Der öffentliche Verkehr.
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Die russischen Kirchhöfe sind nicht, wie die deutschen und
französischen, in Gärten mit blühenden Blumen umgewandelt; die
Rasenhügel strecken sich ungepflegt und eintönig einer neben dem an-
dern hin, über ihnen ragen die zerfallenden Todtenkreuze. Nur um
Petersburg sieht man geschmücktere Kirchhöfe. Armselig und traurig
sind die der Dörfer beschaffen und von diesen auf einem Sandhügel
weit abgelegen *).
Am Jahrestage des Todes eines Verwandten kommen diese in
der Kirche wiederum zusammen und lassen seiner Seele eine Panichide
lesen, die 5 bis 25 Rubel kostet. Dabei wird abermals eine Kutja
aufgestellt, die den Priestern zu Gute kommt, nachdem jeder Verwandte
eine Rosine davon gegessen. Solche Todtenmessen wiederholt man oft
viele Jahre hintereinander. Alle Jahre wird an einem bestimmten
Tage, dem Montag nach Ostern, eine Todtenmefse für alle Todten
gehalten.
Die russische Geistlichkeit nimmt sich übrigens auch der Leichen
Fremder und Andersgläubiger an und begleitet sie zu Grabe wie die
der Gläubigen.
Der öffentliche Verkehr
ist unter allen slawischen Völkern am lebhaftesten bei den Russen, die
denn vor allen andern Slawen sich gern des Handels und Verkehrs
annehmen und große Gewandtheit dabei entwickeln. Unter allen
europäischen Ländern ist Rußland ohnstreitig durch seine geognostische
Beschaffenheit zu einem Binnenverkehrs geschaffen, der von Jahr zu
Jahr größere Ausdehnung gewinnen muß. Das Flußshstem des Reiches
verbindet, nur mit geringer menschlicher Nachhülfe, die Ostsee mit dem
schwarzen Meere; die Ebenheit des Ganzen erleichtert die Herstellung
von Canälen, Straßen und Schienenwegen. Der Winter breitet eine
gleichmäßige Schneedecke über das Ganze, die den Verkehr nur um
so mehr steigert.
Die Straßen des russischen Reiches haben sich allgemach durch
den Verkehr ausgebildet und werden von einem eigenen Ministerium
beaufsichtigt. Der Mittelpunkt des Verkehrs war in alter Zeit mehr
in dem Herzen des Landes. Nowgorod, Moskau, Kiew waren die
wichtigsten Cristallisationspuncte der ältern Zeit. Nach der Eroberung
Sibiriens wurden Makariew und Charkow bedeutende Verkehrspuncte.
Durch Peter den Großen trat die von ihm gegründete Stadt an die
Stelle des alten Nowgorod.
Die eigentliche Kaiserstraße ist die große Kunststraße, die von
Moskau nach St. Petersburg führt und die demnächst in einen Schie-
*) Meyer, russische Denkm. II. 199. Kohl, Reisen in Rußt. Il- 46.
Blasius, Reise in Rußl. I. 40. II. 156. Ritschie S. 260. Abb. russischer
Todtcnbestattung bei Rechberg I. und Haubigant.
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Die russischen Kirchhöfe sind nicht, wie die deutschen und
französischen, in Gärten mit blühenden Blumen umgewandelt; die
Rasenhügel strecken sich ungepflegt und eintönig einer neben dem an-
dern hin, über ihnen ragen die zerfallenden Todtenkreuze. Nur um
Petersburg sieht man geschmücktere Kirchhöfe. Armselig und traurig
sind die der Dörfer beschaffen und von diesen auf einem Sandhügel
weit abgelegen *).
Am Jahrestage des Todes eines Verwandten kommen diese in
der Kirche wiederum zusammen und lassen seiner Seele eine Panichide
lesen, die 5 bis 25 Rubel kostet. Dabei wird abermals eine Kutja
aufgestellt, die den Priestern zu Gute kommt, nachdem jeder Verwandte
eine Rosine davon gegessen. Solche Todtenmessen wiederholt man oft
viele Jahre hintereinander. Alle Jahre wird an einem bestimmten
Tage, dem Montag nach Ostern, eine Todtenmefse für alle Todten
gehalten.
Die russische Geistlichkeit nimmt sich übrigens auch der Leichen
Fremder und Andersgläubiger an und begleitet sie zu Grabe wie die
der Gläubigen.
Der öffentliche Verkehr
ist unter allen slawischen Völkern am lebhaftesten bei den Russen, die
denn vor allen andern Slawen sich gern des Handels und Verkehrs
annehmen und große Gewandtheit dabei entwickeln. Unter allen
europäischen Ländern ist Rußland ohnstreitig durch seine geognostische
Beschaffenheit zu einem Binnenverkehrs geschaffen, der von Jahr zu
Jahr größere Ausdehnung gewinnen muß. Das Flußshstem des Reiches
verbindet, nur mit geringer menschlicher Nachhülfe, die Ostsee mit dem
schwarzen Meere; die Ebenheit des Ganzen erleichtert die Herstellung
von Canälen, Straßen und Schienenwegen. Der Winter breitet eine
gleichmäßige Schneedecke über das Ganze, die den Verkehr nur um
so mehr steigert.
Die Straßen des russischen Reiches haben sich allgemach durch
den Verkehr ausgebildet und werden von einem eigenen Ministerium
beaufsichtigt. Der Mittelpunkt des Verkehrs war in alter Zeit mehr
in dem Herzen des Landes. Nowgorod, Moskau, Kiew waren die
wichtigsten Cristallisationspuncte der ältern Zeit. Nach der Eroberung
Sibiriens wurden Makariew und Charkow bedeutende Verkehrspuncte.
Durch Peter den Großen trat die von ihm gegründete Stadt an die
Stelle des alten Nowgorod.
Die eigentliche Kaiserstraße ist die große Kunststraße, die von
Moskau nach St. Petersburg führt und die demnächst in einen Schie-
*) Meyer, russische Denkm. II. 199. Kohl, Reisen in Rußt. Il- 46.
Blasius, Reise in Rußl. I. 40. II. 156. Ritschie S. 260. Abb. russischer
Todtcnbestattung bei Rechberg I. und Haubigant.