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2V 11.

Kunstblatt.

Dienstags den 6. Februar 1814.

Mythologie und Archäologie.

1. Apollons Ankunft in Delphi. Von
P. W. Forchhammer. Kiel 1840. 4.

2. Phriros der Herold. Von Ed. Gerhard.
Berlin 1842. 4.

3. Etymologisch - symbolisch - mythologisches Neal-
Wörterbuch, zum Handgebrauche für Bibelfor-
scher, Archäologen und bildende Künstler u. s. w.
Von F. Nork. Stuttgart 1843. Gr. 8.

4. Antike Marmorwerke, zum erstenmal bekannt
gemacht von Emil Braun. Leipzig 1843.

(Fortsetzung.)

Nach dieser Digression kehren wir zurück zu Herrn
Forchhammer, dessen Behauptung wir noch zu prüfen
haben, daß wir in der Archäologie keinen Schritt weiter
kommen, wenn wir nicht den Sinn des Mythus in der
von ihm bezeichnetcn Weise erklären. Wenn wir seinem
Verfahren für die Mythologie thcilweise Geltung zuer-
kannr und uns nur gegen die Ausdehnung, die er seiner
Theorie gibt, erklärt haben, so müssen wir gegen ihre
Anwendung auf die Archäologie durchaus protestiren.
Der unterscheidende Charakter der griechischen Religion
von der orientalischen besteht darin, daß sie sich von
dem starren mit der Natur auf's Engste verwachsenen
Symbol zu dem durch individualisirte, ethische Wesen
belebten Mythus erhoben hat. Daß dieser Fortschritt
nicht das Werk eines Augenblicks, sondern das Crgcbniß
Jahrhunderte langen Ringens des Geistes war, versteht
sich von selbst, und so mögen in der Periode der stam-
melnden Kindheit immerhin solche Mythen gebildet wor-
den seyn, mir sie Herr F. in den geographischen Ver-
hältnissen, verbunden mit der etymologischen Ausdeutung
der Namen, gegründet findet. Allein in dem Alter, wo
sich der Charakter des Individuums so wie der Nationen

ausspricht, in dem Jünglings- und Manncsalter, hatte
sich der Glaube zu anthropomorphlsirten, sittlichen Wesen
erhoben, und daß dieser Glaube durch Homer und He-
siod zum Volksglauben erhoben worden scy, dieses Bc-
wußtseyn spricht der Vater der Geschichte unumwunden
aus. An der Hand der epischen Poesie, aber erst Jahr-
hunderte später, entwickelte sich die bildende Kunst, —
ganz natürlich, denn die Kunst, deren höchster und wür-
digster Vorwurf der Mensch mit seiner Geschichte und
die die menschliche Gestalt verklärt darstellende Gottheit
ist, konnte erst dann sich entwickeln, nachdem die Dunst-
und Nebelperivde abgclaufen war, und der Mensch sich
als die Krone und den Herrn der Schöpfung erkannt
hatte. Betrachten wir daher Kunstwerke des griechischen
Alterthums, mögen sie aus einer Periode stammen, aus
welcher sie wollen, so verstehen wir sie, wenn wir den
Mythus gedeutet haben, der ihnen zu Grunde liegt;
was aber die antideucalionischen Griechen unter diesem
Mythus verstanden haben mögen, darnach fragen wir
eben so wenig, als es uns je beigegangen ist, in den
Loggien des Vatikans darüber zu grübeln, wie es sich
mit der mosaischen Erzählung von der Schöpfung, von
dem Paradies, dem Sündenfall u. s. w. auch wirklich
verhalten möge; genug, daß Moses es so erzählt, und
der Künstler dieser Erzählung gefolgt ist. Wenn aber
vollends gar für die Kunstwerke aller Perioden ohne Un-
terschied eine Deutung in der erwähnten Art gefordert
wird, so möge Herr Dr. Braun für uns antworten.
Dieser um die Archäologie so vielfach verdiente Mann
äußert sich in der Vorrede zu dem unter Nr. 4 erwähn-
ten Werke in Beziehung auf Fvrchhammers Theorie fol-
gendermaßen: „Ich frage jeden Unpartheiischen, dem
Aeus den Sinn nicht geblendet hat, ist eS denkbar, daß
römische Sarkophagenfabrikauten, Vasenmaler und an-
dere werkthätige Leute zweiter Sphäre, denen wir gerade
— der Zufall hat es so und nicht anders gewollt — die
Mehrzahl antiker Denkmäler, den Kern unserer Monu-
mentalerudition verdanken, ist es möglich, daß diese
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