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Körte, Gustav
Göttinger Bronzen — Berlin, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.15658#0010
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GÖTTINGER BRONZEN.

7

I.

Figuren aus einem unbekannten etruskischen Heiligtum.

Die im Folgenden besprochenen Bronzefiguren Nr. 1—6 sind seit dem Jahre
1905 im römischen Kunsthandel aufgetaucht und zu meiner Kenntnis gelangt.
Sie kamen'aus Chiusi, sind aber nach glaubwürdiger Mitteilung nicht dort, son-
dern in der Nähe von Siena gefunden worden. Daß sie zusammengehören macht
die gleichartige Patina, die Herkunft aus einem Heiligtum (nicht aus einem Grabe)
der Gegenstand der Darstellung fast zur Gewißheit. Durch Johannes Frei-
herrn von Diergardt nach und nach erworben, sind sie als dessen Geschenk
an mich gelangt, dann dem Institut überwiesen worden.

Wir geben zunächst eine Beschreibung aller 6 Figuren. Sie sind sämtlich
voll gegossen und unten mit einem mitgegossenen Bügel versehen, der zur Be-
festigung auf einer Basis mittels (an den meisten Stücken noch anhaftenden)
Bleivergusses diente

1. (M 12). H 0,115, mit Vergußbügel 0,125. Unbärtiger Mann, bekleidet Taf. l.
mit Chiton, der bis etwas unterhalb der Kniee herabreicht, und anscheinend zum
Teil gedoppeltem Mantel, dessen beide, mit zusammengeschobenen Faltenmassen
vorn herabhängende, Zipfel auf der Brust durch eine Spange vereinigt sind.
Beide Arme sind gesenkt und etwas vom Körper abgestreckt, die Finger ab-
gebrochen. Die rechte Hand war durchbohrt und hielt ein stabförmiges Attri-
but ; die linke war geschlossen und, nach Analogie von 2—4, leer. Am bemer-
kenswertesten ist die Kopfbedeckung: eine konische oben spitz zugehende Mütze
aus Filz oder Leder, um welche, etwa in Scheitelhöhe, eine flache Scheibe gelegt
ist. Zur sicheren Befestigung auf dem Kopfe dient ein Kinnband, welches an
der Stelle der (nicht angegebenen Ohren) sich gabelt. Die Füße sind nackt. Ein
besonderes Interesse erhält die Figur durch die in punktierten Buchstaben auf
der Vorderseite angebrachte Inschrift.

Auf der längs des r. Armes verlaufenden Falte liest man: temres; auf dem
Chiton, zwischen den beiden Faltenmassen: alpa; das schließende n dieses Wortes
auf dem unteren Teil der (1. vom Beschauer) anschließenden Mantelfalte. Auf
dem andern Mantelzipfel, längs des linken Armes endlich finden sich nicht so

1) Diese Art der Befestigung mittels Bügels und Bleiverguß war in Etrurien seit alter Zeit
üblich. Sie findet sich schon in dem sogen. Vertumnus aus Isola di Fiano im Museo archeologico
in Florenz (Not. d. sc. 1884 t. III) und an mehreren Bronzestatuetten aus Monteguragazza im
Museo civico in Bologna (Atti d. Lincei ser. 3 vol. XI. 1883 tav. I. II). Diese gehören dem V.,
der sogen. Vertumnus vielleicht noch dem Ende des VI. Jahrhunderts an. S. auch die Figuren
der Göttinger Sammlung Nr. 7. 12. 13.
 
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