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keine Untersuchung ein, sondern bemerkt bloß, daß die !
unter deni Kaiser abgebildeten Gestalten „die zweier bav- ^
rischer Herzoge seyn sollen," und bezweifelt nur mit Recht
die Annahme Anderer, daß die Kaiserin Beatrir und
des Kaisers Sohn Stephan Fibulatus damit gemeint
seyen. Bei genauerer Betrachtung des Denkmals und
seiner Inschristen und bei Berücksichtigung einiger, die Loka-
lität betreffende» Umstände gibt sich die Erklärung leicht.
Das Denkmal besteht ans zwei Abtheilungen, in deren
oberer Kaiser Ludwig dir Bayer int Krönungsornat mit
den Insignien seiner Würde, Krone (Scepter *) und
Reichsapfel, auf einem Thron von altdeutscher Architektur
sizt, hinter dem zwei Engel einen reichverzierten Teppich
halten. Drei Wappen - der Doppeladler und die beiden
bayrischen, Löwe und Wecken — zieren das Fußgcstell
des Thrones, das zugleich Baldachin oder Decke ist, un-
ter und vor der zwei andere stehende Gestalten zu sehen
sind, dieselben, über deren Deutung man in Ungewißheit
ist. Die ältere von beiden, im langen Obergewand, unter
dem jedoch die männliche Kleidung und sogar Sporen
zu bemerken, hat beide Arme halberhoben gegen einen
jungen Mann in voller Rüstung gekehrt, der, die Linke
am Schwert, mit der Rechten jener entgcgenkommt.
Ein Löwe springt schmeichelnd an dem jungen Ritter
empor. — Nun muß man sich daran erinnern, daß die
jetzige Frauenkirche Herzog Sigismunds an der Stelle
der alten (kleineren), 1271 erbauten, aufgeführt wurde,
in welcher sich bereits die Fürstengrnst befand. Der erste
in derselben begrabene Bayernfürst war Ludwig der Kaiser;
die lczten aber vor Erbauung der neuen Kirche waren
die Herzöge Ernst und Albrecht von Bayern. Der leztere,
unter dem Namen der Junge (später der Weise), ist der
Vater des Stifters der Kirche, und durch seine Unglück-
l che Liebe zur Agnes Bernauerin Dichtern und Histo-
rikern hinlänglich bekannt. Sein Vater Ernst hatte
ihm die Prinzessin Anna von Braunschweig zur Gemahlin
bestimmt, und als er des Sohnes heimliche Ehe erfah-
ren, die schöne Agnes grausam ermorden lassen. Albrecht
war darauf zornentbrannt mit einem Heer gegen seinen
Vater zu Felde gezogen und hatte, mit Feuer und
Schwert sein eigenes Erbe verwüstend, für seinen Rache-
durst Befriedigung gesucht und auch wirklich gefunden.
Nachdem mehrere Ortschaften niedergebrannt und reichlich
Blut geflossen, zeigte er sich zur Versöhnung geneigt
und kam zum Vater nach München zu gegenseitiger Ver-
gebung (wie er denn auch nachgehends zur Ehe mit Anna
von Braunschweig sich verstand). Ein solches Ereigniß,
heilsam für das Volk und Land, für die fürstliche Fa-
milie gewiß unvergeßlich, bot sich dem Gründer des

* Ist abgebrochen.

neuen Domes als passendster Gegenstand dar, um die
Fürstengrnst, in die er seinen Vater hinabgesenkt, damit
zu schmücken, und dieses Ercigniß ist es, dem unver-
kennbar das Denkmal gewidmet ist, bei welchem Kaiser
Ludwig, als Stifter (oder erster Bewohner) der Gruft,
gewissermaßen zufällig in den Bereich der Darstellung
gekommen. * Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht
zuerst die Umschrift des Steines, in welcher zuerst Kaiser
Ludwig, sodann die andern Herzöge i» Bayern, bis auf
Albrecht den Jungen („Albrecht den Fünften," liest der
Verfasser, der lebte aber hundert Jahre später), genannt
sind; sodann die zweite Schrift auf der (sehr beschädig-
ten) Hohllippe, in welcher ausdrücklich Albrecht der Junge
und Anna von Vraunschweig aufgesührt werden; endlich
die lrei in dem Teppich auf kleinen Schildern befindliche»
Buchstaben: E unter der älter» Gestalt (Ernst), E in der
Mitte, unter dem Kaiser (Ludwig), und -i unter dem
Jüngling (Albrecht). Der schmeichelnde Löwe Bayerns,
der den jungen Empörer besänftigen will, findet auf
diese Weise von selbst seine Erklärung.

Vom Meister dieses vortrefflichen, dem Stvl »ach
dem Ende des l-ten Jahrhunderts «»gehörigen Werks
(ans rithlichrm Marmor) findet sich keine Spur; allein
er zeigt sich als ein Bildhauer von reinem plastischem
Gefühl und von Fähigkeit, seine 'Aufgabe auch allen
äußern Kunstansvrdernugen gemäß — also in Bezug auf
Richtigkeit der Formen und Verhältnisse, auf Durchbil-
dung und Ausführung des Details — zu losen. Er sieht
der schwäbischen Schule näher, als der oberdeutschen von
Nürnberg oder Bamberg, und verdiente wohl, ans dem
Dunkel der Vergessenheit vorgezvgen zu werden.

Die in dem gedachten Buche gegebene Abbildung
des Denkmals, von llnger gestochen (ob auch gezeich-
net?), verdient das größte Lob. ** Es sind zwar nur
Umrisse, allein mit größter Genauigkeit und mit voll-
kommenem Verständniß der Formen gezeichnet und höchst
geschmackvoll gravirt; mithin ganz geeignet, auch entfernte
Freunde der vaterländischen Kunst und ihrer Geschichte
auf ein bisher noch nicht hinlänglich gewürdigtes Werk,
und so nick jedenfalls auf eine bedeutende Kunstschule auf-
merksam zu machen. ff

s Vom Kaiser Ludwig eristirte i» der tsob zcrstdrtc»
Lorenzeapcllc der alte» Burg ein Grabstein, der indes!
spurlos verschwunden ist.

** Wie sie möglich gemacht worden, da der Stein von dem
Caudidsche» Denkmal ganz überbaut und man nur durch
kleine Oeffnungc» in die Höhlung krieche» kann, wo
man nur in gebückter Stellung bei Kerzenlicht zur
Ansicht gelangt, ist räthselhafc, wenn dein Zeichner nicht
ein vollständiger Gypiabguß zu Gebote stand, von dem
Ref. keine Kenntniß hat.

Verantwortlicher Redakteur: Or. Schorn.
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