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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (1. Lieferung, Römische Abteilung 1): Älteste Zeit und Punische Kriege bis Cannae — Leipzig, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.7153#0017
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Rom. Abt. Blatt 5.

Antonio anzusetzen. Der Paß, gegen den die Ochsen
vorgeschickt wurden, ist die tief einschneidende Senkung
von Pietravairano.

3. Meinungsverschiedenheiten.

Man hat versucht, dieses Ereignis am Volturno bei
Casilinum und hei Cales (Calvi) anzusetzen. Diese
Versuche sind auf derselben Karte zur Darstellung ge-
bracht. Ihre Unwahrscheinlichkeit ist Schlachtf. a. a. 0.,
S. 223 nachgewiesen. Neuerdings hat K. Lehmann die
eine dieser Hypothesen mit einigen Abänderungen wieder
aufgenommen. Er macht gegen meine Auffassung haupt-
sächlich geltend, daß man sich den Paß, durch den
Hannibal abgezogen sei, nach Polybios nicht als eben,
sondern als einen Bergübergang denken müsse und nimmt
das Lager des Fabius am Ettorehügel bei Calvi, das Detache-
ment, welches den Paß schließt, bei Taverna Torricella,
das Lager Hannibals nördlich Calvi, die Demonstration
gegen den Paß zwischen Punkt 407 und 466 an (s. das
Nebenkärtchen).

Bei diesem Lösungsversuch ist sehr bedenklich die
große Nähe der beiden Hauptlager, die kaum 1 km von-
einander entfernt sind, ganz gegen den Brauch der Zeit,
und noch schlimmer ist die Zumutung zu glauben, daß
Hannibal die ganze Nacht hindurch mit seinem proviant-
beschwerten Heere in langer Kolonne vom Lager seines
Gegners auf der Höhe nur etwa zehn Minuten entfernt,
auf der Via Latina abgezogen sein soll, ohne von Fabius
angegriffen oder überhaupt bemerkt zu werden.

IL Gerimiuni.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquellen: Polyb.HI, 100—105,Liv.XXII, 18—29.

Nebenquellen: Appian, 'Avviß. 15f.

Die Literatur ist aufgezählt Schlachtf. III 1, S. 248,
17 Abhandlungen, wo auch die eingehende Begründung
der folgenden Darstellung gegeben ist.

2. Hergang der Ereignisse.

Nach dem Durchbruch an der Callicula marschierte
Hannibal nördlich durchs Gebirge über Isernia nach
Aufidena, scheinbar Rom bedrohend, wandte dann plötz-
lich nach Osten um und erreichte über Bovianum lange
vor den Römern Gerunium im nördlichen Apulien, wo
er längere Zeit ungestört die fruchtbaren Ebenen ab-
fouragierte, um die noch fehlenden Vorräte für den Winter
zu schaffen. Denn er hatte noch keine Verpflegsbasis in
Italien (s. die Übersichtskarte). Sein festes Lager mit den
Magazinen lag unmittelbar bei dem eroberten Gerunium
auf dem ebenen nach Norden und Westen hin trefflich
geschützten Rücken nördlich des heutigen Colle d'Armi

