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Körte, Gustav
Göttinger Bronzen — Berlin, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.15658#0039
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GUSTAV KÖRTE,

Haar ist mit Binden umwunden, die mit Kreuzen verziert sind; so entsteht eine
Art Haube, die nach hinten in die Höhe geht. Es ist der Kopfschmuck der vor-
nehmen Etruskerinnen, in Rom der Gattin des Flamen Dialis, der Flaminica,
eigentümlich, die Bezeichnung tutulus vielleicht etruskischen Ursprungs. Vorn,
über der Stirn, ist ein hohes mit eingeritzten Kreisen verziertes Diadem aufge-
setzt. Ein weiterer Schmuck sind große runde Ohrringe. Die Augen sind sche-
matisch gebildet, auffallend groß und ungleich, der Augenstern eingeritzt. Der
1. Arm ist in die Seite gestützt mit flach an der Hüfte liegender Hand, der r.
Unterarm vorgestreckt mit der Handfläche nach unten. Die Finger beider Hände
sind nur durch Gravierung angegeben.

Die Figur zeigt die Vorzüge und Schwächen archaisch-etruskischer Arbeit:
saubere Technik bei auffallendem Mangel an Verständnis für das Organische.

Ähnlich, aber von feinerer Arbeit und reicher ornamentiert, ist die früher
im Museo Oddi, dann in der Sammlung Bartholdi befindliche Bronzestatuette im
Antiquarium des Kgl. Museums in Berlin, Friedrichs Berlins ant. Bildwerke II,
2155*). Hier ist der tutulus nicht schräg nach hinten, sondern gerade in die
Höhe gerichtet, nahe dem unteren Ansatz von einem Reif umgeben. Andere
ähnliche Bronzefiguren z. B. bei Babelon-Blanchet Oat. d. bronzes ant. de la bibl.
nat. Nr. 213 ff. Zu der gewöhnlichen Deutung auf die sogenannte „etruskische
Venus" liegt kein Grund vor, es sind gewiß Bilder von sterblichen Frauen, gleich
denen von Priestern und Opfernden der Gottheit dargebracht als Ersatz von
lebenden Dienerinnen.
Tat. x. 8. (Ml. H 708). Stehender Herakles mit Keule und Blitz.
H 0,14. Abgebrochen beide Füße und die linke Pranke des Löwenfells sowie
der untere Teil des Blitzes. An den Bruchstellen der Beine sind Löcher einge-
bohrt zum Zwecke der Aufstellung. Aus der Sammlung Dresse!.

Herakles steht mil etwas vorgesetztem 1. Bein, bekleidet mit dem Löwen-
feil, dessen Rachenstück über den Kopf gezogen ist, während die Vorderpranken
auf der Brust verknotet sind. Das Fell liegt eng am Körper an, auf dem Rücken
bis oberhalb der Glutaeen reichend; der kurze Schwanz hängt, frei gearbeitet,
zwischen diesen herab, die Hinterpranken ebenso (wie aus Blech geschnitten), zu
beiden Seiten des Körpers. In der erhobenen R. die Keule, in der L. der Blitz
in Gestalt einer Blüte und Knospe, die gegenständig mit einander vereinigt sind:
eine Form des Blitzes, die an mehreren archaisch-etruskischen Werken wieder-
kehrt x).

Die Figur ist keineswegs ein „treffliches" Werk (Hubo), sondern eine ar-
chaisch-etruskische Arbeit von unbeholfener, roher Ausführung, völlig unpropor-

1) Abgeb. bei Micali Ant. Monwm. (1833) t. XXXIII, 1. 2 (Ausg. von 1810 tav. XV); danach
Martha Vart etr. p. 505 Fig. 339; Conestabile, Mon. di Perugia IV tav. LXXIII—XCIX, 1 (nach
Abguß, daher ohne die gravierten Ornamente).

2) Vgl. Jacobsthal, Der Blitz in d. oriental. mid griech. Kunst. 1906. S. 16 Fig. 24 und die
Bronze in Cortona Micali Ant. Mon. XXXII, 4 = Reinach Eep. II, 82, 6.
 
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