentlich bekommt ihr der Meißener
Rebensaft recht schlecht.
 
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