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Bur Verschönerung von Merlin.

WVie Blätter berichte» von einem neuen Stlaßenbaiiproject, dessc»
SluSsührung wesentlich zur Verschönerung der Reichshauptstadl bei-
tragen würde. Die alten Häuser der unter dem Namen Unter- und
Oberwasser stiaße und An der Schleuse bekannten Strasienzüge sollen ver-
schwinden, dann wild der dazwischen liegende Spreearm zugeschüttet, und
aus dem so gewonnenen Terrain wird eine Prachtstraße angelegt, sür die
sich der Name „Kaiser Wilhelm Denkmal-Straße" von selbst ergibt.
Außerdem empfiehlt sich dieser Name durch seine Kürze.

Dies Projekt, das dem kaiserlichen Schlosse eine würdige Umgebung
schassen wiü, wird in erfreulicher Weise durch ein anderes ergänzt, dos
von den Mitgliedern des srühcren Schloßsreiheil-ComitLs ausgeht und
eine zeitgemäße Umgestaltung der Straße Unter den Linken bezweckt.
Hier stehen noch immer die Bäume, von denen die Straße ihren Namen
hat, und sie machen einen um so unangenehmeren Eindruck, als alte und
junge regellos durch einander stehen. Was solle» überhaupt Bäume
mitten in einel Stadt? Sie gehören noch nicht einmal In einen Park,
geschweige denn in die Straßen, darum sort mit ihnen!

Nach dem Vorschläge des ComitöS sollen die Linden sämmtlich ab-
gebauen und durch marmorne Standbilder erseht werden, in denen die
allmähliche Entwicklung und der jetzige Bestand der preußischen Armee
zur künstlerischen Darstellung gelangt. Jedes preußische Regiment wird
in den verschiedenen Uniformen, die es im Laufe der Zeit getragen hat,
durch einen Ossicier in doppelter Lebensgröße vertreten; rechts und links
von jedem Standbild werde» zwei Hermen angebracht, die einen Unter;
ossicier und einen Gemeinen des Regiments darstellen. Natürlich muß
die Straße dann einen neuen Namen erhalten, man schwankt noch zwischen

Bei der großen Anzahl der preußischen Regimenter und den häufigen
Veränderungen, die mit ihren Uniformen vorgenommen worden sind, wird

begreiflicherweise der Raum zwischen der Schloßbrllcke und dem Branden-
burger Thor bald ausgcjüllt sein. Dann soll die Standbilderreihe durch
den Thiergarten bis an die Grenze von Charlottenburg und nöthigensalls
durch Ebarloitenburg hindurch bis zu dem Spandaiier Bock sortgesühri
werden. Man erwartet, daß die Verwaltung des Thiergartens I» Anbe-
tracht des patriotischen Motivs gern ihre Einwilligung dazu gebe» wird,
soweit das Terrain nicht schon durch andere Statuen in Beschlag ge-
nommen ist.

Da es sich um eine Verschönerung des vornehmsten Theils von Berlin
handelt, so zweifelt man nicht, daß die Berliner Stadtverwaltung vor-
läufig die Kosten der Anlage sür die Strecke von der Schloßbrücke bis
zum Brandenburger Thor ohne ängstliche Knauserei übernehmen wird.
Die Anschläge der Sachverständigen schwanken zwischen zwanzig und
dreißig Millionen Mark. Woher die Mittel sür die Weitersührung durch
den Thiergarten genommen werden sollen, darüber braucht man sich heute
noch nicht den Kops zu zerbrechen. Ist ein solches Unternehmen nur erst
einmal.in Gang gebracht, so Hilst cS sich schon selbst weiter sort.

Mehr und mehr werden Im Berliner Publicum Stimmen laut, die
es sür nöthig erklären, daß nun auch das alle Schloß niedcrgerlsien und
durch einen modernen Prachtbau ersetzt wird. Man meint, das Schloß
nehme sich mit seinem vornehmen, aber doch recht schlichten Stil schon
jetzt etwas veraltet aus, »ach der Vollendung des neuen Doms und der
geplanten Kaiser Wilhelm Denkmal-Straße aber werde es in seiner
prächtigen Umgebung einen wahrhast kläglichen und ärmlichen Eindruck
machen. Diese Stimmen mögen ja Recht haben, da aber weder das Publicum
noch die Berliner Stadtverwaltung in dieser Sache etwas zu sagen
hat, jo wird der berechtigte Verschönerungsdrang unserer Zeit hier Halt

Kine Würeau-Zlnteryaktung in Schleswig.

v. Köller. Gibt's was Neues in Berlin?

