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2Y 41.

Kunstblatt.

Dienstag, den 21. Mai 1814.

Nene Kupferstiche und Nadirungen.

1. Dreißig Bilder zum Don Quirote, erfunden
und radirt von A. Schrödter in Düsseldorf.
Leipzig, bei Mayer und Wigand. Groß Folio.
1 Fuß 3 Zoll br., 1 F. 9 Z. hoch. 1. Lieferung.

Wem wäre der Name Schrödters und seine hei-
tere Laune, seine in Lust wirdelnde Phantasie nicht be-
kannt? Ja wen müßte man erst daran erinnern, daß
er cs war, der den Ritter von der traurigen Gestalt,
diesen Crösus an Lachstoff, durch sein unvergleichliches
Gemälde in den deutschen Kunstsaal eingeführt? Es
kann demnach kein Zweifel bestehen über die Freude, mit
welcher das oben angezcigtc Unternehmen von den Kunst-
freunden begrüßt werden wird, zumal da uns das Werk
nicht durch fremde, sondern durch des Künstlers eigene,
geistreiche Hand vervielfältigt dargcboten wird. Das
erste Heft desselben liegt vor uns; es enthält 3 Blätter:
1. der lesende Don Quirote; 2. die Waffenwacht; 3. der
Kampf mit den Windmühlen.

Ehe wir auf die einzelnen Darstellungen eingehcn,
seyen uns einige allgemeine Bemerkungen gestattet.
Vom Erhabenen zum Lächerlichen, sagt man, ist nur ein
Schritt; die Entfernung vom Lächerlichen zum Schreck-
lichen ist auch nicht größer; wie dort, so kommt hier
Alles auf die Auffassung an. Don Quirote ist die Ge-
schichte eines Wahnsinnigen, und somit an sich gewiß
nicht ergötzlich; aber sein Wahnsinn ist die Narrheit der
halben Welt, die nicht aus den Kinderschuhen heraus
will, die rückwärts sieht und greift, indem sie vorwärts
geht oder geschoben wird, und die das Gesetzbuch des
Möglichen, Erlaubten und Nothwendigen außer ihr nur
in sich, in der eigenen Vorstellung trägt. Daß der Trä-
ger dieser Narrheit zugleich ein durch und durch edler,
vollherziger Charakter ist, rückt ihn uns und unserer
Theilnahme noch näher, und wir verlachen in ihm
eigentlich nur die etwas in's Eckige und Große gezeich-

neten Züge von uns selbst oder unfern Freunden. Ganz
anders, wo diese Beziehung wegfällt, wo die Narrheit
des Romanticismus als solche, der spezielle Wahnsinn
eines armen Edelmanns, die mannigfachen oft sehr bc-
klagenswerthen Folgen desselben in den Vorgrund treten.
Dann vergeht uns der Spaß, unsere Theilnahme zeigt
sich als Mitleid, und obschvn zuweilen erschüttert, ver-
härten wir allmählig unter der Hartnäckigkeit der Toll-
heit. Cervantes läßt uns nicht einen Augenblick im
Zweifel darüber, daß es ihm um die spezielle, ich möchte
sagen, materielle Geschichte eines Verrückten nicht zu
thun ist, und der Dichter hat dies leicht in seiner Ge-
walt. Dem Maler ist die Aufgabe schwieriger gemacht,
da ihm für seine Personen das Wort, das einer und
derselben Handlung ganz verschiedene Bedeutung giebt,
fehlt, und nur der Moment und die Darstellungsart
der Handlung eine Modifikation andeuten können.

Ob Schrödter das Buch des Cervantes unter diesem
Gesichtspunkt betrachtet, ob er, wenn er es gethan, un-
sere Ansicht theilt, wissen wir nicht; das aber scheint
aus den drei vorliegenden Blättern hcrvorzugeyen, daß
es ihm vornehmlich um die Geschichte des Ritters von
La Manch« ohne alle weitere Beziehung zu thun ist,
und daß er diese so wahr darstellen will, daß man ge-
wissermaßen Augenzeuge davon ist. Dies ist ihm nun
gleich in dem ersten Blatte auf das allervollkommenste
gelungen. Der ausbrechende Wahnsinn, die Veranlas-
sung und der Träger desselben sind uns mit einer bis
in die kleinsten Züge vollendeten Lebendigkeit und Wahr-
heit geschildert, allein an den Anfang einer lustigen Ge-
schichte denkt dabei wohl nicht leicht Jemand. Die Dar-
stellung ist übrigens der Kunstwelt bereits aus dem oben
genannten berühmten Oelgemälde des Künstlers bekannt:
Der Ritter sitzt einsam in seinem Zimmer, von Ritter-
büchern und Ritterwaffen umgeben und vertieft in die
Abenteuer des Amadis von Gallien. — Das zweite Blatt,
die Waffenwacht, zeigt uns den Ritter einsam in mond-
heller Nacht in einem Bauernhof, auf einen Brunnen
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