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407

Vieles mit der Lcupe erblickt. Viele Bilder haben zwar
nur in den Lichtern den bläulich milchweißen matten Ton,
in den Schatten den des blanken Silbers in sehr mäßigen
Modifikationen, aber bei einzelnen ist auch der Charakter
der eigenthümlichen Lokalfarben wiedergegeben. So ist
ein dunkelgrünes Haus in voller Sonnenbeleuchtung bräun-
lich nachgcbildet, nebenstehende hellrothe und lilafarbene
weit Heller und mehr ins Grau fallend. Schwarze Straßen-
laternen , eisernes Gitterwerk erscheint matt schwarz,
während die Schatten blank sind (reine Silberpolirung).
Inneres von Kirchen läßt sich nicht gut aufnehmen, weil
alle geraden Gegenstände, die naher als Zn Schritt liegen,
sich mehr oder minder krümmen, mithin unrichtig, ja
zum Theil verunstaltet erscheinen. Aber in größeren
Entfernungen habe ich keine Unrichtigkeiten bemerkt, viel-
mehr dann völlig gute Bilder bis zum Rande der neun
Zoll großen Platten erhalten. Um möglichst treue Por-
träts zu schaffen, muß man die Mitte des Focus gerade
auf den Kopf der Figur richten. Doch auch mit geschlos-
senen Augen ist es höchst beschwerlich, sich eine Viertel-
stunde lang der vollen Sonne auszusetzen. 2.

Demerlumg cn.

Was ist „Genre?" Es wird sich nicht sowohl fragen,
was die Franzosen zuerst in diese Bezeichnung gefaßt
haben, als vielmehr, was wir uns nach dem jetzigen
Stande der Kunst und ihrer Erweiterung auf alleö Nach-
ahmbare in der Natur und Mcnschcnwelt bei diesem
Begriff in seiner bequemen Anwendung denken wollen.
Am besten ist wohl, man scheidet zuerst alles dasjenige
von ihm aus, was entichieden anderen Kunstarten an-
gehört, als: das Histori>che, Religiöse, Mythologische,
Allegorische, das Porträt, die lebensgroßen Darstellungen
menschlicher Gestalt; ferner die Landschaft, das Schlacht-
gcmälde, die Thierstücke, die Blumen - und Früchtestücke,
die Stillleben, die Architekturbilder, Feuersbrünste re.
Nun bleiben uns noch: Konversationsstücke, häusliches,
ländliches Leben, bürgerliches, bäuerliches Wesen, lustige
Geselligkeit, Spiel, Trunk, Galanterie, Soldaten-, Feld-
und Garnisonolcben, Bambocciaden, Karrikaturen, Schäfer-
stücke, Jahrmärkte, Kirchweihen, Marktplätze, Hochzeiten,
Räuberscencn, Mönchs-, Nonnen-, Gespenster- undHercn-
stückc rc. Wir finden es bequem, für solches Mcnschen-
thum in seinen spezifischen und einzelnen Formen und
Variationen einen Kollcktivkunstnamen zu haben. Wie
der Geschichte und dem Epos der Ronian, die Novelle,
die poetische Erzählung gcgrnübersteht, so dem historischen !
Gemälde das Genrebild. !

Bei der Geschichte denkt man an das Geschehene, an
dessen Veranlassung und Folgen, an die Offenbarung
menschlichen Willens, menschlicher Leidenschaften, Neigun-
gen, Wünsche, Bedürfnisse in einem interessanten Vor-
gänge von nationeller Bedeutung. Das Sächliche überwiegt
aber das äußerlich Persönliche. Unser inneres Auge richtet
sich nur auf die Hauptpersonen, und wie sich in ihrer
Gestalt, Stellung, Gruppirung, ihren Gcbcrdcn und
Mienen der Vorgang, das sittliche Moment ausdrückt.
Eben so verlangen wir vom historischen Bild eine möglichst
einfache Größe, das Vortreten und Herrschen des Wesent-
lichen ohne Zerstreuung durch Beiwerke:c. Es ist eine
Vergangenheit, die sich uns vergegenwärtigt, ein Ent-
wickeluugsmoment des öffentlichen Lebens der Nation.

Wie aber Roman und Novelle sich bemühen, ihre
Gemälde uns zur Gegenwart zu machen, und durch die
lebendigste Objektivität, durch Schilderung der ganzen
Aeußerlichkeit, wozu oft lebendige und leblose Nebendinge
Veihülfe leisten müssen, durch Aufdeckung der Gesinnun-
gen und Empfindungen der Mitspielcnden unserer Ima-
gination recht nahezu rücken, durch cingestreuteReflerivnen
uns aus der Seele zu sprechen, und uns so zur innigen
Theilnahme zu bewegen, wodurch denn der, wenn auch
öffentliche Vorgang durch unser Hineinschauen zu einer
Privatangelegenheit und Familiarität wird; — eben so
hebt auch das Genrebild seinen Gegenstand aus der höher»
Sphäre der Nationalgeschichte in den der Bürgerlichkeit,
Häuslichkeit, Familiarität herüber, bringt ihn durch die
Zuthat von Beiwerke», durch treue Nachahmung der
Physiognomien, Kostüme, Oertlichkeit rc. uns nahe, und
wählt ein solches Format, das, für öffentliche weite Räume
zu klein, sich unser» Privatwohnungcn bequcmt und mit
Demjenigen harmonirt, was wir innerhalb derselben oder
aus unfern Fenstern wahrnehmen. Der Geist, der Ton,
die Sitte, die Mode der Gesellschaft spricht sich darin
aus, nicht eben stets der heutigen, aber doch einer so
gewesenen, so daß wir uns das Bild als Darstellung,
Ebenbild einer Gegenwart, als heitere, belebende Zierde
eines wohnlichen Raumes denken können.

Der Stoff entscheidet nicht. Man kann aus antiken,
aus religiösen Scene» Genrebilder machen. Böttigcr's
„Sabina" oder „Morgenscenen im Putzzimmer einer vor-
nehmen Römerin" könnte eine Reihe Genrebilder liefern;
eben so könnte man biblische Geschichten behandeln, und
cs ist wohl, wenn auch nicht absichtlich, geschehen; und
dieses Genremäßige ist es auch, was uns zuweilen an
historisch seyn sollenden antiken oder biblischen Darstel-
lungen stört.

Wir wollen dagegen die naiven Schöpfungen der
altdeutschen Maler, trotz dem, daß sie statt Ideale Por-
träts anbrachten, daß sie in Beiwerken unerschöpflich, in
Naturnachahmung wie plastisch getreu waren und Alles
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