Regierungsrath. Nichts von Belang. Delbrück wird schon
besorgt, wie Excellenz wissen, und Gras Zedlitz kommt nach Cassel.

v. Köller. Hat auch lange genug abgelagert. Bin neugierig, wann
Herrjurth, Berlepsch und Lucius wieder rangenommen weiden.
Was macht der Reichskanzler?

Regierungsrath. Nichts.

v. Köller. Prächtiger alter Herr! Was wird in Berlin in den
Theatern Neues gegeben?

Regierungsrath. Eigentlich nichts von Bedeutung. Mau will
Stücke von Aristophanes aus die Bühne bringen.

v. Köller. Ach so, daS ist der komische Kauz, der die Naturgeschichte
der Wespe», Böget und Frösche dramatisch verarbeitet hat. Ich glaube,
er hat auch etwas über die Wolke» losgelajsen.

Regierungsrath. Gestatten Excellenz, so ungesährlich scheint mir
der Mann nicht zu sein, er hat sich viel mit Politik besaßt.

v. Köller. Politik? Da seien Sie nur beruhigt, ich müßte die
Berliner Polizei nicht kennen. Jedenfalls ist ein Aristophanes in
Preußen das Komischste, was ich mir denken kann.

Bei der Differenz zwischen dem ungarischen Ministerpräsidenten Baron
Banfsy und dem Abgeordneten Horanszli, wäre es beinah zu sechs
Duellen gekommen, da auch die Secundanien beider Parteien sich gegen-
seitig gcsvrdcrl halte». Nur mit Mühe ließ es sich erreichen, daß nicht
alle diese Zweikämpse ausgesochten, sondern zum Theil durch kräftiges Hin-
und Herschimpscn ersitzt wurde».

Wäre es nicht der Bercinsachung wegen zu wünschen, daß in ähnlichen
Fällen an die Sülle der vielen einzelne» Schießereien und Hauereien ein
Massenduell träte, wie es seiner Zeit schon die Horalier mit den
Curiatiern aussochten? Jeder Paukant bringt außer seinen Secundanien
noch eine Anzahl von Freunde» mit, jeder Sekundant desgleichen und
nun schießen und baue» beide Abiheilungm »»inier aus einander los.
Wenn so von beiden Seilen in den dichten Hausen hinein geseuert und
gehauen wird, so dürfte bei den ungarischen Duellen auch mehr heraus-
kommen, als cs jetzt leider der Fall ist.

Felix Faure hat den Wunsch zu erkennen gegeben, unter die 40
Unsterblichen ausgenommen zu werden. Glücklicher Felix — wie ihm
alles in den Schoß säNI! Schon durch diesen Wunsch hat er sich un-
sterblich gemacht!

Hute AusstHten.

Das neue Jahr tritt sür sein jugendliches Alter ziemlich schwer bepackt
aus. Aus den ersten Blick sieht man, daß es sich mit der Abrüstung trägt.

Bon der Potsdamer Brücke in Berlin sollen die vier Denkmäler
sitzender Gelehrten wieder herunter genommen werden. ES handelt sich
aber um die große Frage, wohin mit ihnen? Diese Frage ist leicht zu
beantworten: sic gehören natürlich In den Thiergarten hinein und werden
dort auch sehr gut anzubringen sein, wenn erst durch das Ausholzen, bei
dem nur einige ziemlich weit von einander entfernte kleine Bäume stehen
bleiben, der nöthige Raum geschaffen worden ist. Gerade aus den freien
Sandslächen werde» sie sich sehr voriheilhast ausnehmcm, zumal wenn sie
erst durch den Wind etwas eingeweht und zum Theil von Sand verhüllt
sind. Keineswegs zu verwerfen ist auch die neuerdings angeregte Idee,
ein paar Hundert ähnlicher Denkmäler anscriige» zu lassen und aus ihnen
eine von, Brandenburger Thor bis zum Chailoticnburger Schloß reichende
Allee zu bilden.

Wenn der Thiergarten erst abgeholzt ist, wild sich dort auch wohl
ein Plätzchen sür das vom Berliner Magistrat be>ülworlete Denkmal
Simon Blads finden, wenn möglich in unmittelbarer Nähe einer der
Anstallcu, wie sie in einem vielbesuchten Vergnügungspark auch nicht
fehlen dürfe».

Es wird erzählt, daß die Baumnymphen des Thiergartens beim Vor-
beirollen eines Hoswagens gerufen haben, „Ave Caesar, moriturae te
salutant!“
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