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Knauff, Franz
Das neue academische Krankenhaus in Heidelberg: Mit einem Atlas von XXVIII Tafeln und einer Photographie (Text) — München, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.25041#0060
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zu dem Desinfectionshaus; dort werden durch Sedimentiren Wasser und feste Theile getrennt,
welch ersteres in den Neckar abgelassen wird. Die chemische Wirkung des Desinfections-
mittels, welches aus 100 Theilen Kalk, 15 Theilen Chlormagnesium und 10 Theilen Steinkohlen-
theer besteht, ist Gegenstand vielfacher und genauer Untersuchungen gewesen. Die zur Prü-
fung des Süvern’schen Mittels eingesetzte Berliner Commission, darunter die Herren Virchow,
Hausmann und Liebreich (Reinigung und Entwässerung Berlins. Berlin 1870. Heft I. p. 137—167)
constatirte eine desinficirende Wirkung in dem Sinn, dass Fäulniss und Gährung des Cloaken-
wassers sofort aufhören, und ausser den gesammten suspensirten Substanzen der grösste
Theil der gelöst gewesenen Phosphorsäure niedergeschlagen wird.

Die Gründe, welche für die hiesige Anlage zu Gunsten des Süvern’schen Systems ent-
schieden, waren etwa folgende: die Abfällstoffe mussten unter allen Umständen durch Spülung
fortgeschafft werden; eine andere Art der Entfernung aus dem unmittelbaren Bereich der
Krankenhäuser, etwa eine Abfuhr, war durch die Alternative unmöglich, entweder im Gebrauch
des Nutzwassers und, was fast dasselbe sagen will, in Handhabung der Reinlichkeit im allge-
meinsten Sinn eine Beschränkung eintreten lassen, oder enorme Mengen von Schmutzwasser
abfiihren zu müssen. Mit Herstellung eines Spülsystems erwuchs aber auch die Nothwendigkeit,
das Schmutzwasser so weit möglich wieder zu reinigen, ehe es in den nahen Fluss abgelassen
wird. Dieser Verpflichtung durfte sich das Krankenhaus nicht entziehen, wenn auch formelle
Gründe einem einfachen Ablassen zur Zeit der Beschlussfassung nicht entgegen stunden. So
musste also eine Reinigungsvorrichtung des Schmutzwassers vorgesehen, und damit die Er-
richtung des Desinfectionshauses nach dem Süvern’schen Systeme unter allen Umständen be-
schlossen werden, da dieses den sanitären Anforderungen von allen vor etwa fünf Jahren, und
auch jetzt bekannten Einrichtungen am besten entspricht. Zu anderweitigen Versuchen, etwa
einer Versuchsrieselstation, waren die örtlichen Verhältnisse wenig einladend; auch darf man
zweifeln, ob das Schmutzwasser eines Krankenhauses gerade das geeignete Material dazu
bildet.

Nach dem Beschluss, das Desinfectionshaus zu errichten, konnte es noch fraglich sein,
ob auch die übrigen Einrichtungen des Systems, namentlich die Tröge anzunehmen seien. An
sich steht der Einfügung von Water-Closets nichts entgegen. Welche von beiden Abtrittfor-
men vorzuziehen sei, dürfte von localen Verhältnissen abhängen, davon nämlich, ob von der
Krankenhausbevölkerung der ordnungsmässige Gebrauch der Closets vorausgesetzt werden darf.
Im bejahenden Falle wird man unbedenklich guten Water-Closets den Vorzug geben als der
das Auge am wenigsten beleidigenden, und auch in hygienischer Beziehung vollständig ge-
nügenden Form; der Zusatz der Desiufectionsmasse kann dann in den Sedimentirbassins des
Desinfectionshauses geschehen, und ist nicht anzunehmen, dass die Excremente auf dem Wege
vom Abtritt zu den Bassins eine merkliche Veränderung durch Fäulniss erfahren. Ohne ein
genügendes Verständniss oder eine gewisse Gelehrigkeit der Kranken können aber die besten
Closets zu grossen Unzuträglichkeiten führen, bald zu maassloser Wasserverschwendung, bald
zu einem unerwarteten Grade von Unreinlichkeit.

Bei den Süvern’schen, bezw. Huck-Roeber’schen Abtritten ist eine Mitwirkung der Be-
sucher zur Instandhaltung des richtigen, zweckentsprechenden Zustandes absichtlich ausge-
schlossen. Dieser wird durch den Diener, welcher alle 24 Stunden den Abtritt reinigt und
zum weitern Gebrauch herstellig macht, gewahrt. Eine Störung des Betriebs ist auch bei
grobem Unverstände der besuchenden Kranken und bei grosser Nachlässigkeit derselben nicht
möglich, selbst kaum bei gelegentlichem Muthwillen. Eine Verunreinigung der Luft durch Aus-
dünstungen des Troginhaltes findet nicht statt; die Luft des Abtrittraumes enthält nur Spuren
der flüchtigen Theerbestandtheile und ab und zu etwas Ammoniak. Ein Anhaften der Excre-
 
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