süddeutsche Vorort
der Kunst, der dann
seine Wirkungen weit
über die Grenzen sei-
nes Ursprunges aus-
dehnt.
Nach dieser Kraft-
anstrengung mußte
eine Atempause kom-
men, Erst Ludwig L
nimmt die alten An-
Sprüche von neuem auf
und in überraschend
kurzer Zeit stellt er
München als die
Kunststadt Deutsch-
lands hin, ja er gibt
ihr zum erstenmal im
Rahmen deutscher
Kultur^ und Kunstbe-
strebungen einen eu-
ropäischen Ruhm, der höchstens von Paris übertroffen
wird. Gerade hier wird niemand das einzige Ver-
dienst des wittelsbachischen Königs leugnen wollen,
denn er hat München gegen den Willen der heimischen
Künstler und Bürger zu dem gemacht, was ihm vor-
schwebte. Trotz der falschen zeitlichen GrundeinsteL
lung ist auch aus Königs Ludwig II. Streben ein Segen
erwachsen. Was der erste Ludwig nur im Hinblidc auf
hohe Kunst vernachlässigte: das Kunstgewerbe, dem
hat der zweite Ludwig in einer für diesen Zweig gün-
stigeren Zeit zum Gedeihen verholfen. Durdi die Ar-
beit an seinen Schlössern hat das Münchener Kunst-
gewerbe sich an die erste Stelle in Deutschland setzen
können.
Das heutige München, das heutige Bayern zehrt
immer noch an den idealen und tatsächlichen Schätzen,
die die Wittelsbacher aufgespeichert. Sei es an den
Sammlungen der Gemälde aus der Mündiener, Düs-
seldorfer, Mannheimer und Zweibrüdcener Galerie,
den Antikenschätzen des Antiquariums, der Mann-
heimer Sammlung und den vom eigensten Geld Lud-
wigs I. aufgekauften Figuren, den kunstgewerblichen
Sammlungen Albrechts V. und Wilhelms V. denSamm-
hingen Johann Wilhelms und Karl Theodors, den
Kupferstichsammlungen von München und Mannheim,
den Waffenkammern in Düsseldorf, Zweibrücken und
München, den Miniaturen und Handschriften seit AL
brecht V., den Prunkmöbeln und Geräten aus zahU
losen Schlössern. Immer und immer wieder haben die
Wittelsbacher die künstlerischen und kunstgewerblichen
Betriebe gefördert. Zahllos sind die Berufungen von
Detail von nebenstehender Kassette.
fremden und deutschen Künstlern nach ihren Resident
zen. Auf ihren AntriebsinddiegroßenWerkstätten und
Manufakturen für veredelnde Kunst entstanden : Die
Eisensdineider= und Waffenwerkstätten im 16. Jahr-
hundert, die Gobelinweberei unter Otto Heinrich in
Lauingen und Frankenthal, unter Maximilian I. und
Max Emanuel und seinen Nachfolgern in München,
die Elfenbeinschnitzerei Angermaiers im 17. Jahrhun-
dert, ebenso damals der Erzguß unter Wilhelm V.
und später wieder unter Ludwig I., die Porzellan^
manufakturen in Frankenthal, Zweibrüdcen und
Nymphenburg, die Glasmalerei unter Ludwig I. Ohne
die schützende Hand der Wittelsbacher wäre diese
Entwickelung gar nicht denkbar.
Was aber wesentlich ist, diese Bestrebungen der Wit-
telsbadier waren nicht willkürlich, nicht oktroyiert, son-
dern sie dedcten sich mit der wesentlichen Veranlagung
ihres Volkes. Der bildnerische, schöpferische, phantasier
und gemütvolle Charakter des Süddeutschen, des
Bayern konnte sich in dieser Richtung entwidceln und
wuchs unter dieserFörderung zu einer ihm adäquaten
Vollkommenheit heran. Die süddeutschen eingeboren
nen Kräfte reagierten stark auf diese Führung, aus sich
selbst heraus konnten sie nun das, was angebahnt,
weiterführen. So spiegelt das ganze bayerische Land
bis in die kleinste Dorfkirche etwas von der anregenden
Tätigkeit der Wittelsbacher wieder. Damit haben aber
auch die Wittelsbacher nicht nur eine heimische, eine
bayerische Aufgabe erfüllt, viel mehr noch eine deut-
sche. So wie in Norddeutschland eine staatsorgnisa-
torische, staatspolitische und philosophisch^ intellektu-
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der Kunst, der dann
seine Wirkungen weit
über die Grenzen sei-
nes Ursprunges aus-
dehnt.
