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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 73.1923

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F.: Glaspalast
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Kunstgewerbliche Ausfuhr nach dem lateinischen Amerika?
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https://doi.org/10.11588/diglit.8624#0045
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entwickelt hat, wie allge*
meine Kulturerscheinun*
gen und deren Ausdruck
in der Kunst Einfluß auf
das mehr stabilere Kunst*
gewerbe gewinnen und
sich ausleben. Es handelt
sich also bei der Auswahl
und Zusammenstellung
weniger um eine überflie*
ßende Quantität, die von
der Intensität des Schaf*
fensfleißes, von einer Art
statistischen Erhebung
zeugen soll, sondern um
die Konzentration des je*
weils am meisten Charak*
teristischen auf den ver*
schiedenen Gebieten des
kunstgewerblichen Schaf*
fens. Man muß zugeben,
daß sich die diesjährige
Zusammenstellung des
Materials mehr an diese

leitende Grundidee gehalten hat, als dies in früheren
Jahren der Fall war. Wir vermissen aus den reich*
verzweigten Gebieten: Schmuck, Gebrauchsmetall,
Elfenbein, Glas und Keramik, Stoff, Holz kaum eine
Parzelle, die auf der kleinen Ausstellungsinsel am Süd*
ostrand des Glaspalastes nicht vertreten wäre. Es
hat keinen Zweck die Fülle der Namen mit einzelnen
anerkennenden Worten aufzuzählen,-es ist auch nicht

LOIS GRUBER

möglich aus dem Reichtum
der Gegenstände wenig*
stens die hauptsächlichsten
auszuwählen,- wir be*
schränken uns vielmehr
auf einige wenige Werke
in der Überzeugung, daß
es das Jahr über möglich
wird, auf dieses oder je*
nes Werk in anderem
Zusammenhang zurück*
zukommen. Um so wich*
tiger erscheint es uns,
darauf hinzuweisen, daß
unsere in unermüdlichem
Schaffensfleiß tätigen Mei*
ster des Kunstgewerbes
das Ziel nicht außeracht*
lassen, bei besonders mar*
kanten Werken den Aus*
Stellungsgedanken im Au»
ge zu behalten. Denn er
ist in gewisser Beziehung
dieKontrolIederEntwick.-
lung, die Ansprache an die Masse, der Aufruf an
die Kaufenden, das Material für Wissenschaft und
Ästhetik.

Manches Werk, das das Jahr über die Werkstatt
verläßt, würde vielleicht für den Glaspalast wichtiger
sein, als das was im Frühjahr, wenn die Pforten sich
öffnen, rasch und unter dem Zwang der Verhältnisse
zusammengestellt werden muß. F.

Goldbild pastos, Glaspalast

KUNSTGEWERBLICHE AUSFUHR NACH DEM
LATEINISCHEN AMERIKA?

Vor einiger Zeit wurde ich aufgefordert, mich in einer
führenden Auslandszeitschrift über die Ausfuhrmög*
lichkeiten des bayrischen Kunstgewerbes nach den la-
teinischen Ländern Amerikas zu äußern: Und zwar
gesehen vom Standpunkt eines Staates, der seinen Ex*
port erweitern, von dem des Kunstgewerbetreibenden,
der für seine Werke einen größeren Absatzkreis er*
obern will. Es hat sich dabei gezeigt, daß sich das
bayrische Kunstgewerbe und audi das kleinbetriebene
Kunsthandwerk gegenwärtig in einer verhältnismäßig
gunstigen Situation befänden und es nicht allzuschwer
hätten, Errungenes zu behaupten und Neues zu er*
ringen. Jeder behagliche Lebensgenuß ist Stimmungs*
sache und daher von allerlei beeinflußt, das mit künst*
lerischen Gesichtspunkten oder gar geschmaddichen

Einwertungen gar nicht zusammenzuhängen braucht.
Rassegemeinschaften, politische Einstellungen siegen
oft über alles, was wir, namentlich in Deutschland als
Maßstab für künstlerische Abschätzung aufzustellen
uns verpflichtet fühlen. Die ganze Summe künstleri*
scher Arbeit, die von den ernsten Richtungen der Kunst
und des Kunstgewerbes in heißem Mühen geleistet
wird, gilt nichts gegen diplomatische Erwägungen und
derganze Ausstellungshügel mit der Stichmarke „Deut*
sehe Gewerbeschau 1922" kann für fremde Länder wie
Nebel zerrinnen, wenn die Trikolore entfaltet wird
und diese in die allgemein politischen Erwägungen
eines Staates paßt. Wo solche Vorbedingungen vor*
handen sind, heißt es vorerst den Staub von den
unsachlichen, ungastlichen Ländern schütteln, bessere

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