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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1845 (Nr. 1-12)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1496#0093
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tveihten «»d i« architektonischer Bezkehung so merkwürdigen Tauf-Capelle
von der Tünche befreiten Wandbilder: eine h. Calharina, die Martyrer
St. Stephanus und Sk. Laurentius und verschiedme Sngelfiguren flnd ih-
rer freien, anmuthigen Zeichnung, des schönen, nicht convmtionellen Fal-
tenwurfs der Gewander und der Frische des Colorits wegen besonders be-
achtenswerth; fie gehören zu dem Schönsten, was uns in Köln von die-
sem Zweige der Malerei aus dem Anfange des 15- Jahrhunderts erhaltrn
wurde. Der Chorbau der Kirche St. Maria auf dem Capitol war ursprüng-
lich auch durch Wandgemälde verziert. Sie sind ganz verschwunden. Es
befindet sich in der Chorrundung nur noch ein alter Reliquienschrein im
Spitzbogenstyle, der ursprünglich auch mit Malereien verziert war. Merk-
würdig stnd die herrlichen Bildcr der 1466 gestifteten St. Salvator-Ca-
pelle, sowohl in Figuren, reichen Composttionen, als cinzelnen Gestalten und
Gruppen, welche leider 1757 ebenfalls übermalt wurden, jedrnfalls cin Werk
aus der letztrn HLlfte des 15. Jahrhunderks find und zwei verschiedene
Meister verrathen.

Hinter der in der nördlichen Vorhalle lisgenden Küsterwohnung bcfindet
flch im Keller eines an die Kirche geklebten Baues das Börnl-in der seli-
gen Jda, welche der Tradition nach in dicsem Hause gewohnt haben solk,
Lessen Erdgeschoß auch mit Wandbildern verziert war, die aber gänzlich
verdorben stnd.

Die Kirche der hh. Npostel und St. Martin waren ursprünglich mit
Wandgemälden geschmückt, wie denn auch die 1247 restaurirte K rche des
H. Cunibert. Auf den Maueiflächen der Nebenschiffe sinden wir noch ein-
zelne Spuren. Auf den dem Chore zunächst liegenden Pf-ilern des Haupt-
schiff.-s hat man beim jüngsten Restaurationsbaue die Bilder dcs h. Cle-
mens, des h. Cunibert und der beiden h. Ewalde, der Schutzheiligen der
Kirche, von d-r Tünche befreit. Die übec L.bensgröße gehaltenen Figuren
im vollen bischöflichen Ornate überraschm durch eine gewiffe Kcckyeik in
der Aeichnung, Fceiheit des Faltenwurfes der Gewander und Lebendigkeit
der Färbung. Für die Kunstgeschichte merkwürdig rst auch das mit virlen
Heiligen- und Engels-Figuren polychromatisch ausg-malt- Ciborium oder
Sacraments-Häuschrn, wahrscheinlich noch dem Restaurationsbaue unter
Konrad von Hochstaden angehörend. Die Kirchen St. Cunibert wie Sk.
Gereon rühmten sich einst der am reichsten mit schönen Miniaturen und
niedlichen Jnitialen ausgestattsten Chorbüchir. Diese Kunstschätze stnd ab-
handen gekommen, wiewohl fie, als beide Kirchen schon Pfarrkirchen ge-
worden, noch vorhanden waren. Sk. Cunibert hat deren noch zwei, nach
der Aussage von Männern, welche die Chorbücher allr gekannt, aber ge-
rade die an Kunstwert^ unbedrutendsten. Die aus Sk. Gereon stnd alle
spurlos verschwundrn. Wie schwek und sündhast hat man in Köln gegen
die Äunstreliquien gesrivelk, und meist eitlen Gewinnst.-s wegen!

St. Johann wac mit Wandbildern ausgestattet und hatte die reichsten
Glasgemälde, wie auch der Kreuzgang deS Carchäuser-Klosters, welche die
ganze Geschichte des alten Testamentes vvrstellten, am Ende dcs 14/Zahr-
hunderts ausgcführt und bei der Aufhebung des Klosters größtenkheils,
bloß des Einsaffungsbleies halber, zerschlagen wurden. Jch führr dieS Bei-
spiel nur an alS Beweis, mit welcher barbarischen Rohhsit man in Köm
mit den Kunstschätzen verfuhr. Der Kreuzgang des Carmeliter-Klostecs
war auch reich mit Wandbildrrn ausgeschmückt, Scenrn aus dem Lebrn
der h. Jungfrau, durch Legrnden erklärt. Mit dem Anbaue der Räume für
die Gewerbeschule gingen die letztm verloren. Dies« Bilder zeigten schon
Hinneigungen zu einer richtigen Linear-Perspectivr und gehört n dem Ende
des 14. Jahrhunderks an, denn drr Kreuzgang ward um das Jahr 1370
aufgeführt, nachdem der Neubau der, längst eingestürzken, äußerst zierlichen
Kirckc 1363 durch den Provinzialen deS Ordens, Godschalk, vollendet wor-
dm St. Severin hat auch noch einige Ueberbleibsel seines ursprüngli-
chen Bildschmuckes, sowohl in der Krypte als in der Sacristei.

Zch muß hier aber auch noch einer Reihe von Wandbildern erwähnen,
die einige Kreuzgewölbe eines Theiles des alten CapitelsaaleS drr Abtei
Brauweiler schmücken, welcher jetzt als evangelischer Betsaal der Arbeits-
Anstalt benutzt wird. Diesc G-mälde stellen in bunter Anordnung einzelne
Scenen aus dem L-ben verschieden r Mar.yrer und aus der Bibel dar, und
«urden durch den seligen Schinkel, wenn ich nicht irre, schon 1816 entdeck-
und üuf seine Veranlaffung von drr Tünche und der geschmacklosen Ueber-
malung befreit. Die Kirche und das alte Kloster, aus dem der Capilelsaal
noch herrührk, ist ein wahres Kleinod dcs romanischen Stylcs und rn ihrer,
rinen fthr gewandten Meißel und reiche Phantasie verrathenden Ornamen-
tik der Capitäle, Wulste, Simft, Choreinschließungen, Kragsteine, d.s
AntependiumS des Hochaltars u. s. w. daS schönste und merkwürdigste
Bauwerk dcs 11. Zahrhunderts, welchcs der Regierungsbczirk Köln aufzu-
weisen hatDie bekannte reiche Königin vvn Polen, Richeza, die jüngste
Lochter des Pfalzgrafen Ezo oder Ehcenfried und MathildmS, dec Schwsster
Kaiser Otto's »>., deren Hand stch jener im Schachspiele gewann, war die
Erbauerin des Klosters und der Kirche, welche Erzbischof Anno von Köln
im Jahre 1061 am 29. October zu Ehren des heil. N colaus einweihte.
Die Bilder mögrn demnach auch aus der letzten Hälfte des 11. Jahrhun-
derts herrühren und bekunden eine nicht geringe technische Fertigkcit, doch
keine Jdee vvn perspectivischm Verkürzungen, stnd aber jedenfails das Ael-
teste, auch ziemlich Erhaltene, was wir von Wandmalcreien in KSln und
Umgegend besttzen. Es wäre zu untsrsuchen, ob die Gimäide der Gewölbe
der andern Hälfte des Capitelsaales noch heraus zu sinden stnd.

Aus dieftn nur flüchtigen Andeutungen ersieht man, wie frisch lrbmdig
fchaffend die Malerkunst schon im Anfange des 13. Jahrhunderts in Köln
dlühte. Nicht aber allein der Dienst derReligion, auch der mächtigeWohl-

Kvlonins, äe sämir. sso. «t eiv. Maxmtuäiao koloniae, paa 479.
'O) Jn F. Lenhart's Sammlung von Gypsabgüssen architektonischer
Ornamente findet man einzelne der schönsten Motive, welche das
Gesagte bestätigen werden.

stand deS Bürger» gab ihr hier die reichst« Nahrung. Die Bequemli-^
keiten des LebmS, ftine Annehmlichk-lten. welche der kölnische Kaufherr
auf ftinm writm Handelsfahrten nach Nord und Süd, nach Ost und
Aest kennm lernte, machte er sich in der Heimat bald eigen, und so sahen
wir auch schon um diese Zeit, außec der Anwmdung der Glasmalereim
m Privatwohnungm, einzeine Gemächer derftlben ganz ausgemalt "). Eine
Silke, welche wir in dm altfranzöflschen und deutschen Heldengedichken dieser
Periode oft erwähnt sindcn und welche die Kreuzfahrer auch nach dem
Morgenlande brachten, dmn in Pkolomais, der letzten Hauptstadt der Chri-
stsn in Syrien, werden die Malereim im Jnnern der Gemächer der Häu-
ser gegen das Ende dieses Jahrhunderts besonderS gerühmt "). Daß in
Köla aber am Anfange drs dreizehnten schon hochgeftierte Maler lebten,
davon grbt uns Zeugniß Herr Wolfram von Eschenbach; den» in ftinem,
um das Zahr 1205 ausgearbeiteten Parcival singt er, daß kein Maler zu
Köln oder Maestcicht eine Kriegergestalt so schön gemalt haben wücde,
wie der junge Parcival zu Rvß ausgefthen, als ihn Jwanet ritterlich ge-
rüstet in den Waffen des von ihm erschlagmm RitterS, Jther von Gahe-
vieß. Zns ferne Baierland war also die Kunde von Kölns tüchtigen Ma-
Isrn schon gedrungen, denn Herr Wolfram war ein Baier. Er mochte auf
ftinen Sängerfahrten auch vielleicht schon einmal das mächtigr und kunst-
berühmte Köln besucht haben. Jm Parcival kommen übrigens mehre An-
beutungm auf die Mal-rkunst vor, aus dmen sich schiießen läßt, daß Por-
traitmalerei zu Wolftam's Zeit auch gerade nichts Srltenes war. Was wkr
in Köln aus dieftr Periode besttzen, stnd die auf Schiefertafeln mit schar-
fen Umriffm gezeichneten und dann colorirten, sitzmden Apostelbilder, in
der Kieche St. Ursula aufbewahrt, wrlche die Jahreszahl 1224 (?) führen.
Wie unbedeutend diese, leidcr überpinftlten Bild-r in techniAer Hinficht
flnd, so sieht man doch in Aeichnung und Auffafsung ein Streben nach
fteierer Bewegung, ein bestimmk-s Lossagen vom byzantinischm Typus.

Aus dem Anfange des 14. Jahrhundects mögen dir drei Tafelbilder
ftin, welche in der Tauftapelle der Kirche St. Gcreon aufbrwahrt werden.
si« sind auf Goldgrund, auf 3 Fuß hohe und 2 Fuß breite Marmorplat-
t.n gemalt und stellen die h. Jungftau dar, di- voc dem JesuSkinde kniet,
von Engeln umschwebt, mit der Legende: Kleri» in exeelsis Doo, die h.
Catharina, auf Rad und Schwert sich stützend, und dm h. Philippus, eine
Hand auf die Schulter des knieenden Donalors „kkilippus! se Uuent,
presba'tor" legend.

