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Figuren zurück, denen diese Buchstaben, diese Schnörkel
und Blumen zur Wohnung, zur Stütze, als Schirm-
dächer und Wahrzeichen dienen. Sie sind in dem ein-
fachen Styl, den wir aus den Compositionen von Hein-
rich Heß und Schlotthauer kennen, mit ungemeiner
Lieblichkeit den Gesängen angepaßt, voll von tiefem
Seelenausdruck und wahrhaft kindlichem Gefühl. So
die Verkündigung im ersten Liede: „Nun kam der Heiden
Heiland;" — welche Innigkeit und kindliche Reinheit
in der Figur des knieenden Engels! Wie schön schwebt
die Gruppe der singenden Engel in dem L des zweiten
Liedes, und mit welcher Rührung betet Joseph über dem
neugebornen Kinde! Die Hirten, welche bei dem: „ Ge-
lobet seyst du, Jesu Christ!" die im G thronende Maria
anbeten, dem segnenden Kinde Musik und Früchte bringen
— man sieht es, sie sind herbeigeeilt voll Jubel, voll
festen Glaubens und treuer Zuversicht. Neben dem
schonen: Liede „Vom Himmel hoch da komm' ich her"
zeigt ein Engel den neugebornen, unter Rosen liegenden
Heiland den freudig betenden Kindern. Nicht minder
schön und eigenthümlich ist die Verkündigung der Hirten
ans dem Felde, die Darstellung im Tempel und die
Himmelfahrt; dann Moses, wie er die zehn Gebote
empfängt, die Engel, welche sie verkündigen und das
Bild der Dreifaltigkeit zu dem: „Wir glauben All' an
einen Gott." Eine kraftvolle und majestätische Compo-
sition ist der von Engeln begleitete Heiland, wie er den
Satan verscheucht, zu dem Lied: „Eine feste Burg ist
unser Gott." Das aufgeschlagene Buch haltend, schwebt
er im Sterne daher, und seine wie zum Segen erhobene
Rechte scheucht den finstern Geist mit mehr Gewalt in
den Schlund der Hölle, als die gezückten Schwerter der
begleitenden Engel es vermögen. — Minder gelungen
sind die Figuren des Propheten Jesaias und des Gott
Vater über ihm, auch wünschten wir dem Heiland in
mehreren dieser Bilder ein weniger knapp gescheiteltes
Haupthaar. Ueberaus anmuthig erfunden ist die unter
Lilien stehende Madonna mit dem ohnmächtig sie bc-
dräuenden Drachen, zu dem Liede: „Sie ist mir lieb die
werthe Magd." Die Composition zu dem: „Herr Gott
dich loben wir," obwohl in schöne Linien gefaßt, geht
doch nicht über das Gewöhnliche hinaus und die kurzen
Verhältnisse schaden den Figuren, auch die musicirenden
Engel über dem Titel ermangeln guter Zeichnung und
Drapirnng, während die kelternden Engelknaben unten
voll Leben und Wahrheit sind.
Der Name des Holzschneiders ist auf dem Titel
verschwiegen. Ec ist wahrscheinlich ein Deutscher, und
hätte sich unbedenklich nennen dürfen.
Aus dem Münchner Annst- und AünsUerleben.
vi.
(Fortsetzung.)
An Thorwnlvsen.
Klagend saß auf Noma's Trümmern
Lang die bobe Bildnerknnst;
Keine Hoffnung sav sie schimmern,
Daß sich neu ihr Licht entzünde.
Daß sie einen Jünger finde.
Welcher wcrth setz ihrer Gunst.
Sehnend blickte sie vom Hügel
In die blaue Ferne hin.
Und der Wünswe rascher Flügel
Trug zu ihres Ruhmes Wiege,
Zn dem Lande ihrer Siege.
Trug »ach Hellas ihren Sinn.
„Soll er nicht von dort erscheine».
Der mich liebt und ganz versteht?
Soll ich ewig Euch beweinen.
Bringt Athen mir, Argos nimmer
Phidias und Polyklet?"
Kaum entfloh das Wort dem Munde,
Horch! da rauscht es leise nah;
Reich an froher Trvstesknndc
Sicht von des OlpmpoS Höhen
Hergesandt wie Stnrmcswchcn
Hermes, der Beschwingte, da.
Mit dem leichten Gdtterstabe
Deutet er zum Meeresstrand;
„Nicht von Hellas naht die Gabe" —
„Blick' - so ruft er — blick' nach Norde»;
Dort ist er geboren worden!"
Sprach es lächelnd und verschwand.
Als »och staunend sann die Hehre
Ob dem räths. lvollen Wort,
Nahte schon aus nord'schem Meere,
Fern wo Tbnle's Felsen ragen
Durch die Wogen kühn getragen.
Sich ein Schiff des Südens Port.
Und heraus mit offnen Mienen
Sprang ein Jüngling Hellen Blicks:
„Deine Gunst will ich verdienen" —
Rief er hingewandt zur Frohen; —
„Altes dank' ich dir, der Hohen,
Bist die Schbpf'ri» meines GlückS!"
