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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (4. Lieferung, Griechische Abteilung 1): Von Marathon bis Chaeronea — Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.7179#0014
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Griech. Abt. Blatt 4.

Der Rat des Demosthenes, jetzt die Belagerung sofort
als aussichtslos aufzugeben, wurde nicht befolgt. Durch
ein unverständig langes Zögern wurde den Syrakusanern
die Möglichkeit gegeben, die Mündung des Hafens zu
schließen und alle Durchbruchsversuche der Athener zu
vereiteln. Es blieb nach verlorener Schlacht nur der
Rückzug zu Lande, der erst in westlicher Richtung bis
zu dem Engpaß Akräon Lepas (s. Kärtchen 9), und

als man dort von den Syrakusanern zurückgewiesen wurde,
in südlicher Richtung bis zu dem Flüßchen Assinaros
(dem heutigen Falconara) ging, wo am 8. Tage des Rück-
zuges die Kapitulation erfolgte.

3. Meinungsverschiedenheiten gibt es über den
Gang im großen nicht. Auf Einzelheiten sich einzulassen,
ist hier nicht der Ort; ich bin in allem Wesentlichen
Cavallari-Holm gefolgt. Kromayer.

Zug des Kyros und Krieg des Agesilaos in Kleinasien.

(Griech. Abt. Blatt 4.)

I. Kunaxa.

Kärtchen 1—4.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquelle: Xenophon Anabasis I 7, 10—8, 29. 10,
1 — 19.

Nebenquellen: Diodor XIV 19, 31. Plutarch Arta-
xerxes 6—13.

Die Literatur findet sich aufgezählt im IV. Bd. meiner
Schlachtfelder S. 221, Abhandlung Kunaxa. wo auch die
wissenschaftliche Begründung der Auffassung gegeben ist,
die hier vorgetragen wird.

Die Karten des Schlachtfeldes und seiner weiteren
Umgebung beruhen auf der Karte von Willcocks ,,Lower
Mesopotamia" in 1 : 500000 in The Geographical Journal,
vol. XL (Juli bis Dezember 1912) zu S. 588, und auf
den deutschen, während des Weltkrieges entworfenen
Generalstabskarten in 1: 400000 und 1: 800000. Die
Schlachtenkarte 1:50000 ist nur ein Versuch, sich die
ungefähre Stellung der Heere anschaulich zu machen.
Quellenmäßige Begründung besteht nur für einzelne Teile
der Aufstellung. S. unten Sp. 22 f. und Schlachtfelder
Bd. IV, Kunaxa S. 235 ff.

2. Hergang der Ereignisse.

Kyros der Jüngere sammelte im Frühjahr 400 v. Chr.
in Kleinasien ein Heer, das aus 11600 griechischen
Hopliten und 2300 Peltasten und ungefähr ebensovielen
Asiaten mit Einschluß von etwa 2600—3000 Reitern be-
stand (Nachweis s. Schlachtfelder Bd. IV, S. 230), und zog
mit ihm, um seinen Bruder Artaxerxes vom Throne zu
stoßen, nach Babylonien hinauf, wo er im Herbst nach
einem halbjährigen Marsch ankam (s. Kärtchen 1).

In die babylonische Ebene trat er bei Pylae in der
Gegend des heutigen Dorfes Nafata ein (s. Kärtchen 2),
erreichte von da nach 3% Tagemärschen den von Xeno-
phon (I 7, 16) erwähnten großen Graben, der wahr-
scheinlich mit dem heutigen Saklawije-Kanal identisch
ist, und traf von da aus nach drei weiteren Tagemärschen
auf den König. Der Ort der Schlacht ist etwa 9 km
nordwestlich von dem großen Hügel von Imam Elbir
anzusetzen, der, weil er der einzige in dieser ganzen
Gegend der babylonischen Ebene ist, mit dem Hügel
gleichgesetzt werden muß, bis in dessen Nähe die Griechen
am Abend nach der Schlacht die flüchtigen Perser ver-
folgten (s. Kärtchen 3. Den Nachweis für diese An-
setzung s. Schlachtfelder a. a. O. S. 222 ff.).

