für die £andwirtbscbaftsharnrnern
E" der letzen Woche hat eine aus Geheimen Röthen der Ministerien
der Landmirlhschast, des Innern und der Finanzen gebildete
Commission getagt, um ein Ncgulatio zu entwerfen, das folgende
Fragen gründlich und ausführlich beantwortet: 1. Ist es dem Vorsitzenden
einer Landwirthschafiskammer gestattet, bei der Kasse, die er unter sich
hat, auf eigne Hand und mit eigner Hand Anleihen zu machen?
2. Wie hoch dürfen diese Anleihen sein? I. Was hat der Entleiher
als Sicherheit in die Kasse zu legen? Die Bcrathungen nähern sich
ihrem Abschlüsse, und wir sind in der angenehmen Lage, das Resultat
schon jetzt in den Hauptzügen mitzutheilen.
Die erste Frage wurde von der ganzen Commission unbedingt
bejaht, und zwar nicht nur ohne Rückhalt, sondern mit positiver
Freudigkeit und Begeisterung. Ein schöneres Vcrtrauensvorhältnitz,
das war die allgemeine Ansicht, könne gar nicht gedacht werden, als
wenn es dem Vorsitzenden gestattet sei, mit den Geldern der Kasse zu
wirthschaslen, als ob es seine eigenen wären. Außerdem liegt cs auf
der Hand, daß das Geld bei dem Vorsitzenden am sichersten aufgehoben
ist, viel sicherer als in der Kasse. Hier kann es jeden Allgenblick
gestohlen werden, während die Diebe mit den von dem Entleiher
hinterlegten Pfändern nichts anzufangen wissen und schändlich blainiert
sind. Die Herren Vorsitzenden leben meist in durchaus rangierten
Verhältnissen, und mutz auch einmal der eine oder andere sich eine Zeit
lang durchlügen, so kommt er doch inuner wieder hoch und zahlt dann
das Geld zurück. Geht aber einmal wirklich ein Capital verloren, so
bedeutet dieser materielle Verlust nichts gegenüber dem idealen Werth
des schöneil Vertrauensverhältnisses, der nur von boshaften lind
unehrlichen Leuten bezweifelt werden kann. Für die Höhe der einzelnen
Anleihe ist vorläufig die Grenze von 30000 Mark festgesetzt, doch
denkt mün später bis zu 50 000 zll gehen. Was soll das schöne Geld
unnütz in der Kasse liegen, während es draußen gedeihlich wirken kann?
Was soll nun der Entleiher zur Bürgschaft in die Kasse legen?
Um Gotteswillen nur keinen regelrechten Schlildschein, denn bei allen
Behörden lautet seit einiger Zeit der erste geschäftliche Grundsatz:, „Fort
mit allem überflüssigen Schreibwerk! " Es genügt eine Visiten,
karte, auf der die Höhe der Summe lind das Datum der Entleihung
angegeben ist/ Auch das aber ist noch zu umständlich und formell.
Ein beliebiger kleiner Gegenstand, der als Pfand hinterlegt wird, th„t
dasselbe, z. B. ein getragener Handschuh der rechten Hand. Der
Handschuh vertritt die Hand, die er umschließt, er sagt also: „Der hier
eine Anleihe machte, gibt seinen schlichten deutschen Handschlag darauf,
daß er die Summe früher oder später zurückzahlen wird." Kann
cs ein schöneres und deutlicher sprechendes Symbol geben? Besonders
empfehlen sich als Pfänder solche Gegenstände, die arich. nicht ben
geringsten materiellen Werth haben, wie Streichhölzer, Zahnstocher,
abgerissene Hosenknöpfe u. s. w., weil bei ihnen die sinnbildliche Be-
deutung um so ergreifender zil Tage tritt. Ein alter Hosenknopf in
der Kasse sagt also den Revisoren: „Ich werthloses Ding bin gut für
30 000 Mark, die ein deutscher Mann hier entnomnien hat."
Zu besonderem Dank i>t die Commission dem Herrn Ober-
präsidenten a. D. v. Bitter und dem Herrn Oberbürgermeister a. D.
Geheimrath Witting verpslichtet. Beide Herren hatten die Einladung,
den Berathungen beizuwohnen, gern angenommen, und konnten
aus dein reichen Schatz ihrer Erfahrungen manches treffende
Wort beisteuern.
