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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1845 (Nr. 1-12)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1496#0030
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ten Dorherrschtn hoher und grcll von einnndrr abstechender Töne, LieHnl-

tung colorirtcr Zeichnunqen vcrlciht. Wegcn der Zusammensetzung
der älcesten Glasmalereicn aus sa kleinen, mikunterwinzi'gen Stückcn
hat man vielfach behaupl.k, sie sei eine absichtliche gewesen und gede
gerade den Bsweis ab, dak unsere Kunst von einer Nachahmung dcrM o-
saik ausgegangen sei. Der Verfass.r ist nicht dies.r Meinung, sondrrn
nach ihm beruht diese Eigenschaft aitec Klasgemälde vielmehr auf «i'ner
technischen Nothwendigkeit. Die alke Wcjle, nur ganz kleine laußerdcm
runde, in dcr Mitte dick.re) Fensterscheiben (varr>-8 ü k,»i>lin«) zu blasen,
welche erst späk crweitcrt und v rvollkommnct wurde, blieb sich nakürlich
auch in dcr Fabrication dcr Sch.ibea zu Älasmalereien gekreu. Ueberdieö
war die Kunst, eine in allen Thcil.n gleichförmig gefärbte und rcine Scheibe
vrn ctwas größerm Umfange herzust.llen, wenn man je eine solche bcab-
sichtigte. in jcnen Zeitcn noch nichl ausgcbildcl; wenn dahcr auch einegrö-
ßcre Scheibe geblasen wurde, so kcnntc mindoch nur die einzelnen ge-
lun qenen Stellen ders.Ibcn zu dem grwünschten Zwccke verwenden. End-
lich liegt abw auch noch ein zugleich äsihekischer und lcchnischer Ärund in
der Mitte. Die Malerei, welche bci dcr Entstchung unserec Kunst vorzüg-
lich nuc m Anfangsbuchstabcn und Miniaturen für Handschrist.n
geübt war, hatre weder Geschmack noch HanLfcrligkeit für Darstcllungen
in sonderlich qroßen Proportionen, und so schcn wic in der Tkat auf
dcn ältesten Glasmalcrcien, sind sie auch im Ganzcn von großcr Dimcn-
sion, dic einzelncn Gegenstände in kleinen Vcrhalknissen ausgeführt, uud
da auch dicf« ihrer Vieisarb: keit wegen aus verschiedenen Elasstücken zu-
sammcngesetzt wcrden mußlen, so toiinien lchiete natürlich nuc von gan;
kleinem Umfange sein, — eine Beschcänkihett, welche sich mit der Enkwick.lung
drr Maleiei überhaupk und dcn Forischrittcn der Fabricalion farbiger
Gläser, besondcis seit d.m 14. Zahrhundcrt, veilor.

