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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 73.1923

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Lill, Georg: Die Wittelsbacher und die bildende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8624#0080
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eile Nationalkultur wesentlich unter der schließlichen
Führung der HohenzoKern heranwächst, die zuletzt
in den Ideen von Kant, Fichte und Hegel ihren zusam-
menfließenden Abschluß erhält, so dominiert in Süd-
deutschland die künstlerisch schöpferische Kultur in
ihrer Einstellung auf Gemüt, Phantasie und Seele.
Mehr wie jedes andere Geschlecht haben die Wittels-
bacher hier die Führung, bis der große Wittelsbacher
Ludwig I. die deutsche Aufgabe in der Kunst als
Programm sieht und auf dem Gedanken fußend, daß
auch hier die deutsche Einheit zum Ausdruck kommen
muß, aus ganz Deutschland die Künstler berufi, um in
seiner bayerischen Hauptstadt den künstlerischen Mit-
telpunkt Deutschlands zu schaffen. So wenig man eine
Gestalt wie Perikles aus der Geschichte Griechenlands
streichen kann, so wenig wird man die Wittelsbacher
und Ludwig I. innerhalb der deutschen Geschichte in
ihrer Tätigkeit für deutsche künstlerische Kultur ver-

gessen können. Auch sie haben ihren Anteil an Deutsch^
lands Größe geleistet, einen Anteil, der dauernden Ver-
diensten anderer Dynastien gleich zu achten ist. —

Die politischen Ereignisse der letzen Jahre haben
die Zügel der Regierung den Händen der Wittelsbacher
entwunden. Derjenige, der vor der Türe stand, und
auf den der letzte Wittelsbacher König Ludwig III.
einmal in seiner ehrlichen, mit keinem falschen Ruhm
geizenden Weise als den hingewiesen hat, der die
I raditionen seines alten Hauses auf dem Gebiete der
Kunst und Wissenschaft weiterzuführen berufen sei,
nimmt nicht die Stelle seiner Ahnen ein. Hoffnungen,
die auf ihm beruhten, daß mit ihm eine notwendige
Erneuerung der zersplitternden Kunstkräfte Münchens
durch neue Inpulse einsetze, sind damit zu Grabe
getragen.

Zu regeln war damit vor allem die Frage, wie der
alte Kunstbesitz der Wittelsbacher dem Lande erhalten

Genealogischer Teppich mit den Ahnen Hedwigs v. Polen, der Großmutter Otto Heinrichs von der Pfalz, 1540 gefertigt in der
Otto Heinrich gegründeten Fabrik in Lauingen, nach Karton des Malers Matth. Gerung von Nördlingen.

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