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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (4. Lieferung, Griechische Abteilung 1): Von Marathon bis Chaeronea — Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.7179#0004
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Griech. Abt. Blatt 1 und 2.

Die Perserkriege 490—479 v. Chr.

(Griech. Abt. Blatt 1 und 2.)

Die Literatur über die ganzen Kriege oder mehrere Teile derselben, soweit die Werke taktischen oder Lokalfragen

nähertreten, sind Schlachtfelder IV, S. 4 zusammengestellt.

Feldzug 490 und Anfang 480 v. Chr.

(Griech. Abt. Blatt 1.)

I. Marathon.

Kärtchen 1 und 2.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquelle: Herodot VI 102—117. Nebenquellen:
.lustin II 9, 11 f. Nepos: Miltiades 5. Suidas s. v. xwpl?

Literatur: Kromayer: „Drei Schlachten aus dem griech.-
röm. Altertum" (Ahh. d. sächs. Akad., phil.-hist. Klasse,
Bd. 34, 1921, Nr.V, S. 3 und Schlachtfelder Bd. IV, S. 5).
liier findet sich auch eine Aufzählung der wichtigsten
älteren Abhandlungen über die Schlacht, soweit sie tak-
tische Fragen berühren und noch heute beachtenswert
erscheinen.

Die Karten beruhen auf der Karte von Attika von
Curtius und Kaupert.

2. Hergang der Ereignisse.

Die persische Armee landete in der Bucht von Ma-
rathon und schlug höchstwahrscheinlich auf der Nehrung
zwischen dem großen Sumpfe und dem Meere im nördlichen
Teile der Ebene ihr Lager auf (s. Kärtchen 1: „Perser-
lager"). Der athenische Landsturm eilte alsbald herbei
und nahm auf dem Hügelrücken Agrielfki, welcher den
Ausgang aus der Ebene und damit die Straße nach Athen
beherrschte, Stellung (s. Kärtchen 1: V und Kärtchen 2:
„Lager der Griechen"). Die Perser rückten nun wiederholt
in die Ebene vor und boten im südlichen Teile derselben,
etwa in der Gegend des Sorös, des jetzt wieder entdeckten
Massengrabes der gefallenen Athener, dem Gegner die
Schlacht an. Aber dieser zögerte, sie anzunehmen, da
er Zuzug aus Sparta erwartete und auch ohne Schlacht
in seiner festen Stellung den Vormarsch der Feinde auf
Athen hinderte. Jedoch bei dem längeren Ausbleiben der
spartanischen Hilfe und der fortdauernden Provokation
der Perser, denen man nicht entgegenzutreten wagte, fing
die anfangs begeisterte Stimmung im athenischen Lager
an, bedenklich abzuflauen. Ja man fürchtete von dem
Anhange, welchen die Partei des Hippias noch immer in
Athen besaß, direkten Verrat (Herodot VI 109), und
Miltiades entschloß sich deshalb, die Schlacht im offenen
l eide anzunehmen, da die Perser keine Miene machten,
einen aussichtslosen Angriff auf die feste Hügelstellung
der Athener zu wagen.

Er führte deshalb seine Phalanx in die Ebene hinab
und griff die Perser, sobald er in den Bereich ihrer
Pfeile gekommen war, im Laufschritt an. Beim Sorös
kam es zum entscheidenden Kampfe, in welchem zwar
die Elitetruppen der Gegner, die Perser selbst und die
Saker, das dünner aufgestellte Zentrum der Athener durch-
brachen, aber beide Flügel der Perser von den Griechen
geworfen wurden (Her. VI 113). Eine Verfolgung fand
jedoch nicht statt, da die griechischen Flügel gegen das
Zentrum einschwenkten und es zusammenhieben (Her. ib.).
So hatte der aus der Schlacht entkommene größere Teil
des persischen Heeres Zeit, sich im persischen Schiffs-
lager oder hinter den steilen Ufern des Charadrabaches
— 1* —

wieder zu sammeln und unter dem Schutze dieser vor-
geschobenen Abteilungen die Einschiffung ins Werk zu
setzen, die fast restlos gelang.

3. Meinungsverschiedenheiten.

Die hier vorgetragene Ansicht von den Stellungen der
Heere und dem Verlaufe der Schlacht ist von mir in den
beiden oben genannten Aufsätzen eingehend begründet
worden.

Es bestehen demgegenüber besonders zwei abwei-
chende Hypothesen, die erste aufgestellt von E. Curtius
in seiner Griechischen Geschichte, die heutzutage immer
noch ihre Anhänger hat, die zweite vertreten durch
H. Delbrück (zuletzt Klio XVII1921, S. 221). Die Curtius-
sche Hypothese („II" auf Kärtchen 1) nimmt ihren Aus-
gang davon, daß die persische Reiterei in der Schlacht
nicht erwähnt wird, und vermutet deshalb, sie sei schon
wieder eingeschifft gewesen, da das Perserheer bei der
Aussichtslosigkeit, zu Lande vorwärts zu kommen, eine
Umgehung und Angriff auf Athen zur See ins Werk zu
setzen im Begriffe gewesen sei. Diesen Moment habe
Miltiades benutzt und auf den noch am Lande befind-
lichen Teil des Feindes einen Angriff gemacht.

Auf diese Annahme ist zu erwidern, daß damit der
Platz des athenischen Massengrabes in unlöslichem Wider-
spruch steht. Eine so weite Vorschiebung eines Detache-
ments, um die Einschiffung zu decken, wäre eine unsinnige
Maßregel gewesen.

Die Delbrücksche Hypothese („III", Kärtchen 1) ver-
legt die Stellung der Athener nicht auf den Hügel-
rücken von Agrieh'ki, sondern an den Ausgang des Tales
von Vrana und läßt die Perser zum Angriff dagegen
vorgehen. Die anfängliche Defensive der Griechen wird
durch Miltiades' Kühnheit plötzlich in einen Offensivstoß
umgewandelt, der die Perser über den Haufen wirft. Die
Verfolgung wird bis zum Sorös ausgedehnt. Hier entsteht
eine längere Kampfpause, während der die Perser Zeit
gewinnen, sich in ihr Schiffslager zurückzuziehen und
einzuschiffen, so daß die später nachrückenden Athener
nur noch wenige Schiffe erbeuten können.

Gegen diese Auffassung ist einzuwenden, daß man
nicht versteht, weshalb die Athener, wenn sie die Straße
nach Athen in einer guten Hügelstellung direkt decken
konnten, sich zu einer Flankenstellung in dem 2 km
entfernten Vranatale entschlossen haben sollen. Solche,
noch dazu zwecklose Finessen der Strategie kann man
einem bäuerlichen Landsturm nicht zutrauen. Ferner
widerspricht der Annahme von einem Angriff der Perser
auf eine Stellung im Vranatale ebenfalls die Lage des
Sorös, der l1/., km davon entfernt ist. Wenn Delbrück
sich hier mit der Hypothese helfen will, bis dahin sei
die Verfolgung gegangen, und sämtliche Tote seien nicht
auf dem Schlachtfelde, sondern dort zusammengetragen,
wo der letzte gelegen habe, so kann man diesen Einfall
_ 2* —
 
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