Die Schlacht selber begann erst am Nachmittag. Das
Heer des Kyros war durch den Vormarsch des Königs
überrascht und kaum aufmarschiert, als der König in
Sehweite nahte.

Die Griechen hatten, verstärkt durch 1000 Reiter,
den rechten Flügel am Euphrat, die Asiaten gleichfalls
mit 1000 Reitern oder etwas mehr den linken, in der
Mitte hielt Kyros mit 600 auserlesenen schweren Reitern.
Ebenso hielt bei den Gegnern der König im Zentrum, in-

mitten einer auserlesenen Reiterschar; sein ganzes Heer
mag etwa 50 bis 60000 Mann betragen haben. Es ist ein
Irrtum Xenophons, daß das Zentrum des Königs über den
linken Flügel von Kyros' Heer hinausgeragt habe, die ganze
Front also mehr als doppelt so lang als die des Kyros
gewesen sei. Diese lächerliche Vorstellung macht das
ganze Verständnis der Schlacht, wie sie von Xenophon
in den Einzelzügen richtig erzählt wird, unmöglich. Das
Zentrum des Königs ragte in Wirklichkeit nur über den
linken Flügel des griechischen Söldnerheeres hinaus
(Xen. I 8, 13: s£o ovtoc toü rEXVmvixoO e'juvjfJiou), und
die beiden feindlichen Brüder standen sich also in der
Schlacht schräg gegenüber (s. Kärtchen 4 und den Nach-
weis Schlachtfelder a. a. O. S. 234 ff.).

Als dasHeer desKönigs bis auf etwa 600 m (Xen. 18,17)
herangekommen war, gingen die Griechen erst im Schritt,
zuletzt im Laufschritt gegen die langsam vorrückenden
Barbaren vor, die ihren Ansturm nicht abwarteten, sondern
Kehrt machten, schon ehe die Griechen in Pfeilschußweite
gekommen waren. Die Griechen verfolgten stürmisch 5 km
weit (Xen. I 10, 4. Schlachtf. IV, S. 240).

Während dieses Vorgehens der Griechen ist Kyros
mit seinem asiatischen Heer stehen geblieben — er läßt
mit Willen seine stärkste Truppe allein vorgehen —, so
daß er im Augenblicke des Zusammenpralles der Griechen
mit ihrem Gegner 350—400 m von der Front des Feindes
entfernt ist, der König sich keinem Angreifer gegenüber
sieht und von seinen im Zentrum stehenden Truppen
einen Teil beordern kann, links zu schwenken und den
Griechen in den Rücken zu fallen (Xen. I 8, 23).

Diesen Schwächemoment ersieht sich Kyros zum An-
griff und trabt mit seinen 600 Elitereitern halblinks auf
das Zentrum des Königs zu. Im Kampfe fällt er, sein
Zentrum wird durchbrochen, die königlichen Truppen
dringen in sein Lager ein.

Der ganze linke Flügel von Kyros' Heer unter Ariaeos,
der wahrscheinlich gar nicht zum Kampfe gekommen
ist, zieht sich unversehrt in das Lager des vorigen Marsch-
tages, 21 km vom Schlachtfelde, zurück.

Da mit dem Tode des Kyros das Schicksal der Expe-
dition entschieden ist, geht der König nach Plünderung
des Lagers, ohne noch einen zwecklosen Angriff auf die
Griechen zu machen, direkt in sein Lager vom vorigen
Tage zurück. Einige größere Abteilungen, besonders aus
Reiterei bestehend, die abgeschickt sein mögen, um die
Stellung der Griechen zu rekognoszieren, werden von
letzteren noch einmal angegriffen und bis zum Hügel
von Imam-Elbir verfolgt.

3. Meinungsverschiedenheiten.

Der Hauptunterschied unserer Auffassung von der
früher allgemein angenommenen besteht darin, daß wir
das Zentrum des königlichen Heeres nur ein Stück außer-
 
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