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der plastisch-malerischen Farm sich wohlgefällig vereinigen,
die Nichterfüllung der vollen plastischen Normalität über-
sehen wird.

Hier ist nun dem Würdiger der Schönheitsformen
ein unermeßliches Reich aufgcthan, und auf jedem Schritt
findet er Reiz und Anmurh in unerscköflichem Maße
ausgetheilt. Das Urtheil wird umfassender und darum
milder; neben dem sogenannten schönen Gesicht erscheint
ein anderes, an dem der Beobachter solche Züge wahr-
nimmt, die selbst jenes noch mehr verschönern würden.
Die Heiterkeit aber ist es, die alle anmuthigen Formen in
erhöhte Harmonie bringt und bräutlich verklärt, weil sie
die lebendigste Thätigkeit des Gemüths an der Oberfläche
erscheinen läßt; wogegen finsterer Ernst, Gram, Schrecken
die Züge des Antlitzes zerstreuen und ihre Harmonie
zersetzen.

Das Alles weiß ein kunstgeübter Nachahmer der
Natur wohl, und ein geschickter Porträtmaler kann garan-
tiren, jedem Gesicht, daö nicht geradezu verzerrt oder
verunstaltet ist, irgend eine Seite der Wohlbildung ab-
zugewinnen, und durch seine Kunst, durch Hebung und
Dämpfung der Züge und des Kolorits, durch Stellung
und Beleuchtung des Ganzen dieses ansprechend zu machen.

Nebenbei wollen wir aber hier bemerken, daß gerade
unser nordisches Blut, das im Leben für koloristisch
schöner gelten kann, als das südliche oder orientalische,
für die Palette zu bunt, und trotz dieser lebendigen Ge-
sundheitsfrische, ja gerade wegen ihr künstlerisch zu kalt
erscheint, während unser Habitus noch überdies in der
plastischen Form hinter der Nace jener Länder zurücksteht.

Was.nun über das Antlitz gesagt ist, gilt gewisser-
maßen auch von den übrigen Fvrmcnsystemen des
Menschenkörpers, von Hals, Nacken, Brust, Bauch,
Schooß, Armen, Beinen, Händen und Füßen.

Unsere bisher nicht gesparten Worte und Bestim-
mungen sind jedoch immerhin nur ein unmächtiges, ja
vergebliches Bemühen, das eigentliche Wesen der schönen
Formen auszusprcchen, oder zu sagen, welche denn die
schönere unter den schönen, die schönste unter den schö-
nern sey.

Wir können uns nicht helfen. Die Schönhcitslehre
ist keine Geometrie; sie läßt keine mathematische Methode
zu. Der Schwung der einfachen Schönheitslinie ist nur
für sie selbst bestimmend; bei Potenzirung der Formen,
bei Gestaltung der Körper muß sie sich mannichfache Mo-
difizirungen gefallen lassen, sich durch gerade Linien und
Kreisbogen unterbrechen, das Scharfe, Eckichte in sich
aufnehmen. Die sinnige Festhaltung der Elemente ist
immer das erste; aber das Konkrete kann nicht wohl vor-
gcführt werden; cs begegnet uns im Leben in unendlichen
Variationen, und wenn irgend eine Philosophie peripa-
tetisch scyn soll, so ists die Kunstphilosophie.

Wir begnügen uns also, den Begriff so zu sagen
aus dem Groben zu hauen; wir fordern für die Schön-
heit den zweckmäßigen Bau der Organe, daß die Natur
nicht mehr Masse, als »othwendig und genügend genom-
men, um sie zu ihren Leistungen geschickt, gewandt zu
machen; wir fordern eine Vereinigung dieser verschiede-
nen, oft kontrastirenden Bildungen zu einem Ganzen,
eine Verbindung derselben durch schaubarc Wellenlinien,
eine weiche Verschmelzung der Züge, eine deutliche Pro-
nunziation der Formen durch malerische Gegensätze, ein
Durchleuchten der Seele, als belebenden, bewegenden Prin-
zips, namentlich durch das Auge und alle ihm dienenden
Züge, eine Beweglichkeit, sich kundgebend bei allen über
dem Animalischen stehenden Funktionen, den verschiedenen
schweigsamen und lauten Sprachen des Geistes, des Ge-
müths, der Kunst.

Faßen wir aber den Eindruck der menschlichen
Schönheit recht im Ganzen, so ist sie cs, deren Erscheinen
uns ein heiter-freies, wohlwollend-freundliches Walten
und Gestalten, ein bald ernst tüchtiges, bald naiv ent-
schiedenes Fördern des Guten und Schonen im Leben
verspricht und ahnen läßt.

(Fortsetzung folgt.)

Nachrichten vom September.

Lithographien.

Petersburg. Bei Velten: Cathc'rine, Elisabeth, Marie
Michaclowna, Grandes Duchcsses de Russie. Han dess.
d’apr. nat. Lafossc lith.

Prag. Bei BohmannS Erben: Christus im Schiffe
schlafend. Nach dem Karton von Jos. Führich auf Stein
gezeichnet von Eduard Schallcr. Gedruckt bei Anton
Machet. Folio.

Paris. Bei Veit undHausscr: L'AIge'rienne. Pluchart
pinx. Leon Nocl lith. Impr. de Lcmcrcicr, Benard et
Compagnie.

Lithographische Werke.

München. Bei Heinrich Köhler u. Comp. „Münchener
Album." Lithographirte Originälzeichnungen hier lebender
Künstler. Heft t, :. Gr. Fol.

Dresden und Leipzig. Bei Rudolph Weigel: Die Ge-
mälde des Michel Wohlgcmuth in der Frauenkirche zu Zwickau.
I» Auftrag des k. sächsischen Kunstvercins. Herausgcgeben
von Qua »dt. 14 S. Tert und 8 lithogr. Umrisse. Fol.

Paris. Bei Veit und Hausser: LeMoycn-Age pittoresque.
Vues et fragmens d’Architccture, Mcublcs, Armes, Dccorsctc.
cn Europe ou X. au XVII. siede. P«r Chapuy et autres.
Heft 27, 28.
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