Für Wahrheit, Freiheit, Recht
Höre die Stimme des Weisen, mein Sohn, und richte dich nach
meinen Worten. Hast du irgend etwas begangen, was dir den Staats-
anwalt auf den Hals ziehen könnte, so beichte deinen Fehler einein
Mitglied« der bayerischen Kammer, so selbiger ein Centrumsinann ist.
Aber vcrnieide es, etwas Schriftliches von dir zu geben, mache
ihm lieber mündlich eine vertrauliche Mitteilung. Er wird dann deine
Sache schon bepichlern und zum Minister sagen: „Ew. Ercellenz,
nächstens stimmen wir ab über diese oder jene Position, und ich bin meiner
Leute noch nicht sicher. Nebenbei bemerkt, habe ich ein kleines Anliegen".
Und leiitselig wie eine weise Frau wird der Ercellcnzherr sich unter
Discretion deinen Fall vortragen lassen, und du wirst die Taille deiner
Ehrbarkeit wieder bekonimen, ohne daß die Welt deinen Fehltritt be-
merken wird.
Darum habe Vertrauen zum Centrum, cs ist allmächtig und tritt
ein für Wahrheit, Freiheit und Recht, vorausgesetzt daß sich diese
heiligsten Güter des Bayernlandes in: Wege einer vertraulichen Mit-
theilung retten lassen.
Höre, mein Sohn, die Worte der Weisheit und benutze fleißig
scrnerhin die Beichte an Domcapitulare und laß dich nicht schrecken,
wenn du, hörst ein bayerischer Kriegsminister habe das Beichtgeheimniß
verletzt. Es wird ihm übel bekomnicn, denn wenn er indiscret den
dienstlichen Weg zur Erledigung deiner Beschwerde beschreitet, wird er
verachtet von allen Commissionären der Eentrumshintertreppen, und ver-
maledeit-wird sein Angedenken sein.
Also habe Vertrauen zu den Beichtigern. Unterschlage, stiehl, ver-
leumde, aber hüte dich vor schriftlichen Beschwerde», damit man nicht
zu dir eines Tages sagt wie zu dem unglücklichen Schützling
Das Papiergeld soll jetzt, weil sich hcrausgcstellt hat, daß sich mit
Vorliebe Bacillen darauf nicderlasscn, in den Banken dcsinficicrt werde».
Und wie steht es mit den Leihbibliothek-Büchern, die oft so schmutzig
sind, daß man sie nur mit der Feuerzange anfasjen möchte? Was für
Herden von Bacillen müssen sich auf diesen niederlasscn, besonders auf
den neusten und beliebtesten Romanen! Wäre nicht auch bei diesen
eine Desinsection, womöglich nach jedesmaligem Gebrauch, dringend
erwünscht. Dazu würde am besten wohl Steinkohlenthcer verwendet.
Glückliche Fahrt!
Loubet will auf Reisen gehn,
Menschen, Städst und Felder
In Italien sich besetz»,
Denn er hat die Gelder.
Zahlte ihm doch blitzeblank
Trotz der Pfaffen Jammer
500000 Francs
Reisegeld die Kammer.
Alles bis zum letzten Sou,
Wie cs ihm mag passen,
Kann er — Frankreich hat's dazu —
Lustig springen lassen.
Sicher hoff' ich, daß sr"s thut
Und vergißt das Sparen,
Geld und Gut schafft frohen Muth,
Durch die Welt zu fahren.
Und ich wünsch' ihm gute Fahrt,
Fröhliche Begleiter,
Feuchte Stoffe bester Art,
Wohlsein u. s. w.
Römerjubel, Thurmgeläut',
Willkommskanonaden
Und noch eine Kleinigkeit:
Nicht zuviel Paraden!
Kriegt er nicht den Papst zu sehn,
Schönres sieht indeß er.
Mit dem Papste schlecht zu stehn
Ist zuweilen besser.
Was macht man für Worte mit der sogenannten Erfindung des
Herrn Ganswind? Er braucht zu seinen Versuchen ein Heidengeld,
und trotzdem scheint es mit seiner Flugmaschine doch nichts
Rechtes zu werden. Und welchen Apparat setzt der Staatsanwalt des-
halb in Bewegung, weil Herr Ganswindt den seinigen nicht in Be-
wegung setzen kann! So und so viele Sachverständige vernimmt man
darüber. Wozu das aUes? Herr Ganswindt soll einfach Social-
demokrat werden und dann nicht parieren: dann wird er sofort fliegen.
Wo geht der Weg nach Canossa?
Über den Sanct Bernhard.
E" der letzen Woche hat eine aus Geheimen Röthen der Ministerien
der Landmirlhschast, des Innern und der Finanzen gebildete
Commission getagt, um ein Ncgulatio zu entwerfen, das folgende
Fragen gründlich und ausführlich beantwortet: 1. Ist es dem Vorsitzenden
einer Landwirthschafiskammer gestattet, bei der Kasse, die er unter sich
hat, auf eigne Hand und mit eigner Hand Anleihen zu machen?
2. Wie hoch dürfen diese Anleihen sein? I. Was hat der Entleiher
als Sicherheit in die Kasse zu legen? Die Bcrathungen nähern sich
ihrem Abschlüsse, und wir sind in der angenehmen Lage, das Resultat
schon jetzt in den Hauptzügen mitzutheilen.
Die erste Frage wurde von der ganzen Commission unbedingt
bejaht, und zwar nicht nur ohne Rückhalt, sondern mit positiver
Freudigkeit und Begeisterung. Ein schöneres Vcrtrauensvorhältnitz,
das war die allgemeine Ansicht, könne gar nicht gedacht werden, als
wenn es dem Vorsitzenden gestattet sei, mit den Geldern der Kasse zu
wirthschaslen, als ob es seine eigenen wären. Außerdem liegt cs auf
der Hand, daß das Geld bei dem Vorsitzenden am sichersten aufgehoben
ist, viel sicherer als in der Kasse. Hier kann es jeden Allgenblick
gestohlen werden, während die Diebe mit den von dem Entleiher
hinterlegten Pfändern nichts anzufangen wissen und schändlich blainiert
sind. Die Herren Vorsitzenden leben meist in durchaus rangierten
Verhältnissen, und mutz auch einmal der eine oder andere sich eine Zeit
lang durchlügen, so kommt er doch inuner wieder hoch und zahlt dann
das Geld zurück. Geht aber einmal wirklich ein Capital verloren, so
bedeutet dieser materielle Verlust nichts gegenüber dem idealen Werth
des schöneil Vertrauensverhältnisses, der nur von boshaften lind
unehrlichen Leuten bezweifelt werden kann. Für die Höhe der einzelnen
Anleihe ist vorläufig die Grenze von 30000 Mark festgesetzt, doch
denkt mün später bis zu 50 000 zll gehen. Was soll das schöne Geld
unnütz in der Kasse liegen, während es draußen gedeihlich wirken kann?
Was soll nun der Entleiher zur Bürgschaft in die Kasse legen?
Um Gotteswillen nur keinen regelrechten Schlildschein, denn bei allen
Behörden lautet seit einiger Zeit der erste geschäftliche Grundsatz:, „Fort
mit allem überflüssigen Schreibwerk! " Es genügt eine Visiten,
karte, auf der die Höhe der Summe lind das Datum der Entleihung
angegeben ist/ Auch das aber ist noch zu umständlich und formell.
Ein beliebiger kleiner Gegenstand, der als Pfand hinterlegt wird, th„t
dasselbe, z. B. ein getragener Handschuh der rechten Hand. Der
Handschuh vertritt die Hand, die er umschließt, er sagt also: „Der hier
eine Anleihe machte, gibt seinen schlichten deutschen Handschlag darauf,
daß er die Summe früher oder später zurückzahlen wird." Kann
cs ein schöneres und deutlicher sprechendes Symbol geben? Besonders
empfehlen sich als Pfänder solche Gegenstände, die arich. nicht ben
geringsten materiellen Werth haben, wie Streichhölzer, Zahnstocher,
abgerissene Hosenknöpfe u. s. w., weil bei ihnen die sinnbildliche Be-
deutung um so ergreifender zil Tage tritt. Ein alter Hosenknopf in
der Kasse sagt also den Revisoren: „Ich werthloses Ding bin gut für
30 000 Mark, die ein deutscher Mann hier entnomnien hat."
Zu besonderem Dank i>t die Commission dem Herrn Ober-
präsidenten a. D. v. Bitter und dem Herrn Oberbürgermeister a. D.
Geheimrath Witting verpslichtet. Beide Herren hatten die Einladung,
den Berathungen beizuwohnen, gern angenommen, und konnten
aus dein reichen Schatz ihrer Erfahrungen manches treffende
Wort beisteuern.
