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Das christliche Europa.
für den Sitz der vier zu zwei und zwei getheilten ersten Platze 90
Rubel und für den Sitz in dem Hintern halbrunden, zu vier Sitzen
eingerichteten Raume 75 Rubel mit 45 Pfund Freigepäck. Der Wa-
gen war elegant und bequem eingerichtet *).
In neuester Zeit ist Moskau durch eine Eisenbahn mit St. Pe-
tersburg verbunden und es sollen auch andere Theile des Reiches durch
Schienenwege verbunden werden.
Gesetzgebung und Rechtspflege
geben vor allen Dingen den Maßstab für den Cultukstand eines Volkes
ab, in der Gesetzgebung spiegelt sich der Charakter der Staaten.
Die von westeuropäischer Civilisation noch nicht berührten Sla-
wen, z. B. die Montenegriner und die alten Russen, haben Gesetze
und Rechtsformen, die denen der Beduinen und Tscherkessen, der
Germanen und Tungusen entsprechen. Die von deutscher Cultur be-
rührten Böhmen und Polen nahmen für ihre Städte deutsche Stadt-
rechte bei sich auf. Die Zaaren waren als Häupter des Volkes, als
die, vor denen Alles gleich war, wie der Familienvater, Herrscher des
Ganzen, die durch keine Gewalt beschränkt werden konnten. Sie
waren Gesetzgeber, denn sie waren die Gesetzesquellen.
Bei den südlichen Slawen finden wir die alten Rechtsgewohn-
heiten noch am meisten rein erhalten. Noch unter dem Vorgänger
des im Laufe dieses Jahres verstorbenen Vladika war das Volk selbst
der Richter, der Vladika war nicht viel mehr als der Vorsitzende, wie
wir oben (S. 113) gesehen haben. Dabei herrschten gar alterthüm-
liche Gerichtsgebräuche. War Jemand bestohlen worden, so mußte
der Dieb den siebenfachen Werth des Gutes ersetzen. Um gestohlenes
Gut wieder zu erlangen, ohne den Dieb der Schande auszusetzen,
macht der Bestohlene öffentlich bekannt, daß er bestohlen worden und
verspricht demjenigen, der ihm zu seinem Eigenthume wieder verhilft,
eine gewisse Summe. Kennt nun Jemand den Dieb, so zeigt er ihn
nicht an, sondern läßt ihm durch eine dritte Person sagen, das^ Ver-
brechen seh entdeckt und er möge nicht zögern, sich mit dem Verletzten
durch Zurückgabe des Gutes auszugleichen.
Gewöhnliche aber auch außerordentliche Streitsachen wurden im-
mer durch Schiedsrichter entschieden. Jede Partei wählt dann deren
zehn bis vierzig, Kmeti, die sodann die Sache genau prüfen und die
Schußwunde oder den Uataganhieb nicht nach der wirklich geschehenen
Verletzung, sondern nach dem Schaden abschätzen, der hätte geschehen
können. Der schuldig befundene zahlt für eine Wunde 10, für zwei
20, für einen Mord 120 Ducaten **).
*) Meyer, russische Denkmäler II. 4. Kohl, Reisen in Rußl. I. I,
und die Moskauer Privatdiligeuce ders. II. 2. Arnim, Reise ins russische
Reich II- 103.
**) Wilkinson, Dalmatien I. 272.
Das christliche Europa.
für den Sitz der vier zu zwei und zwei getheilten ersten Platze 90
Rubel und für den Sitz in dem Hintern halbrunden, zu vier Sitzen
eingerichteten Raume 75 Rubel mit 45 Pfund Freigepäck. Der Wa-
gen war elegant und bequem eingerichtet *).
In neuester Zeit ist Moskau durch eine Eisenbahn mit St. Pe-
tersburg verbunden und es sollen auch andere Theile des Reiches durch
Schienenwege verbunden werden.
Gesetzgebung und Rechtspflege
geben vor allen Dingen den Maßstab für den Cultukstand eines Volkes
ab, in der Gesetzgebung spiegelt sich der Charakter der Staaten.
Die von westeuropäischer Civilisation noch nicht berührten Sla-
wen, z. B. die Montenegriner und die alten Russen, haben Gesetze
und Rechtsformen, die denen der Beduinen und Tscherkessen, der
Germanen und Tungusen entsprechen. Die von deutscher Cultur be-
rührten Böhmen und Polen nahmen für ihre Städte deutsche Stadt-
rechte bei sich auf. Die Zaaren waren als Häupter des Volkes, als
die, vor denen Alles gleich war, wie der Familienvater, Herrscher des
Ganzen, die durch keine Gewalt beschränkt werden konnten. Sie
waren Gesetzgeber, denn sie waren die Gesetzesquellen.
Bei den südlichen Slawen finden wir die alten Rechtsgewohn-
heiten noch am meisten rein erhalten. Noch unter dem Vorgänger
des im Laufe dieses Jahres verstorbenen Vladika war das Volk selbst
der Richter, der Vladika war nicht viel mehr als der Vorsitzende, wie
wir oben (S. 113) gesehen haben. Dabei herrschten gar alterthüm-
liche Gerichtsgebräuche. War Jemand bestohlen worden, so mußte
der Dieb den siebenfachen Werth des Gutes ersetzen. Um gestohlenes
Gut wieder zu erlangen, ohne den Dieb der Schande auszusetzen,
macht der Bestohlene öffentlich bekannt, daß er bestohlen worden und
verspricht demjenigen, der ihm zu seinem Eigenthume wieder verhilft,
eine gewisse Summe. Kennt nun Jemand den Dieb, so zeigt er ihn
nicht an, sondern läßt ihm durch eine dritte Person sagen, das^ Ver-
brechen seh entdeckt und er möge nicht zögern, sich mit dem Verletzten
durch Zurückgabe des Gutes auszugleichen.
Gewöhnliche aber auch außerordentliche Streitsachen wurden im-
mer durch Schiedsrichter entschieden. Jede Partei wählt dann deren
zehn bis vierzig, Kmeti, die sodann die Sache genau prüfen und die
Schußwunde oder den Uataganhieb nicht nach der wirklich geschehenen
Verletzung, sondern nach dem Schaden abschätzen, der hätte geschehen
können. Der schuldig befundene zahlt für eine Wunde 10, für zwei
20, für einen Mord 120 Ducaten **).
*) Meyer, russische Denkmäler II. 4. Kohl, Reisen in Rußl. I. I,
und die Moskauer Privatdiligeuce ders. II. 2. Arnim, Reise ins russische
Reich II- 103.
**) Wilkinson, Dalmatien I. 272.