Der Adel.
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bis 50,000 Rubeln besitzt, kann sich kn eine der drei Gilden aufnehmen
lassen, und es wird nicht gefragt, ob Jemand sein Vermögen zu hoch
oder zu niedrig angegeben hat. Wer aber sich durch den Eintritt in
eine über sein Vermögen gehende Gilde einen größeren Kredit erwor-
ben hat und dann Bankerot macht, wird aus der Gilde ausgeftoßen.
Die beiden ersten Gilden sind militairfrei und den Leibesstrasen eben-
falls nicht unterworfen.
Die Handwerkszünfte wählen jährlich einen Amtsherrn oder
ein Haupt der Handwerksämter, durch welches sie im sechsstimmigen
Rathe vertreten werden. Die Zunft überwacht die von ihren Mit-
gliedern gelieferten Gewerbserzeugnisse.
Die Nachfolger Katharinens haben fortwährend an der Besserung
der städtischen Zustände gearbeitet *).
Der Handel ist noch jetzt, namentlich in den an der Ostsee und
am schwarzen Meere gelegenen Städten, der Haupthebel des Lebens,
der Großhandel ist aber hier meist in den Händen von deutschen,
englischen und anderen westeuropäischen Einwanderern, während der
Kleinhandel von den Russen betrieben wird. Die Handwerke sind
sehr schwach vertreten **).
Der Adel
scheint ursprünglich kein eigentliches Element des slawischen Volksle-
bens gewesen zu sehn. Die Klein- und Rothrussen hatten eben so
wenig einen Adel, wie heute noch die Montenegriner. Unter den
Westslawen findet sich ein Adel, nachdem sie mit den Deutschen in
Eonfiict gekommen; der polnische Adel ist ein Kriegsadel und hatte
als solcher außerordentliche Vorzüge vor dem gemeinen Manne voraus.
Der polnische Edelmann nannte sich früher Gewappneter, dann nach
deutschem Vorbild Ritter, weil er zu Roß diente. Im Allgemeinen
heißt der Adel Schljachta, das dem deutschen Geschlechter entsprechen
und entnommen sehn soll, dann auch Ziemianie, von Ziemia, Land,
also Landbesitzer. Der polnische Adel erwarb seit dem Aussterben
des Piastenstammes das entschiedenste Uebergewicht über den Land-
mann, die Städte und den König, indem er sämmtliche weltliche und
geistliche Staatsämter an sich brachte ***).
So war es im alten Polen, und noch ist in dem russischen
Polen wie in Podolien die Schljachta der Grundbesitzer; wenn er
auch sehr verarmt, so bleibt er doch Schljachtitsch, d. h. Edelmann.
Viele Schljachtitschen Podoliens, die noch polnisch sprechen und der
katholischen Kirche angehören, besitzen kein eignes Land, sondern find
*) S. Storchs Rußland unter Alexander I. VII. 268, wo die Ukasen
vom 3. Juni I80l, welcher die Bürger I. und 2. Gilde von der Knute
befreit, die ihnen im Ukas vom 3. Januar 1797 zuerkannt worden war.
**) S. bes. Harthausen, Studien II. 310 ff.
***) Cromers Polen S. 89.
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bis 50,000 Rubeln besitzt, kann sich kn eine der drei Gilden aufnehmen
lassen, und es wird nicht gefragt, ob Jemand sein Vermögen zu hoch
oder zu niedrig angegeben hat. Wer aber sich durch den Eintritt in
eine über sein Vermögen gehende Gilde einen größeren Kredit erwor-
ben hat und dann Bankerot macht, wird aus der Gilde ausgeftoßen.
Die beiden ersten Gilden sind militairfrei und den Leibesstrasen eben-
falls nicht unterworfen.
Die Handwerkszünfte wählen jährlich einen Amtsherrn oder
ein Haupt der Handwerksämter, durch welches sie im sechsstimmigen
Rathe vertreten werden. Die Zunft überwacht die von ihren Mit-
gliedern gelieferten Gewerbserzeugnisse.
Die Nachfolger Katharinens haben fortwährend an der Besserung
der städtischen Zustände gearbeitet *).
Der Handel ist noch jetzt, namentlich in den an der Ostsee und
am schwarzen Meere gelegenen Städten, der Haupthebel des Lebens,
der Großhandel ist aber hier meist in den Händen von deutschen,
englischen und anderen westeuropäischen Einwanderern, während der
Kleinhandel von den Russen betrieben wird. Die Handwerke sind
sehr schwach vertreten **).
Der Adel
scheint ursprünglich kein eigentliches Element des slawischen Volksle-
bens gewesen zu sehn. Die Klein- und Rothrussen hatten eben so
wenig einen Adel, wie heute noch die Montenegriner. Unter den
Westslawen findet sich ein Adel, nachdem sie mit den Deutschen in
Eonfiict gekommen; der polnische Adel ist ein Kriegsadel und hatte
als solcher außerordentliche Vorzüge vor dem gemeinen Manne voraus.
Der polnische Edelmann nannte sich früher Gewappneter, dann nach
deutschem Vorbild Ritter, weil er zu Roß diente. Im Allgemeinen
heißt der Adel Schljachta, das dem deutschen Geschlechter entsprechen
und entnommen sehn soll, dann auch Ziemianie, von Ziemia, Land,
also Landbesitzer. Der polnische Adel erwarb seit dem Aussterben
des Piastenstammes das entschiedenste Uebergewicht über den Land-
mann, die Städte und den König, indem er sämmtliche weltliche und
geistliche Staatsämter an sich brachte ***).
So war es im alten Polen, und noch ist in dem russischen
Polen wie in Podolien die Schljachta der Grundbesitzer; wenn er
auch sehr verarmt, so bleibt er doch Schljachtitsch, d. h. Edelmann.
Viele Schljachtitschen Podoliens, die noch polnisch sprechen und der
katholischen Kirche angehören, besitzen kein eignes Land, sondern find
*) S. Storchs Rußland unter Alexander I. VII. 268, wo die Ukasen
vom 3. Juni I80l, welcher die Bürger I. und 2. Gilde von der Knute
befreit, die ihnen im Ukas vom 3. Januar 1797 zuerkannt worden war.
**) S. bes. Harthausen, Studien II. 310 ff.
***) Cromers Polen S. 89.
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