Nach dieser Kraft-
anstrengung mußte
eine Atempause kom-
men, Erst Ludwig L
nimmt die alten An-
Sprüche von neuem auf
und in überraschend
kurzer Zeit stellt er
München als die
Kunststadt Deutsch-
lands hin, ja er gibt
ihr zum erstenmal im
Rahmen deutscher
Kultur^ und Kunstbe-
strebungen einen eu-
ropäischen Ruhm, der höchstens von Paris übertroffen
wird. Gerade hier wird niemand das einzige Ver-
dienst des wittelsbachischen Königs leugnen wollen,
denn er hat München gegen den Willen der heimischen
Künstler und Bürger zu dem gemacht, was ihm vor-
schwebte. Trotz der falschen zeitlichen GrundeinsteL
lung ist auch aus Königs Ludwig II. Streben ein Segen
erwachsen. Was der erste Ludwig nur im Hinblidc auf
hohe Kunst vernachlässigte: das Kunstgewerbe, dem
hat der zweite Ludwig in einer für diesen Zweig gün-
stigeren Zeit zum Gedeihen verholfen. Durdi die Ar-
beit an seinen Schlössern hat das Münchener Kunst-
gewerbe sich an die erste Stelle in Deutschland setzen
können.
Das heutige München, das heutige Bayern zehrt
immer noch an den idealen und tatsächlichen Schätzen,
die die Wittelsbacher aufgespeichert. Sei es an den
Sammlungen der Gemälde aus der Mündiener, Düs-
seldorfer, Mannheimer und Zweibrüdcener Galerie,
den Antikenschätzen des Antiquariums, der Mann-
heimer Sammlung und den vom eigensten Geld Lud-
wigs I. aufgekauften Figuren, den kunstgewerblichen
Sammlungen Albrechts V. und Wilhelms V. denSamm-
hingen Johann Wilhelms und Karl Theodors, den
Kupferstichsammlungen von München und Mannheim,
den Waffenkammern in Düsseldorf, Zweibrücken und
München, den Miniaturen und Handschriften seit AL
brecht V., den Prunkmöbeln und Geräten aus zahU
losen Schlössern. Immer und immer wieder haben die
Wittelsbacher die künstlerischen und kunstgewerblichen
Betriebe gefördert. Zahllos sind die Berufungen von
Detail von nebenstehender Kassette.
fremden und deutschen Künstlern nach ihren Resident
zen. Auf ihren AntriebsinddiegroßenWerkstätten und
Manufakturen für veredelnde Kunst entstanden : Die
Eisensdineider= und Waffenwerkstätten im 16. Jahr-
hundert, die Gobelinweberei unter Otto Heinrich in
Lauingen und Frankenthal, unter Maximilian I. und
Max Emanuel und seinen Nachfolgern in München,
die Elfenbeinschnitzerei Angermaiers im 17. Jahrhun-
dert, ebenso damals der Erzguß unter Wilhelm V.
und später wieder unter Ludwig I., die Porzellan^
manufakturen in Frankenthal, Zweibrüdcen und
Nymphenburg, die Glasmalerei unter Ludwig I. Ohne
die schützende Hand der Wittelsbacher wäre diese
Entwickelung gar nicht denkbar.
Was aber wesentlich ist, diese Bestrebungen der Wit-
telsbadier waren nicht willkürlich, nicht oktroyiert, son-
dern sie dedcten sich mit der wesentlichen Veranlagung
ihres Volkes. Der bildnerische, schöpferische, phantasier
und gemütvolle Charakter des Süddeutschen, des
Bayern konnte sich in dieser Richtung entwidceln und
wuchs unter dieserFörderung zu einer ihm adäquaten
Vollkommenheit heran. Die süddeutschen eingeboren
nen Kräfte reagierten stark auf diese Führung, aus sich
selbst heraus konnten sie nun das, was angebahnt,
weiterführen. So spiegelt das ganze bayerische Land
bis in die kleinste Dorfkirche etwas von der anregenden
Tätigkeit der Wittelsbacher wieder. Damit haben aber
auch die Wittelsbacher nicht nur eine heimische, eine
bayerische Aufgabe erfüllt, viel mehr noch eine deut-
sche. So wie in Norddeutschland eine staatsorgnisa-
torische, staatspolitische und philosophisch^ intellektu-
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