2. Aesthckische Eharakleristik.

Was die ästheiischc Entwickelung dcr Glasmalerci in dieser Periode be-
trifft, so sindrn wrr auf ihrcn gesammten Leistiingen dcn Stcmp.l dcs so
genanntcn byzantinischen Slyles, und zwar Anfangs j ne verschrobenen
Gcstalk.n, j.ne Wilikür in dcr Führung der Linicn, jene Schwülstigkeil der
Formcnbildung, welche sclbst hinlcr den Werken der karolingischen Zcit zu-
rücklaffen, später jenes strenae, typischcGefctz der Zeichnung, jenes Slre-
ben, die Formen dcr Gestalien üderall in scharfec und bestimmter
Weise zu fass.n und möglickst in symmetrischer Ordnung vorzufiihren,
die am schärfstcn in den Linien der Gcwandung rnd dcn beigcordnctcn,
ganz nack Ark der Arabesken bchanocltcn, ja, nicht sclten mir dcn übri-
gin Thciien der Darstclliing zu ciacr Arabcske slch verschlingenden Gegen-
ständ.n «uis der Thier- und Pflanzcnw.lr hervvrtrikk. So wie dcr bildcn,
denKunst diescr Zcit überhaapl w. srntlich ein a rch i tek ko n i sche sPrincip zu
Grunde lag und sie mchr d.n Eharakter cines Ornaments krug, war
dicscs um so mehr und laiigcc in der Glasmasirci der Fall, als hicr schon
die Unbeh olfenhrit des Materials einem frcien Schwunge im
Wege stand; ja, cs thak rnsece Kunst noch gegen das Ende des 1Z. Jahr-
hunderts, als tie übr'ge Malcrei bereils ein.n grcßen Schritt zur höhern
Belebung, Jndividriaiisirung und Nakucwahrhijt gelhan und den so gc-
nanntcn germanischen Styl auc-gebüdet, eincn mächiigen Rückschrilt von
dem Typus der Ornament-malkrci zur wirklichen, indcm sie sich begnügte,
d!e F nstec mit Blumen- und Pflanz.ngewinden, mit Grotesken, deren
Werth i'n ikrem bunien, übrigcns immcr dcm Style der Räumlichkeit ent-
sprechendrn, Farbenspicle lag, und den so genannten Grisaällen, farbi-
qen Zieralhcn, wclche die weißcn Gläser der Fenster durchkreuzten, zu über-
spinnen. So wurde auch die in jener Aeik b.sonders durch die Turniere
immer weitcr v rbreileke Wappenschildcrei von unsercr Kuast, als diescr ib-
rer Richlung besonders z isagend, mil B gicrde aufgenommen und selbsl
durch die übr'gen ihrrr ältcren Pcriodcn mit sa mehr Vorliebe gepstogen,
alS sie häusig dazu angcwendek wurde, die Slistcr von Kirchengttismale-
reien, wclche sideroies nicht sclken ikre Bildnisse auf letztere anbringen lie-
ß.n, der Nachwell namhaft zu machen. Wenri nun auch im 14. J ihrhun-
dert dcr immrr höhere Aufschwung der Malcrc! überhaupk, wclcher sich be-
sonders in dcn letzten Jahrzek.ndcn desselben in den Leistungen der köln er
Schule kund gab, in jeder V zickuag von bedeutcnder Rückwirkunq auf
unsere Kurst sein mußie und in der Lkat veranlaßke, daß sie das Orna
men t nicht mehr zu ihrer ausschlicßenden Aufgabe sctzke, sondern zur
Erfüllung des hök rn und eigcntlichcn Bcrufs der Malerei, zur Schildc-
rung similicher Erscheinungen in ihrcm Bezug auf ein hökereS geisti-
ges Verhältniß zurückkehrle: so geschah diesrs doch nickt, um dem Orna-
mcnte gänziich ;u cntsaqcn, vielmehr bediente sie sich dcssen auf eine ganz
rigenlkümliche Art zur Nusstaltung, Verherrlichung und Ergänzung drs in
drr historischen Hauplausgabe walkcnden Symbols. Aus reich.r Umran-
kung von Blürhen und Fruchtqcwlnden blick.n nunmekr die Heiligenbildcr
mild und crnst nieder, von reichen gothischen Baldachinen sind dic Grup-
pen aus der heilig.-n Geschichte ubcrwöikk, ja, wie ein hoher Dom stcigt
eine prächkige gcmalke Architcklur die ganze Höhe dcs Fensters hinan und
trägt in idcen wundcrsamen Gestocken und Vcrschränkungen nicht selten
cinen großcn lyplschen Eycius götllichcr Offenbarunqen aus drm Judcn-
und Eyristenthume. Dabe! weht aus dem Ganz-n cin warmcr Hauch jc-
nes romantischen Elemenrs, welches seik dem 13. Zahrhundcrt das Le-
ben und die Kunst nach allcn Richiungen durchdrang, ein« zark« Verschmel-
zunq des Erhabenen mit lirblicher Naivekät und MUde, ciner idealen
Auffassung mit dem Streben nach naturgetreu er Aurführiing, dercn
Form.n das Gcpräge ei'nes schon geläukcrken SchönheitssinneS tragen, daß
das Nuge mit Wohlqefallen an dem Einzelnen hängt. während das Hcrz,
vom Totale.ndnick mäcktig crfaßt und in jene innig-rel ig i ö se Skimmung,
wie si'e aus der Darstcllung s lbst sprichk, vcrsctzt wird. Dieser trcsslichca
Schi.derung dcs äslhekischcn Eharakters dcrGlaSgcmäibe aus der eisten Pc-

rkode der Kunst treten wir mit der Beschränkung be«, daß dasOrna-
ment zu keiner Zeit die ausschließiiche Aufgabe dcr Künstler qewesen. Ze-
drs Kunstwerk, welches im Mitkelalter zmn Schmucke ciner Kirche diente,
stand in inniger Beziehung mit dcm Orte, für den eS bestimmt w«r, mit
den hriligen Handlungcn, die dort vcrrichtel wurden, und hatte cine weit
höhere Aufgabe, als blvß einc liebliche und erqnickende Angenweide
darzustellen. Hr. v. Weyden drückt stch über dicsen Gegcnstand cben so
schön als wahr aus, weun cr sagt: „Schon in den crffen Zeiten, als
man nur aus bunifarbigen kleinen Schciben Mosaiken zusammensttzte, nm
mit dicsen die Fenster der Kirchcn zu schmücken, geschah dies.s sichcr, um
dem Ocke, wo die heiligcn Gehcimnifss d.s Christenthums beganqen wurden,
etwas Geheimnißvolles, eine feierliche Stimmnng zu verleihen.
Als die Giasmalerci stch aber mehr ausgebüdet, als man einzelne Heili-
ge, Sc.nen aus dem allen und neuen Tcstamente, aus dem Leben dev
Heiligen malen konnte, dienken ebcn dicse Bildcr zur Belehrung und
zur Erbauung der Gläubigen, wie sogar manche Jnschrifcen von Ge-
schenkgebern a:-:f Glasgcmälden diestn Zwcck bestimmt aussprechen und
es die auf den Fcnstcrn anqcbrachtsn Legenden bcw.istn. Durch die Glas-
gemäldc wurden die Fresken und kostspstligeren Musivbildcr erstht,
welche bis zur allgcmeinen Verbreltung des germanischen Baustyles diestl-
ben Zwecke erfüllten. Als Ersatzmikkci für diestn Schmuck, welcher zugleich
bie Andacht der Menge erh.ben, ihr durch das Auge die Lehren nnd Wahr-
heiten drs Christenkkums zugänqüch machcn und lebendig erhalten sollte,
dienlen jctzt dst Glasgemalde." (S. „Domblatl" Nr. 69, 79.)

B.vor der Verfasser mit dec Aufzählung der einzelnen Kunstieistungen
und bcr Mcister der ersten Periodc beginitt, wicft er noch einen Bück auf
dcn Gang, den nach stiner Ansicht die Verbreitung unserer Kunst von
Deutschland aus durch die übrigen Ländcr Europa's innerhalb diests Aeit-
raums genvmmrn. Demnächst „scheint sie sich zuerst nach Frankreich und
Zngland gewendet zu haben, denn hier wie dort zeigen sich ihre erffen
Spuren gegcn das Ende d.s 12. und im Anfange des 13. Jahrhunderts."
Wahrschcinlich ist diest Nngabe cjn bloßcr Dcuckfehler und soll wohl
heiß.n: in der erstcn Hälfte und im Anfange der zweiten des
12. Jahrhunderts, weil der Text also forlfährt: „Kaum waren unter
Abt Suger (1140) dir ersten ^enster für die Abici Sk. Denis m Frank-
reich ausgcführt, so schenkte die Königin Elconore von England (1155) der
französischcn Gräsin Agnes von B.audemont, Gemahlin dcs Grafen Ro-
bert von Dreux, ihrex Verwandtin, eine englische Glasmaierci, die später
zum Wchmncke dec Prämonstratenstr-Abtei Braqns le Eomke diente." Der
Berfasser führt noch mchre geschichkliche Thatsachen an, wekche das erste
Auftreten der Glasmalerei in Enqland !n der zweiken Halste des 12. Jahr-
hunderls außer Awcif.l sttzen, nnd läßt dcn U bcrganq d-r Kunst aus
Deutschiand nach Frankreich di- schönen Ustr des Rheines ent-
lang geschehen, indem ec sagt, daß die Elasmalerci schon zur Zsik ihres
ersten Auftrckens in Fcankrcich, am Rhcin und im Elsaß, z. B. inKöln,
in und um Straßburg (in Oberchnhcim) blühte. Wir bedauern
recht schr, Z>aß wir hier, obglcich geborner Kö lncr, nichk einstimmen
könncn, indcm wir die geschichtliche Wahrheit dem Drange des Her-
zens nicht aufopfern dürstn. Wir haben k.ine Vcw ist (und der Verfafstr
führt auch keine an), daß die Kunst bei ihrem crsten Auftrcten in Frank-
reich schon hicr in Köln ihre Blüchen cnifalkct habe; denn hier sind keine
Glasgcmälde aus dem 12. Jahrhunderk bekannt. Die in Sk. Cunibert,
dekanntüch die äitesten Kölns, fallcn wahischeinlich in die Mitke des 13.
Jahrhunderts, in die Zeik des Wiederherstellungsbaucs dec Kirche durch
Konrad von Hochstaden. Die im Domchore und in den Ehörchen der Ehor-
rundung qchöccn in den Anfang des 14. Jahrhunderks. Oberehnherm
dei Straßburg möchte eher als Köln darauf Anspruch machcn können, In-
dem sich dort in cin.m al'en Fenster des Rathhausts e!n Glasgemälde be-
finder, den Herzog Athalrich vocstellend, wie ec stiner Tochker Aliüa das
von ihm errichccte Kloster üb-rqibt, so wie ein ähnliches im Krcuzgange
d s KlosterS Hohenheim, die beids !n das 12. Jihrhundert fallen. (S.
Silbermann, Beschreibung von Hohenburq, Slraßburq, 1781.) Jn Bezug
Englands kann die Kunst, gemäß der Meinung dcs Verfassers, eben so-
wohl von Gvslar, Hildesheim, Münstcr durch die Niederlande,
a!s crst von Frankreich aus ihcen Weq nack den brilisch n Jnstln ge-
nommen haben. Letztcres >st abcr ivahrschemlicher, da beide Länder von
1066 an durch Krieg und Handel in fortwährenden Dejlkkungm waren,
auch England die längste Zeit aus Frankceich, namentlich Rvucn, die zur
Glasmalcrci nölhlgcn gefärblen Gläser, nicht aber, wie Fiorillo irrthüm-
iich bcrichtet, wirkliche Glasmalercicn bezogen; ungleich später, als
nach Frankreich und England, wendeke sich unscre Kunst nach der
Schwciz, Ztalien und Spanien.

Der Verfaff-r gibt nun Vvn Seite 66 bis 90 von den Kunstlci stun-
gen der crsten Pcrwde «ntwcder historischc Notizen über ihre frühcre Exi-
stcnz vder kurze Beschreibungen dex Glasgcmilde, beg'nnk in stäker Hin-
weisunq auf die Quellcn, welchc erbcnutzt, mit den inDeutschland und
den Niederlanden'vorkommcndcn, geht dann zu jcnen Frankrcichs,
Englands und dcr Schweiz übec und macht mit Ztalien dcn Be-
schluß.

Den Andcutunqen und Beschreibungen dcr Kunstmerke folgm Mitthek-
lungen über die Lebensverhälknisse dcr cinzelnen Künstler. Warum manche
seincr Notizcn und B.schreibungen nur dürftig ausgefalken, entschuldigt er
auf folgmde, nach unstrec Anstcht hinrrichmde Wüst : „We. n abcr d!e
Aufzahlung diestr Kuustleistungcn häufig «ir bloßen Nomenclatur herab-
sinkl, anstatt durch eine charakteristjsche Darstellung des Einzelnen dcm
Geiste auch ein anschauüches Büd davon zu gew.ihrm, so lregt das wahr-
üch nichk an unS. Die meisten derstlben erlagrn längst, und ehc man an
kunstgeschichtliche Siudien je dachte, den Skürmen derZük, und was noch
vorhandm, ist bei scinsr Zerstreuung ducch ganz Europa auch nur in er-
nem Theile zu sehen und hierauf eine Beurlhriiung zu fußen dem Ein-
 
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