Wie ich schon oben andeutete, war im 13. und 14. Jahrhundert neben
häusigerer Anwsndung von Glasmalereien in den hohen Fmstem der Bau-
werke germanischm Styles die Ausschmückung drr Kirchcn durch Wand-
malereien in Köln allgemein. Wo eine Kirche nur irgmd «ine Wandfläche
oarbot, wurde ste auch bemall, wie dies die, leidcr! spärlichen Sparen in un-
serem Dome noch zeigen. Dir ScheidewLnde der eiazelnm Capellen, die
stch um den Chor reihen, die Seitmwände, so wie die Außrnftitm der
Zrüstungen, w.lche dm Chor von ftinem Rundgange scheiden, waren alle
und zwar reich mit Malcreien ausgeschmückr, deren Farbenreiz sogar noch
vurch mustvische Anwendung von farbigem Glasschmelz gehoben wurde.
Hier um das Allerheiligste waren die Chöre der Selrgen geschart. Dem
Andachligm waren hier im farbenlebmdigm Bilde (denn ftibst di« Stand-
bllder suchte man durch Farbmschmuck zu belebm) die Hauptmommte auS
dsr Geschichte drs alten und neuen Bund.s, cinzelne Scmen aus dem
Leben des HeilandeS und der gottbegeisterten Heldm der Kirche, welche
die görtlich? Wahrhsit der Lrhre des Erlöftrs mit ibrem Blute bezeugtm,
vor die Sinne geführt zur frommrn Erhebung ihrer Andacht und zur gläu-
bigen B-lehrung. Jm Jnnern des Chores war di« höchste Pcacht ent-
wickelt. AlleS stand, von dem ernst mildm Farbenschmucke der beiden Fm-
sterreihm bis zu den reich ausstassitten Standbildrrn des Heilandes, sei.
ner Mutter, dec zwölf Apostel und dcn Wandmalereim an der untern
Einfassungsmaurr, in der gefälligstm Harmonie. Jn den Zwickelfeldern der
Bogen waren auf, durch flachrrhabene, rosettenartige Verzierungen gehobe-
nem Goldgrunde große langbeschwingte Engelfigursn grmalt, welche auf
Handorzeln, Cythern und ähnlichm Jnstrumrntm mustcirtm, wie auch
die Engelfigürchen über dm Baldachinen der Gtandbilder. Die Engel in
den Zwicksin um die Chorrundung, den Platz deS Allerheiligsten, trugen
aber Weihrauchgefäße und schwenkten Rauchfäffer. Die Engelscharen soll-
im hier anbelmd dcn Ewigen loben und preisen in Gemeinschast mik den
ftommm Gläubigen. Bei der Wiederherstellung deS Jnncrn des Chores
entdeckke man unter der Kalktünch-, mit welcher ftjt dem Ende des 17.
ZahrhundertS der Chor zu verschiedenen Malen heimgesuchk worden, diesr
Zngelfiguren, welche, mit Tempera-Farbsn gemalt, ducch den Kalk zu viel
geliltm hatten, um wieder hergestellt werdm zu können. Die Umrisse wa-
ren jedoch bei Einzelnen noch so weit erhalten, daß man die Motive der-
selbrn in ihrer kindlichm Einfachheit bei der Erneuerung der innern Aus-
staktung des ChoreS, welche wir, wie bekannt, der hochsinnigen Kunstliebe
unftres Königs ;u verdanken haben, benutzen konnte, ja, benutzen mußke,
worauf auch schon Boifferee in ftinem Domwerke hingewiesen Sv
poetisch schön die von Sleinie gemalken ncum Engelfigurm auch gedacht,
wie meisterhaft fie gezeichnrt stnd, sis wirken, nach meinem Gefühle, störend
in der gewaltigm Harmonie d S Ganzen. Auf eine eigme Weise befrrm-
dend treten mir hier dieft Gestalten entgegen, wie anmuthvoll edel d!e
meisten auch gehalten find; und Viele hab' ich gehört, welche dassrlbe
Gefühl mit mic theilen. D-e in diesm Engelfigurm auSgesprochene Eym-

") Mau vgl. meine Beschreibung des Hauses Overstolz zur Rheingasse.
'^) Alioliuuil, llistoire äos vroisuävs l,iv. XVIII. tom. 5. P. 15g. Der
h. Dernard (1091—1153) eiferte fcho» gegen diese Sitte. Vgl. vper»
8. Seriinräi. roia. 1. p. 545.

") Siehe Boifferse, Geschichte und Deschreibung des Komes zu Köln.
Seite 94,
 
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