am Rande der apulischen Tiefebene (s. die Karte Geru-
nium). Der mit 40000 Mann anrückende Diktator Fabius
schlug sein erstes Lager auf dem M. Calvo auf. Hannibal
ging ihm 16 Stadien — nicht ganz 3 km — entgegen und
schlug auf dem Höhenzuge von Casa Purgatorio ein zweites
Lager. Um eine zwischen ihn! und den Römern in der
Mitte liegende Höhe, den Hügel Malafede, kam es zum
Kampfe. Die Römer behaupteten ihn und legten hierher ihr
zweites Lager. Als Hannibal trotzdem seine Fouragierungen
und zwar mit 2/3 seiner Armee fortsetzte, griff der Reiter-
führer des Diktators Minucius sein schwach besetztes Lager
mit gesamter Macht an und brachte Hannibal in große
Not. Mit Mühe gerettet, zog er sich wieder ganz in sein
erstes Lager zurück, und Minucius, der jetzt dem Fabius
im Befehle gleichgestellt war, besetzte mit seinem Teile des
Heeres die Höhe von Casa Purgatorio, während Fabius
auf Malafede blieb. Durch diese Teilung war das römische
Heer so geschwächt, daß Hannibal es wagte, über das
tief eingeschnittene Tal des Canale della Botte zu gehen
und dem Minucius auf dem Hange unter dessen Lager
die Schlacht anzubieten. Minucius ging auf diese un-
erhörte Herausforderung sofort ein, ohne innezuwerden,
daß Hannibal in dem oberen Teile des Tales und seinen
Verzweigungen in der Nacht vorher Reiterei und leichte
Truppen gedeckt in den Hinterhalt gelegt hatte, die im
geeigneten Augenblick hervorbrachen und den Römern
in den Rücken fielen. Nur durch das rechtzeitige An-
rücken des Fabius wurde Minucius vor einer vernich-
tenden Niederlage bewahrt.

Obgleich diese Kämpfe zu keiner großen Entscheidung
geführt haben, sind sie doch kriegsgeschichtlich besonders
interessant, als einziges in den Quellen ausführlich er-
zähltes Beispiel eines von Hannibal geführten Positions-
krieges und wegen der Schlachtanlage, die mit ihrer
Überflügelungstaktik das Mittelglied zwischen Trebia und
Cannae bildet.

3. Meinungsverschiedenheiten.

Der Versuch, die Operationen in dieser Gegend örtlich
genau anzusetzen und so ein anschauliches Bild der von
unseren Quellen so ausführlich erzählten Vorgänge zu
gewinnen, ist vor unserer Darstellung in den Schlacht-
feldern überhaupt noch nicht gemacht worden. — Die
Hypothese, die Vorgänge nach Larino, etwa 25 km, weiter
nordwestlich zu verlegen (s. die Übersichtskarte), stützt
sich nur auf die zufällige Namensähnlichkeit der Orte
Gerione mit Gerunium und paßt nicht zu den Entfernungs-
angaben, die unsere Quellen auf 200 Stadien = 35J/2 krn
von Luceria und 8 Million = etwa 12 km von Teanum
Apulum angeben. Die ausführliche Widerlegung ist in
den Schlachtfeldern a, a. O., S. 55 ff. gegeben.

Kromayer.

Schlacht bei Cannae 216 v. Chr.

(Röm. Abt. Blatt 6.)

1. Quellen und Literatur.

HauptqueUen: Polybius III, 107—118; Livius XXII,
43—49.

Nebenquellen: Appian 'Avvtß. 21: Zonar. IX, 1; Fron-
tin II, 2, 7; Polyaen VI, 38, 3.

Die ältere Literatur bis 1911, 49 Abhandlungen, ist
Schlachtf. III, 278ff. aufgezählt, wo auch die Belege für
die folgende Darstellung zu finden sind. Neuerdings
sind hinzugekommen:

50: Kähler, Schlacht bei Cannae. Diss. Berlin
1912.

51: H. Delbrück, in Histor. Zeitschr. v. Meineke,
Bd. 109, S. 502, 1912.

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52: U. Kahrstedt, in Meltzer-Kahrstedt, Gesch. der

Karthager III, S. 426 f., 1913.
53: O. Viedebantt, in Neue Jahrb. f. Kl. Altertum

XXXVII, S. 321, 1915.
54: Konr. Lehmann, in Klio XV, 162ff., 1917.
55: H. Delbrück, Gesch. der Kriegskunst 13 1920.

S. 326 ff.
2. Hergang der Ereignisse.
Im Frühling 216 marschierte Hannibal überraschend
von Gerunium nach Cannae, nahm die dortigen Maga-
zine der Römer weg und schlug bei der Stadt sein Lager
auf. Die Römer folgten ihm, ohne Zweifel auf dem-
selben Wege über Luceria und Arpi (s. die Übersichts-

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