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gestützt, die Waffen neben sich; ein Bild von ergreifen-
der Wahrheit. Aber auch hier ist nichts zum Lachen;
die lange, hagere Gestalt des Ritters, sein verzweif-
lnngsvolles gen Himmel gerichtetes Antlitz, die schmer-
zenpreffende Linke am Herzen, Alles stimmt uns zu
tiefem Mitleid und Rührung, und durch keinen Con-
trast, alS den wir etwa selbst in das Bild tragen, wird
das Zwecklose und somit Lächerliche seiner Sorge und
seines Grams bezeichnet. — Was iudeß Wahrheit der
scenischen Darstellnng betrifft, so werden die ersten bei-
den Blätter beträchtlich überboten vom dritten, dem
Kampf mit den Windmühlen. Der Ritter hat, der
Warnung seines Knappen ungeachtet, sich in den gefähr-
lichen Kampf mit den vermeintlichen Riesen eingelassen
und seine Lanze in einen der schwingenden Windmühlen-
flügel gestoßen, und wird nun, durch diesen ergriffen,
vom Pferd gerissen und in die Luft geschlendert. Das
Pferd hat, wenn nicht das gleiche, doch ein ähnliches
Schicksal betroffen; seine Lage auf der linken Schulter,
die Hinterbeine in der Luft, den Bauch nach vorn und
oben hat etwas Schreckenerregendcs. Auch da ist nichts
zu lachen, und wir Alle nehmen an dem Angstruf des
armen Saucho im Hintergründe, um die Lebensgefahr
seines Herrn, Theil. Für diese Scene liegt, nach un-
serer Ansicht, der Moment der Darstellung, die male-
risch-poetische Kraft, vor der That, in der Unbeugsam-
keit, mit welcher Don Quirote, ohne auf die Demon-
strationen des gesunden Menschenverstandes in seinem
Knappen zu achten, sein Ziel verfolgt und auf die Wind-
mühlenriesen losgeht.

Wenn wir demnach glauben, daß der Künstler durch
seine mit bewuudernswerthem Glück verfolgte Annähe-
rung an den Don Quirote — den Cervantes in etwas
ans den Augen verloren und somit in Gefahr steht, die
Comodie in eine Tragödie umzusetzen, und wenn wir
hoffen, daß der ihm eigene Genius des Humors in der
Folge ihn und den edlen Ritter über diese Klippe leicht
hinüber in's heitere Land der Dichtung tragen wird, so
können wir doch nicht umhin, eine andere Seite au den
besprochenen Blättern hervorzuhcben, nach welcher sie zu
den ausgezeichnetsten neuern Werken der Nadirnadel
gehören. Hier zeigt er nicht etwa nur eine Meisterschaft
und Sicherheit, und Geschmack und Verständnis, nicht
nur Kenntnis der Wirkung und der Mittel sie zu er-
reichen, sondern vor allen eine Feinheit des Gefühls in
der Führung der Nadel, daß man wohl sagen kann, daß
nicht ein Strich ohne Empfindung gemacht ist, und jede
Linie individuelles Leben und Wahrheit hat. Auch das
Aetzen ist mit bewundernswerther Genauigkeit und glück-
lichem Takt ausgeführt und damit eine große Scala
von Tönen erreicht worden. Der Druck ist nach einer
Methode ausgefnhrt, welche durch Zurücklassung der

Druckerschwärze auf einzelnen Schattenlagen diese ver-
stärkt, eine Methode, für welche wir uns, eben ihrer
Unsicherheit wegen und weil sie den Contouren häufig
ihre Bestimmtheit schmälert und die Vollendung des
Stichs gewissermaßen in fremde Hände legt, nicht wohl
entscheiden können; inzwischen verdankt, nach unserm
Dafürhalten, namentlich die Mondscheinscene ihr viel
natürliche Wirkung. — Schließlich scy noch erwähnt, daß
bei den Abdrücken vor aller Schrift die gelegentlichen
Einfälle des Künstlers, Versuche von Physiognomien,
Stellungen, Gruppen, die er vielleicht durch's Fenster
auf der Straße gesehen, u. dergl. mit seiner Nadel an
den Rand radirt sind, eben so viele Zeugen seiner kunst-
fertigen Hand als seiner heitern Lebensansicht, der wir
die Fortsetzung dieses schönen Werkes nachdrücklich und
achtungsvoll empfehlen.

(Fortsetzung folgt.)

Die Düsseldorfer Aunftschnle im Jahr 1843.

(Fortsetzung.)

Auf der sich hieran schließenden Querwand, nur
durch einen zwei Zoll breiten weißen Zwischenraum ge-
trennt, ist die Einführung des Christenthums durch den
heil. Senibcrtus, Apostel des Wuppcrthales, dargestellt.
Mücke malte diesen Abschnitt. Der genannte Heilige
verhindert vorab ein heidnisches Menschenopfer, dann
predigt er, tauft, thcilt das Abendmahl aus, leitet den
Kirchenban und legt den Grund zum religiösen und klö-
sterlichen Leben, wie denn der Schluß dieser Wand auf
den Unterricht der Jugend in den Klöstern und auf die
Mildthätigkeit dieser hinweist. In der Composition sind
einfache Linien und großartige Formen beabsichtigt, ver-
lassen jedoch häufig die nothwendigen Gränzen der In-
dividualität, wodurch eine gewisse Aehnlichkeit der Fi-
guren und Köpfe unter einander cintritt. In den ein-
zelnen Motiven giebt es hier viel Schönes, allein zu
wenig Wahres, d. h. recht durch und durch richtig Ge-
dachtes. Die Malerei zeigt den erfahrenen FrcSkomaler;
eine richtige Berechnung deS Lichtes und der Schatten,
eine Helle, leuchtende Farbe, harmonische Auflösung
scharfer und wohlthueuder Gegensätze; daher versöhnt
die Totalwirknng, der angenehme, heitere Eindruck des
Ganzen uns leicht mit einzelnen Schwächen und läßt
eine recht kirchliche, friedliche Stimmung in uns zurück.

Die dritte von Plüddemann gemalte Abtheilung
auf der langen Wand, der ersten laugen Fensterwand
gegenüber, beginnt mit Karl dem Großen. Ich kann
diese Partie, in welcher Karl als Schiedsrichter zwischen
einem Bauern und einem Edlen auftritt, und wo der
erstere als Kläger gegen den letztern Recht erhält, nicht
j für die gelungenste dieses Abschnittes halten. Die
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