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Berlin, den 6. Marx 1904

lvii. Jahrgang

MchmkaleiAr

Montag, den 7. März

Es war ein lichtfroher Falk einmal,

Der schuf den schwarzen Gesellen Qual.

Dienstag, den 8. März

Lichtscheuem Voll ließ er leine Ruh,

Wie stieb so kühn er und sicher zu!

Mittwoch, den 9. März

Doch da geschah's, daß der Fall verschwand,
Hinzog er, ach, in ein ander Land.

IMpRafcniter

Donnerstag, den 10. März

Des Fallen Zeit sie ist lang' vorbei,'

Und überall schallt des Naben Schrei.

Freitag, den 11. März

Aus dunkeln Ecken fomnieii heraus
Das Käuzchen, sieh, und die Fledermaus.

Sonnabend, den 12. März

Es zeigt sich keck, was man sonst nicht sah -
Lichtsroher Fall, wärest du noch da!

Kladderadatsch

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage.
Man bestellt bei den Poftanstalten des In- und Auslandes,
sowie in den Buchhandlungen.

Der vierteljährliche Bezugspreis für dieses Blatt mit sämmtlichcn
Beilagen beträgt für In- und Ausland 2 M. 25 Pf. ohne Porto.

Einzelne Nummer 20 Pf.

Alle Nech'.c für sämnttliche Arlilcl und Illustrationen Vorbehalten.

Endlich!

u Rußland i>mgcschlagen ist die Stimmung,
Sogar die ärgsten Dcutschcnfressrr schreiben
Nicht eine Zeile gegen Deutschland mehr!"

Sa tönt der Jubelriif der Iirnvcn Klättcr,

Die täglich ihre stinlicn Läufer schicken
Zur Withrlmstraste. wo der reine (Quell
patit'scher Weisheit segeiispendeiid Üiestt.

So ist es endlich, endlich denn erreicht!

Gewarbcn haben wir so lnnge Jahre
Um Rußlands Liebe. Jinincr waren wir
Zu kleinen Lreiindschaftsdiciiste» gern bereit,

Und wenn nach Schnorrern n»d Verschwörern man
Sich sehnte in der Heimath, trafen wir
Ganz sicher jedes Mal die richt'ge Grenze.

Auch flog von Thron zu Thron manch warmer Ernst,
Und Mgeladjiitaiiten gingen oftmals
Mit kleinen Gaben an den Urwastranü.

Doch ach, verloren wor die Liebesmühe!

Der Grnst ward zögerlich und kühl erwidert,

Kein Adjutant liest in Kerlin sich sehn,

Und Mißgunst sprach und gast ans jedem Wort,
Das aus dem Osten klang zu uns herüber.

Jetzt endlich hat sich völlig das geändert:

Der Kusse wendet feine Gunst iins zu,

Und gibt's noch Deulschenfresser hier und dort,

Ko möchten sie uns rein vor Kirbe fressen!

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Wir hat si,h dieser Umschwung mir vollzogen?

Der Uusse ist, ich sage nicht in Uolh,

Doch in Verlegenheit. Da neigt der Mensch
Zur Weichheit manchmal und zur Srlbstcrkcnntniß.
Den Zaren selbst fand jüngst i» Thräncn man,

Und diese Thräncn stehn dem Auge gut,

Das nach der Mandschurei begehrlich blickt.

In dieser Weichheit spricht der Ruße nun:

„Ich habe dich verkannt, mein guter Michel.
Vergib mir das und komm in meine Arme,

Denn linier Larven bist di, fchticsztich doch
Die rinz'gc Krnst, die wärmer für mich fühlt."

Wer weist, wie lange diese Stimmung dauert?

Zn Dodrn schlägt der starke Kusse doch
Am Ende wohl das freche Grlbgcsiiht
Und wird dann wieder stolz und übecmüthig.

So laßt benutzen uns die schöne Zeit
Der holden Eintracht! Laszt die Flaggen wehn
Vom Schlosse wie vom Dach des schlichten Hauses,
Darin der gute Kärger friedlich wohnt!

Do» allen Thtiriiirn lastt Fanfare» schmettern,
Frohlocken last! die Glocken durch das Land
Und jauchzt: „G Welt, wir rnsen dich zum Zeugen,
Dnst nngenblicklich uns der liebe Kulfe
Uicht völlig en Canaille mehr behandelt!"

Kladderadatsch
 
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