Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50

also gewiß, daß Agamemnon bei den Cariern, wie
Hermes bei den Thraciern, Gott deS Himmels war.
Seine Töchter heißen Jphigenia, deren Identität mit
Artemis entschieden ist, Jphianassa, ursprünglich ein
Prädikat der Jphigenia, bezeichnend die Macht der
Mondgöttin über Himmel, Erde und Unterwelt, und
Electra (Schlaflose), ein Prädikat der Mondgöttin,
welche wacht, wenn Alles schläft. Alcmene, ln.*-
ist die starke oder streitsüchtige Mondgöttin. Ihr
Mann Amphitryo ist der von allen Seiten Ausge-
höhlte, Ufifi-rQwy. Dieses Bild ist von der Mond-
scheibe entlehnt, welche nach dem Vollmonde wieder zu
einer dünnen Sichel zusammenschrumpft, denn der Son-
nengott ist am Jahresende seiner Gattin vor dem Neu-
monde gleich. Amphitryon ist aber Zeus selbst, für
welchen ihn Alcmene auch ansieht, denn sie ist ja auch
Here, und darum gebiert sie — nur um eine Nacht
später — den Sohn des Amphitryo als jenen des Zeus;
beide Söhne sind aber nur zwei Personifikationen Eines
Begriffs, denn ’/r/W^s ist gleichbedeutend mit :'Aixuio
wie Herkules als Sol invicius heißt. Diese Mythe ist
ursprünglich auf indischem Boden entstanden, denn auch
Indra, der Beherrscher der Luftregiou (also Zeus), hatte
sich in Ahalya, die Gattin des Gautama, verliebt, und
weil sie seine Wünsche nicht befriedigen wollte, erreichte
er seinen Zweck dadurch, daß er die Gestalt ihres Man-
nes annahm. — <2reoii (XjsW, rex, Prädikat des Son-
nengottes), König, d. h. Landesgottheit in der Souncn-
stadt Corinth, gab seine Tochter Creusa (Prädikat der
Mondgöttin) dem FrühlingSbringer und dem Besitzer
deS Aequinoktialvließes zur Gemahlin.

Verlangen nun unsere Leser von uns ein Urtheil
über dieses mythologische Verfahren, so sehen wir vor-
aus, daß eine Verständigung mit dem Herrn Verfasser
unmöglich ist; auf alle unsere Einwürfe und Bedenken
ist die Antwort bereits in dem Werke uiedergelegt.
Stellen wir den auf dem Umschlag der ersten Hefte ge-
sammelten Motto's auch eineö aus Heeren entgegen
(Ideen I, 3. S. 236): „ohne historische Stützen ist das
bloße Etymologisiren ein Glücksspiel, wo auf Einen
Treffer viele Fehler kommen," und erklären wir cs für
eine maßlose Willkür, die Etymologien und Mythologien
aller Völker, selbst der Hebräer, zur Erklärung der grie-
chischen Mythen aufzubieten, so erhalten wir zur Ant-
wort, daß schon die Griechen, wie vielmehr die Philo-
logen der heutigen Tage, die Kenutniß der Ursprache
verloren haben; Herr Nork aber hat in den mystisch
lautenden Wörtern Konx Ompax, die noch heutzutage
in den indischen Pagoden, wie einst in dem Weihetempel
zu Eleusis, ertönen, einen untrüglichen Fingerzeig, er-
halten, daß diese Ursprache im Sanskrit zu suchen sey,
und mittelst ihrer dringt er in die Geheimnisse der Ur-

offenbarung ein. Wir nehmen dieß gläubig hin, und
trösten uns mit dem aristophanischen Spruch:

ov naVTog avSpog eg KuinvO uv ’ß u nZovg,

was nach Herrn Nork's System heißen wird: keinem
Maulwurf ist cs vergönnt, sich zur Souuenstadt (Co-
rinth) zu erheben. Doch wagen wir noch eine beschei-
dene Frage. S. 2 heißt es: „Abellio {A-ßüiag, Pfeil),
cretensischer Name des Strahlensendcrs Apollo, dessen
Verwandtschaft mit dem babylonischen Bel dadurch außer
Zweifel gestellt ist." Damit stimmt auch der betreffende
Artikel in der Real-Encyklvpädie der klassischen Alter-
thumswiffenschaft von Paulp überein. Unter dem Ar-
tikel Apollo heißt es sofort: „Cretens. Abellio, A-ßüiog,
der Licht- und Tagesgott, genannt von dem Strahlen-
pfeil ßUog, von skr. paias, Strahl, Pfeil, Säule, put,
brennen, leuchten, lat. paileo. weiß seyn." Wir fragen
nun, wäre es nicht sprachrichtiger, das cretische Aßihog
mit den Auslegern zum Hesych, durch Einfchiebung des
aeolischcn Digamma, zu erklären, indem das ß ja wie
f ausgesprochen wurde? Wir glauben der Zustimmung
der Philologen versichert zu seyn, wenn wir behaupten,
AßO.wq ist nichts anderes, als das digammirte äshog.
Allein die Verwandtschaft des gallischen Abellio, deS grie-
chischen Apollo und des Bel zu Babel ist doch gar zu
schön. Bereits tönt es uns in den Ohren:

Avnri&t], ttoTcv äs 47log tpvyev f(inog oöovrwv^

und gleich auf der zweiten Seite der Vorrede finden
wir ein Anathema gedruckt gegen „die philologischen
Bergmänner, welche, wie die bisherige Erfahrung zeigt,
mit all ihrem gelehrten Apparat auch nach jahrelangen
Nachgrabungen die wirklichen Goldadern nicht zu ent-
decken vermögen." Noch nicht geschreckt wagen wir eine
dritte Einrede, und berufen uns in der schon oben an-
gedeuteten Weise auf den klaren Sinn der griechischen
Dichter, welcher eine solche Auffassung nun und nim-
mermehr zulaffe. Allein siehe da, wir werden abermals
auf die Nase geschlagen, denn S. Xi der Vorrede wird
die verkehrte Behandlungswcise der hieratischen Literatur
der Vorwelt gerügt und die Behauptung anfgestellt,
„daß die Mehrzahl unserer Dichter und Kunstrichter
Horazeus Vorschrift:

— — Exemplaria gracca

Nocturna vcrsate manu vcrsale cliurna

nicht sobald vergessen hätte, wenn ihnen der eigentliche
Werth der Alten nicht von dem bezopften Magister Duu-
sius verläugnet worden wäre, welcher wegen seiner viel-
leicht angeborncn Geisterscheu sich hinter Buchstaben zu
retiriren pflegt." Fragen wir dann wißbegierig nach
dieser hieratischen Literatur der Vorwelt, so finden wir
darüber in der Note Aufschluß. „Dazu gehören nicht
nur die aus den alten Festdramen hervorgegangenen
Tragödien (mit Ausnahme der rein politischem Zwecke
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen