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ganzer und mit Adlerschwingen dar, welcher jenen Dämon
mit flammendem Schwerte zu Boden schmettert. Auch
dies Bild, obgleich es in Etwas gegen die Vorzüge des
ersten zurücksieht, ist eigenthümlich geistreich, roll kräftigen,
zornigen Sturmes; die edle Strenge in dem Antlitz des
Siegers, die feige, weibische Ohnmacht des Ueberwunde-
uen stehen zu einander in trefflichem Cvntrast. Es ist,
als ob aus beiden Bildern ein persönliches aufgeregtes
Gefühl rvn Seiten der Künstlers spräche, als ob ein zu-
rückgehaltcner Grimm in ihnen sich zur Gestalt hindurch-
gerungen hätte. Und in der That war das Leben des
Künstlers so mannichsach von verzehrender Leidenschaft
bewegt, daß der Beschauer solchen Gedanken, beim 'An-
blick dieser Bilder, wohl Raum geben darf.«

Die Gabe des Verf., auch gleichgültigere Bilder zu
charakterisiren, zeigt sich in folgender Beschreibung des»
Bildnisses einer holländischen Kaufmanns-Familie von
Theodor de Reyser S. 21i: „Vater und Mutter
sitzen auf beiden Seiten des Bildes; es sind beides ehr-
liche, tüchtige Leute, die ihr Leben in einer, wenn auch
nicht eben gciststärkendcn, so doch ordnungsmäßigen Be-
schäftigung zugebracht haben. Er hält sein Comptvirbuch
(oder vielleicht die Hanspvstille) in der Hand, sic ruht
von ihren häuslichen Sorgen im Lehnstuhl; ihre Gesichter
haben keinen sonderlich tiefen Inhalt, aber sie sprechen
einige vierzig thätig verlebte Jahre aus. Neben dem
Vater steht der älteste hoffnungsvolle Sohn, ein Jüngling
von zweiundzwanzig Jahren, in dem glücklichen Alter,
wo das Herz anfängt mitzusprechen, und die Comptoir-
siube und das Glas die Zeit nicht mehr genügend aus-
füllen. Zwar sein Gesicht ist etwas plump und bäurisch,
aber um so zierlicher prangen seine violetten Seidenärmel
und seine reinen weißen Strümpfe (alle Andern sind ganz
schwarz gekleidet); auch ist sein rothes, struppiges Haar
sorglich nach beiden Seiten niedergekämmt. Er hat etwas
hausbacken-Solides; er wird das verhängnißvvlle Meer
der Cvnrtoisie glücklich durchschiffen, um bald im Hafen
der Che zu landen, und dann ein eben so verständiger
Krämer werden, wie der Vater, auch eben so viel Geld
verdienen, um wiederum seine Familie malen zu lassen.
Neben der Mutter sieht das jüngste Söhnlein, acht Jahre
alt, vor der Hand noch ein recht verzogener, unverschämter
Bube, jedoch mit allen Anzeichen, daß er eben so statt-
lich aufwachscn wird, wie der Herr Bruder. Auf der
andern Seite der Mutter und hinter dem Tijche stehen
die drei Töchter, deren Alter zwischen das der beiden
Söhne fällt, sämmtlich der Mutter wie ans den Augen
geschnitten, nur die Züge noch etwas unentwickelt, die
Nasen namentlich noch beträchtlich vorherrschend; die jün-
geren noch steif und blöde, die ältere, die gerade neun-
zehn Jahre zählt, steif und jüngfcrlich spröde; alle drei
jedoch persichernd, dereinst eben so ordentliche Hausfrauen

und Mütter werden zu wollen, wie die Mama, und im
Voraus schon auf einen eben so bequemen Lehnstuhl lüstern.
Das Bild ist trefflich, mit kräftigem, mäßigem Pinsel
gemalt; die Gestalten, die Gesichter naturlebendig, und
das Gepräge der Aehnlichkcit in jedem Zuge. Der Künstler
hat vielleicht ohne daran zu denken, in diese ruhigen,
sonntäglich gepuzten Gestalten zugleich ihre ganze Ge-
schichte hineingemalt.«

Dies Buch trägt auch den Titel:

Beschreibung der Kunstschätze von Berlin und Pots-
dam. Ir Theil.

Als 2ter Theil ist zugleich mit ihm die
Beschreibung der in der königl. Kunstkam-
mer zu Berlin vorhandenen Kunst-
sammlung. Berlin. Heymann, 308 S. 8.,
mit einer Monogrammentafel

erschienen. Diese Sammlung, welche neuerlich durch die
äußerst zahlreichen und werthvollen Gegenstände, die sich
im Besitz des Hrn. Nagler befanden, bereichert worden
ist, enthält bekanntlich eine Menge jener kleineren Kunst-
sachen, welche ehemals von der Liebhaberei der Großen
zu theuren Preisen erstanden wurden, und erst neuer-
dings, nicht nur von der schnell wachsenden und allmählich
über alle Gebiete der Kunst sich ausdehnenden Sammler-!
lust wieder ins Auge gefaßt, sondern auch als Hülfsmittel
zur Ergänzung der Kunstgeschichte und zur Ncbersicht
ihres Gesämmtinhalts Gegenstand wissenschaftlicher For-
schungen geworden sind. Der Vers, hat das Wichtigste
herausgchobcn, wissenschaftlich geordnet und mit Notizen
begleitet, die viele höchst schätzbare Beiträge, .vornehmlich
zur Kunst- und Culturgeschichte des Mittelalters und
der Reformaiionszeit, liefern. Unter den Werken des
früher» Mittelalters, vom Uten bis izten Jahrhundert,
werden Werke in Elfenbein- und Emailmalereien erwähnt;
die Werke vom löten bis löten Jahrhundert bestehen
aus Wachssiegeln, die neben ihrer politischen Wichtigkeit
auch eine bedeutende kunsthistorische Geltung haben, da sie
eine mit Sicherheit zu bestimmende, sehr bezeichnende
Reihenfolge vom Arbeiten herkömmlichen Styls liefern
und die hauptsächlichsten Veränderungen der Kunstübung
massenweise bezeichnen. Hr. Kugler gehört zu den ersten,
welche die Sicgelkunde für die Zwecke der Kunstgeschichte
benutzen; eine bedeutende Sammlung von Gvpsabdrücken
merkwürdiger Siegel des Mittelalters hat Res. auch zu
Frankfurt im Atelier des für alle Zweige der Kunstgeschichte
mit leidenschaftlicher Vorliebe und ausgebreiteter Kennt-
niß thätigen Bildhauers Hrn. von der Launitz ange-
troffcn. Außerdem werden aus der Periode germanischen
Stples noch Schnitzwerke in Elfenbein und Holz, mehrere
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