Qrieoh. Abt. Blatt 5.
Versuche, die Angaben des neuen Historikers in Einklang
mit der taktischen Lage zu bringen, können wohl durch-
weg zurückgewiesen werden.
In allen Auseinandersetzungen steckt das Bemühen,
sich aus dem Dilemma der sich so stark widersprechenden
Berichte Xenophons und des neuen Historikers irgend-
wie herauszuwinden. Mit diesen Versuchen ist aber der
Lösung der Schwierigkeit nur wenig gedient. Denn die
Frage, ob die Schlacht an dem ersten Tage, an dem man
Fühlung gewann, gleich geschlagen ist, wie Xenophon will,
oder ob man mehrere Tage lang nebeneinander hergezogen
sei, wie der neue Historiker behauptet, muß glatt in dem
einen oder anderen Sinne entschieden werden. Und da
sind es eben die geographischen Verhältnisse und die
dadurch festgelegten Anmarschlinien beider Heere, wie
sie oben skizziert und in den Schlachtfeldern eingehend
begründet sind, die hier entscheidend für Xenophon in die
Wagschale fallen. W. Kaupert.
Viertes Jahrhundert.
(Griech. Abt. Blatt 5.)
I Die Nemea-Schlaeht und die Schlacht
bei Koronea 394 v. Chr.
Kärtchen 1—3.
1. Quellen.und Literatur.
Ilauptquelle: Xenophon, Hellemka IV 2 und 3.
Nebenquellen: Diodor XIV 83 und 84. Plutarch, Age-
silaos 18. Polyaen II 1, 19. Frontin II 6, 5. Pau-
sanias III 9, 13.
Widersprüche treten nicht hervor. Beide Schlachten
verlaufen noch ganz im alten Stil. Weder Gelände noch
der taktische Gebrauch der Truppen bereiten der Rekon-
struktion Schwierigkeiten.
Literatur:
E. Curtius, Griechische Geschichte, Bd. III 178 f.
Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. V 235 f.
Beloch, Griechische Geschichte, Bd. IIP 1, 72 f.
In Sonderdarstellungen sind beide Schlachten nicht
behandelt.
Die Karten beruhen auf der österreichischen Karte
1:300 000.
2. Hergang der Ereignisse und Meinungs-
verschiedenheiten.
A. Nemea-Schlacht.
In Griechenland hatten sich die Verhältnisse immer
mehr zugespitzt. In Theben, Argos, Korinth und Athen
gärte es zuerst. Man hielt jetzt die Zeit für gekommen,
sich der Oberherrschaft Spartas zu entziehen.
In dieser Lage blieb Sparta weiter nichts übrig, als
Agesilaos aus Asien zurückzuberufen. Ehe er aber ein-
treffen konnte, war der Kampf im Mutterlande an das
eigentliche Machtgebiet Spartas herangerückt.
Die verbündete Armee sammelte sich bei Korinth und
sperrte die Isthmospässe. Ja, man ging von Korinth
direkt auf Sparta vor und war bereits bis Nemea ge-
kommen, als die Kunde eintraf, daß die Spartaner mit
einer Armee bei Sikyon in der Flanke standen, so daß
die Verbündeten wieder nach Norden bis in die Strand-
ebene zurückgingen (s. Kärtchen 1) und hier hinter dem
Nemeabache 10 Stadien, etwa l3/4 km, von den Spar-
tanern, Stellung nahmen.
Die Streitkräfte waren (nach Xenophon IV 2, 16)
folgende:
A. Lakedämonier: 6000 Schwerbewaffnete,
Eleer . .
Triphylier
Akroreer .
Lasionier .
Sikyonier .
Epidaurier
Trözenier .
Hermioneer
Halieer
3000
1500
3000
13500
— 29* —
Außerdem: 600 lakedämonische Reiter,
300 kretische Bogenschützen,
400 Schleuderer.
In dieser Liste fehlen die Arkader und Achäer, welche
Xenophon doch selber (IV 2, 13 und 18 ff.) als anwesend
nennt. Ihre Zahl ist nach Kromayer (Klio III 203 ff.)
auf rund 9000 Mann zu veranschlagen, so daß damit die
Zahl der Hopliten auf 22—23 000 Mann steigt. Diodor
XIV 83, 1 gibt übereinstimmend rund 23 000 zu Fuß und
500 Reiter an.
B. Verbündete:
Athenische Schwerbewaffnete 6000
Argiver....... 7000
Böoter....... 5000
Korinther...... 3000
von Euböa...... 3000
24000
Reiterei: 800 Böotier,
600 Athener,
100 Chalkidier von Euböa,
50 opuntische Lokrer.