Figuren zurück, denen diese Buchstaben, diese Schnörkel
und Blumen zur Wohnung, zur Stütze, als Schirm-
dächer und Wahrzeichen dienen. Sie sind in dem ein-
fachen Styl, den wir aus den Compositionen von Hein-
rich Heß und Schlotthauer kennen, mit ungemeiner
Lieblichkeit den Gesängen angepaßt, voll von tiefem
Seelenausdruck und wahrhaft kindlichem Gefühl. So
die Verkündigung im ersten Liede: „Nun kam der Heiden
Heiland;" — welche Innigkeit und kindliche Reinheit
in der Figur des knieenden Engels! Wie schön schwebt
die Gruppe der singenden Engel in dem L des zweiten
Liedes, und mit welcher Rührung betet Joseph über dem
neugebornen Kinde! Die Hirten, welche bei dem: „ Ge-
lobet seyst du, Jesu Christ!" die im G thronende Maria
anbeten, dem segnenden Kinde Musik und Früchte bringen
— man sieht es, sie sind herbeigeeilt voll Jubel, voll
festen Glaubens und treuer Zuversicht. Neben dem
schonen: Liede „Vom Himmel hoch da komm' ich her"
zeigt ein Engel den neugebornen, unter Rosen liegenden
Heiland den freudig betenden Kindern. Nicht minder
schön und eigenthümlich ist die Verkündigung der Hirten
ans dem Felde, die Darstellung im Tempel und die
Himmelfahrt; dann Moses, wie er die zehn Gebote
empfängt, die Engel, welche sie verkündigen und das
Bild der Dreifaltigkeit zu dem: „Wir glauben All' an
einen Gott." Eine kraftvolle und majestätische Compo-
sition ist der von Engeln begleitete Heiland, wie er den
Satan verscheucht, zu dem Lied: „Eine feste Burg ist
unser Gott." Das aufgeschlagene Buch haltend, schwebt
er im Sterne daher, und seine wie zum Segen erhobene
Rechte scheucht den finstern Geist mit mehr Gewalt in
den Schlund der Hölle, als die gezückten Schwerter der
begleitenden Engel es vermögen. — Minder gelungen
sind die Figuren des Propheten Jesaias und des Gott
Vater über ihm, auch wünschten wir dem Heiland in
mehreren dieser Bilder ein weniger knapp gescheiteltes
Haupthaar. Ueberaus anmuthig erfunden ist die unter
Lilien stehende Madonna mit dem ohnmächtig sie bc-
dräuenden Drachen, zu dem Liede: „Sie ist mir lieb die
werthe Magd." Die Composition zu dem: „Herr Gott
dich loben wir," obwohl in schöne Linien gefaßt, geht
doch nicht über das Gewöhnliche hinaus und die kurzen
Verhältnisse schaden den Figuren, auch die musicirenden
Engel über dem Titel ermangeln guter Zeichnung und
Drapirnng, während die kelternden Engelknaben unten
voll Leben und Wahrheit sind.
Der Name des Holzschneiders ist auf dem Titel
verschwiegen. Ec ist wahrscheinlich ein Deutscher, und
hätte sich unbedenklich nennen dürfen.
Aus dem Münchner Annst- und AünsUerleben.
vi.
(Fortsetzung.)
An Thorwnlvsen.
Klagend saß auf Noma's Trümmern
Lang die bobe Bildnerknnst;
Keine Hoffnung sav sie schimmern,
Daß sich neu ihr Licht entzünde.
Daß sie einen Jünger finde.
Welcher wcrth setz ihrer Gunst.
Sehnend blickte sie vom Hügel
In die blaue Ferne hin.
Und der Wünswe rascher Flügel
Trug zu ihres Ruhmes Wiege,
Zn dem Lande ihrer Siege.
Trug »ach Hellas ihren Sinn.
„Soll er nicht von dort erscheine».
Der mich liebt und ganz versteht?
Soll ich ewig Euch beweinen.
Bringt Athen mir, Argos nimmer
Phidias und Polyklet?"
Kaum entfloh das Wort dem Munde,
Horch! da rauscht es leise nah;
Reich an froher Trvstesknndc
Sicht von des OlpmpoS Höhen
Hergesandt wie Stnrmcswchcn
Hermes, der Beschwingte, da.
Mit dem leichten Gdtterstabe
Deutet er zum Meeresstrand;
„Nicht von Hellas naht die Gabe" —
„Blick' - so ruft er — blick' nach Norde»;
Dort ist er geboren worden!"
Sprach es lächelnd und verschwand.
Als »och staunend sann die Hehre
Ob dem räths. lvollen Wort,
Nahte schon aus nord'schem Meere,
Fern wo Tbnle's Felsen ragen
Durch die Wogen kühn getragen.
Sich ein Schiff des Südens Port.
Und heraus mit offnen Mienen
Sprang ein Jüngling Hellen Blicks:
„Deine Gunst will ich verdienen" —
Rief er hingewandt zur Frohen; —
„Altes dank' ich dir, der Hohen,
Bist die Schbpf'ri» meines GlückS!"