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Knauff, Franz
Das neue academische Krankenhaus in Heidelberg: Mit einem Atlas von XXVIII Tafeln und einer Photographie (Text) — München, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.25041#0026
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Stellung der Gebäude.

Bei den früheren Comdorbauten konnten die Fenster in der Regel nur an einer Wand
des Krankenzimmers angebracht werden, und zwar an der dem Corridor gegenüber liegenden
Seite. Man war darüber nie im Zweifel, dass, so weit möglich, die Fenster gegen Süden ge-
lichtet sein sollten. Auch für Privatwohnungen galt stets die Südseite als die angenehmste
und gesündeste. In der That zeichnen sich die nach Süden gelegenen Zimmer vor den andern
in mancherlei Beziehung aus. Sie erhalten während des ganzen Jahres reichliches, strahlendes
Sonnenlicht, insbesondere während der kalten und Uebergangszeit. Die wohlthuende Wärme
der Sonnenstrahlen kommt in ihnen gerade in dieser Jahreszeit ganz besonders zur Wirkung.
Im Sommer sind die Südzimmer zwar wärmer, als die nach Norden und Osten, aber kühler
als die nach Westen gelegenen. Aber auch während der grössten Hitze sind sie unschwer bei
leidlicher Temperatur zu halten. Die Luft bleibt während des ganzen Jahres viel leichter rein
und frisch. Dumpfer, kelleriger Geruch und feuchte Wände sind am seltensten. Diese Eigen-
schaften der Südzimmer sind auffällig und als grosse Annehmlichkeit allgemein gewürdigt;
letztere mag zunächst und hauptsächlich der Grund gewesen sein, dass der Südseite allgemein
auch in gesundheitlicher Beziehung der Vorzug zugesprochen wurde. Im modernen Hospitalbau
wird verlangt, dass in Krankensälen an zwei gegenüber liegenden, und zwar wo möglich an
den längern Wänden zahlreiche und grosse, namentlich hohe Fenster angebracht werden. Der
Krankensaal muss somit die ganze Tiefe des Gebäudes einnehmen, und mit seinen beiden gros-
sem, einander gegenüber liegenden Seiten nach aussen frei liegen. Hiedurch sind aber der
Einwirkung der Sonne und den meteorologischen Vorgängen Verhältnisse dargeboten, welche
sich von denen bei dem Comdorsystem oder bei Privatbauten wesentlich unterscheiden, und
es nicht räthlich machen, die Erfahrungen, welche mit letzteren gemacht worden sind, ohne
Weiteres auf Pavillon- oder Barackensystem zu übertragen.

Besieht man sich die nunmehr stattliche Reihe der Pavillon- und Baracken-Bauten in
Frankreich, England und Deutschland in Beziehung auf ihre Stellung zur Himmelsgegend, so
ergibt sich, dass in Frankreich die Stellung der Fenster-tragenden Fronten nach Süd und
Nord vorherrscht und offenbar absichtlich gewählt wurde. In England scheint der Stellung
der Gebäude zur Himmelsrichtung keine erhebliche Bedeutung zugemessen zu werden. Die
Situationspläne der Anlagen geben dieselben nur selten an; auch die Beschreibungen berühren
diesen Punkt meist nicht. In Deutschland ist bei Ausführung der neuern Anlagen die Himmels-
richtung bald sorgfältig erwogen, bald ausser Betracht gelassen worden.

Die Barackenanlage auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin hatte die Längsachse der
Baracken genau nach Ost-West, die Fensterseiten also nach Süd-Nord gestellt. Im städtischen
Allgemeinen Krankenhause in Friedrichshain zu Berlin wurde die genau entgegen gesetzte
 
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