1550
Das leichte Fußvolk (Lokrer, Arkarnanier und Malier)
war zahlreicher als bei den Spartanern. Diodors Angabe
von nur 15000 Mann zu Fuß und 500 Reitern ist wohl
nur Textkorruptel.
Die Böoter auf dem rechten Flügel standen den
Achäem gegenüber; die Athener auf dem linken den
Lakedämoniern, die übrigen Staaten im Zentrum den Ar-
kadern und Eleern (s. Kärtchen 2).
Die Böoter bildeten eine außergewöhnlich tiefe Pha-
lanx, zogen sich außerdem immer weiter rechts, in der
Absicht, den linken feindlichen Flügel zu fassen, so daß
die Athener folgen mußten, wenn nicht die ganze Schlacht-
ordnung zerrissen werden sollte. Die Gefahr der Über-
flügelung wurde für die Athener dadurch immer größer.
Ihr linker Flügel vermochte sich nicht mehr der Schlacht-
ordnung der Lakedämonier anzupassen und wurde so sehr
überragt, daß nur sechs athenische Kampfgruppen dem
Feinde gegenüberstanden, die vier übrigen aber den
Tegeaten. Die Lakedämonier schwenkten sofort mit ihrem
überragenden Flügel ein, warfen die Athener zurück und
blieben auf der ganzen Linie Sieger. Kaum hatten sie
Verluste erlitten. Dann gingen sie, indem sie auch mit
dem Reste ihrer Truppen links einschwenkten, gegen
Zentrum und rechten Flügel der Verbündeten vor, welche
die ihnen gegenüberstehenden Truppen geschlagen hatten
und im Begriffe waren, von einer kurzen Verfolgung
zurückzukehren, ohne daß die einzelnen Schlachthaufen
dabei den Zusammenhang gewahrt hätten. Die 4 Kampf-
gruppen der Athener, welche den Tegeaten gegenüber-
gestanden hatten, waren noch nicht wieder zurück, und
so gingen die Lakedämonier vor ihnen vorbei, faßten die
eben zurückkehrenden Argiver in der Flanke und brach-
— 30* —
Versuche, die Angaben des neuen Historikers in Einklang
mit der taktischen Lage zu bringen, können wohl durch-
weg zurückgewiesen werden.
In allen Auseinandersetzungen steckt das Bemühen,
sich aus dem Dilemma der sich so stark widersprechenden
Berichte Xenophons und des neuen Historikers irgend-
wie herauszuwinden. Mit diesen Versuchen ist aber der
Lösung der Schwierigkeit nur wenig gedient. Denn die
Frage, ob die Schlacht an dem ersten Tage, an dem man
Fühlung gewann, gleich geschlagen ist, wie Xenophon will,
oder ob man mehrere Tage lang nebeneinander hergezogen
sei, wie der neue Historiker behauptet, muß glatt in dem
einen oder anderen Sinne entschieden werden. Und da
sind es eben die geographischen Verhältnisse und die
dadurch festgelegten Anmarschlinien beider Heere, wie
sie oben skizziert und in den Schlachtfeldern eingehend
begründet sind, die hier entscheidend für Xenophon in die
Wagschale fallen. W. Kaupert.
Viertes Jahrhundert.
(Griech. Abt. Blatt 5.)
I Die Nemea-Schlaeht und die Schlacht
bei Koronea 394 v. Chr.
Kärtchen 1—3.
1. Quellen.und Literatur.
Ilauptquelle: Xenophon, Hellemka IV 2 und 3.
Nebenquellen: Diodor XIV 83 und 84. Plutarch, Age-
silaos 18. Polyaen II 1, 19. Frontin II 6, 5. Pau-
sanias III 9, 13.
Widersprüche treten nicht hervor. Beide Schlachten
verlaufen noch ganz im alten Stil. Weder Gelände noch
der taktische Gebrauch der Truppen bereiten der Rekon-
struktion Schwierigkeiten.
Literatur:
E. Curtius, Griechische Geschichte, Bd. III 178 f.
Meyer, Geschichte des Altertums, Bd. V 235 f.
Beloch, Griechische Geschichte, Bd. IIP 1, 72 f.
In Sonderdarstellungen sind beide Schlachten nicht
behandelt.
Die Karten beruhen auf der österreichischen Karte
1:300 000.
2. Hergang der Ereignisse und Meinungs-
verschiedenheiten.