Für Wahrheit, Freiheit, Recht
Höre die Stimme des Weisen, mein Sohn, und richte dich nach
meinen Worten. Hast du irgend etwas begangen, was dir den Staats-
anwalt auf den Hals ziehen könnte, so beichte deinen Fehler einein
Mitglied« der bayerischen Kammer, so selbiger ein Centrumsinann ist.
Aber vcrnieide es, etwas Schriftliches von dir zu geben, mache
ihm lieber mündlich eine vertrauliche Mitteilung. Er wird dann deine
Sache schon bepichlern und zum Minister sagen: „Ew. Ercellenz,
nächstens stimmen wir ab über diese oder jene Position, und ich bin meiner
Leute noch nicht sicher. Nebenbei bemerkt, habe ich ein kleines Anliegen".
Und leiitselig wie eine weise Frau wird der Ercellcnzherr sich unter
Discretion deinen Fall vortragen lassen, und du wirst die Taille deiner
Ehrbarkeit wieder bekonimen, ohne daß die Welt deinen Fehltritt be-
merken wird.
Darum habe Vertrauen zum Centrum, cs ist allmächtig und tritt
ein für Wahrheit, Freiheit und Recht, vorausgesetzt daß sich diese
heiligsten Güter des Bayernlandes in: Wege einer vertraulichen Mit-
theilung retten lassen.
Höre, mein Sohn, die Worte der Weisheit und benutze fleißig
scrnerhin die Beichte an Domcapitulare und laß dich nicht schrecken,
wenn du, hörst ein bayerischer Kriegsminister habe das Beichtgeheimniß
verletzt. Es wird ihm übel bekomnicn, denn wenn er indiscret den
dienstlichen Weg zur Erledigung deiner Beschwerde beschreitet, wird er
verachtet von allen Commissionären der Eentrumshintertreppen, und ver-
maledeit-wird sein Angedenken sein.
Also habe Vertrauen zu den Beichtigern. Unterschlage, stiehl, ver-
leumde, aber hüte dich vor schriftlichen Beschwerde», damit man nicht
zu dir eines Tages sagt wie zu dem unglücklichen Schützling
Das Papiergeld soll jetzt, weil sich hcrausgcstellt hat, daß sich mit
Vorliebe Bacillen darauf nicderlasscn, in den Banken dcsinficicrt werde».
Und wie steht es mit den Leihbibliothek-Büchern, die oft so schmutzig
sind, daß man sie nur mit der Feuerzange anfasjen möchte? Was für
Herden von Bacillen müssen sich auf diesen niederlasscn, besonders auf
den neusten und beliebtesten Romanen! Wäre nicht auch bei diesen
eine Desinsection, womöglich nach jedesmaligem Gebrauch, dringend
erwünscht. Dazu würde am besten wohl Steinkohlenthcer verwendet.
Glückliche Fahrt!
Loubet will auf Reisen gehn,
Menschen, Städst und Felder
In Italien sich besetz»,
Denn er hat die Gelder.
Zahlte ihm doch blitzeblank
Trotz der Pfaffen Jammer
500000 Francs
Reisegeld die Kammer.
Alles bis zum letzten Sou,
Wie cs ihm mag passen,
Kann er — Frankreich hat's dazu —
Lustig springen lassen.
Sicher hoff' ich, daß sr"s thut
Und vergißt das Sparen,
Geld und Gut schafft frohen Muth,
Durch die Welt zu fahren.
Und ich wünsch' ihm gute Fahrt,
Fröhliche Begleiter,
Feuchte Stoffe bester Art,
Wohlsein u. s. w.
Römerjubel, Thurmgeläut',
Willkommskanonaden
Und noch eine Kleinigkeit:
Nicht zuviel Paraden!
Kriegt er nicht den Papst zu sehn,
Schönres sieht indeß er.
Mit dem Papste schlecht zu stehn
Ist zuweilen besser.
Was macht man für Worte mit der sogenannten Erfindung des
Herrn Ganswind? Er braucht zu seinen Versuchen ein Heidengeld,
und trotzdem scheint es mit seiner Flugmaschine doch nichts
Rechtes zu werden. Und welchen Apparat setzt der Staatsanwalt des-
halb in Bewegung, weil Herr Ganswindt den seinigen nicht in Be-
wegung setzen kann! So und so viele Sachverständige vernimmt man
darüber. Wozu das aUes? Herr Ganswindt soll einfach Social-
demokrat werden und dann nicht parieren: dann wird er sofort fliegen.
Wo geht der Weg nach Canossa?
Über den Sanct Bernhard.