A. Nemea-Schlacht.
In Griechenland hatten sich die Verhältnisse immer
mehr zugespitzt. In Theben, Argos, Korinth und Athen
gärte es zuerst. Man hielt jetzt die Zeit für gekommen,
sich der Oberherrschaft Spartas zu entziehen.
In dieser Lage blieb Sparta weiter nichts übrig, als
Agesilaos aus Asien zurückzuberufen. Ehe er aber ein-
treffen konnte, war der Kampf im Mutterlande an das
eigentliche Machtgebiet Spartas herangerückt.
Die verbündete Armee sammelte sich bei Korinth und
sperrte die Isthmospässe. Ja, man ging von Korinth
direkt auf Sparta vor und war bereits bis Nemea ge-
kommen, als die Kunde eintraf, daß die Spartaner mit
einer Armee bei Sikyon in der Flanke standen, so daß
die Verbündeten wieder nach Norden bis in die Strand-
ebene zurückgingen (s. Kärtchen 1) und hier hinter dem
Nemeabache 10 Stadien, etwa l3/4 km, von den Spar-
tanern, Stellung nahmen.
Die Streitkräfte waren (nach Xenophon IV 2, 16)
folgende:
A. Lakedämonier: 6000 Schwerbewaffnete,
Eleer . .
Triphylier
Akroreer .
Lasionier .
Sikyonier .
Epidaurier
Trözenier .
Hermioneer
Halieer
3000
1500
3000
13500
— 29* —
Außerdem: 600 lakedämonische Reiter,
300 kretische Bogenschützen,
400 Schleuderer.
In dieser Liste fehlen die Arkader und Achäer, welche
Xenophon doch selber (IV 2, 13 und 18 ff.) als anwesend
nennt. Ihre Zahl ist nach Kromayer (Klio III 203 ff.)
auf rund 9000 Mann zu veranschlagen, so daß damit die
Zahl der Hopliten auf 22—23 000 Mann steigt. Diodor
XIV 83, 1 gibt übereinstimmend rund 23 000 zu Fuß und
500 Reiter an.
B. Verbündete:
Athenische Schwerbewaffnete 6000
Argiver....... 7000
Böoter....... 5000
Korinther...... 3000
von Euböa...... 3000
24000
Reiterei: 800 Böotier,
600 Athener,
100 Chalkidier von Euböa,
50 opuntische Lokrer.
1550
Das leichte Fußvolk (Lokrer, Arkarnanier und Malier)
war zahlreicher als bei den Spartanern. Diodors Angabe
von nur 15000 Mann zu Fuß und 500 Reitern ist wohl
nur Textkorruptel.
Die Böoter auf dem rechten Flügel standen den
Achäem gegenüber; die Athener auf dem linken den
Lakedämoniern, die übrigen Staaten im Zentrum den Ar-
kadern und Eleern (s. Kärtchen 2).
Die Böoter bildeten eine außergewöhnlich tiefe Pha-
lanx, zogen sich außerdem immer weiter rechts, in der
Absicht, den linken feindlichen Flügel zu fassen, so daß
die Athener folgen mußten, wenn nicht die ganze Schlacht-
ordnung zerrissen werden sollte. Die Gefahr der Über-
flügelung wurde für die Athener dadurch immer größer.
Ihr linker Flügel vermochte sich nicht mehr der Schlacht-
ordnung der Lakedämonier anzupassen und wurde so sehr
überragt, daß nur sechs athenische Kampfgruppen dem
Feinde gegenüberstanden, die vier übrigen aber den
Tegeaten. Die Lakedämonier schwenkten sofort mit ihrem
überragenden Flügel ein, warfen die Athener zurück und
blieben auf der ganzen Linie Sieger. Kaum hatten sie
Verluste erlitten. Dann gingen sie, indem sie auch mit
dem Reste ihrer Truppen links einschwenkten, gegen
Zentrum und rechten Flügel der Verbündeten vor, welche
die ihnen gegenüberstehenden Truppen geschlagen hatten
und im Begriffe waren, von einer kurzen Verfolgung
zurückzukehren, ohne daß die einzelnen Schlachthaufen
dabei den Zusammenhang gewahrt hätten. Die 4 Kampf-
gruppen der Athener, welche den Tegeaten gegenüber-
gestanden hatten, waren noch nicht wieder zurück, und
so gingen die Lakedämonier vor ihnen vorbei, faßten die
eben zurückkehrenden Argiver in der Flanke und brach-
— 30* —