Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
294

als ein Mittel zur wahren Auffassung und Darstellung
des alten Testaments betrachtet wird. Ich weiß nicht,
ob der Künstler des Verlustes von religiösem und poe-
tischem Gehalc nicht time wird gegen den Gewinn einer
sogenannten wahren Geschichte, die in ihrer Kahlheit
entweder — wie bei Rebekka nüchtern — oder bei der
Judith entsetzlich — erscheint. Das Bild deS Hrn. Dyce
hat übrigens ein besonderes, unter seinen Landsleuten
nicht allzugewöhnliches Verdienst: die Körpertheile lind
mit großer Genauigkeit und Strenge nach dem Modell
gezeichnet und vortrefflich mit Beobachtung aller Ueber-
gänge in den Licht- und Schattenpartien abgerundet.

Wahrlich, ich sage Euch, wer von Euch Ei-
nem dieser Kleinen ein Glas Wasser reicht
in meinem Namen, dem soll cs vergolten wer-
den (Matth. lO, 42) von C. W. Cope. Ein Mädchen
giebt einem Kinde, das verschmachtend am Boden liegt,
ein Glas Wasser zu trinken; Pilger stehen dahinter,
Frauen treten ans einer offenen Thür, durch welche
Sonnenstreiflicht ans die ganze Scene fällt. Das letz-
tere erscheint als das eigentliche Motiv des Bildes; die
Beziehung zu den Worten des Evangeliums würde ohne
den Katalog nicht leicht gefunden werden.

Die Rückkehr der Taube in die Arche von
C. Landscer. Da Herr C. Landseer Thiermaler ist,
so wird vor diesem Bilde, das vornehmlich den Thieren
gewidmet ist, eine Verwechslung mit Edwin Landseer
leicht Statt finden. Ich bin öfter an dem Bilde vor-
übergegangen, ohne es für etwas anders, als für das
Innere einer Menagerie 'anzusehen, bis mich doch end-
lich die unerklärlichen halbnackten Gestalten zu näherer
Betrachtung zwangen. Da sah ich ein junges Mädchen
inmitten der großen Scheuer eine Turteltaube an ihren
Busen drücken, und nicht weit davon den Zweig eines
Oelbaumes und auch einen bärtigen Mann, der mit
Rührung darauf deutete, und endlich einen jungen
Mann, der durch ein offenes Fenster in's weite Wasser
schaute, und so ergab sich denn der biblische Tcrt von
selbst; aber der Künstler wird es erklärlich finden, wenn
man von diesem und seinen biblischen Gestalten zu sei-
nen Thieren zurückkehrt, zu den Papagayen ans ihrer
Kletterstange, zu den Elephanten in ihren großen Kä-
fichten, zu den prächtigen Ziegen im Vorgrnnd und den
neckenden Häschen im Hintergrund, und sich an alle
diesem, wie an der Wirklichkeit solchen Thierlebens,
ergötzt.

Die klugen und die thvrichten Jungfrauen
von I. E. Lander. Ist der Künstler einmal dahin
gekommen, irgend ein Mittel der Kunst als ihren Zweck
zu betrachten und zu behandeln, so ist es im Ganzen
gleichgültig, welcher Unterlage er sich bedient; genug,
daß sie nicht häßlich sep. Wie einst Schalken, so hat

Lander die zehn Jungfrauen des Evangeliums genom-
men, um an ihnen den Gegensatz von Hell und Dunkel
bei Lampenbelenchtung zu zeigen. An die poetische Deu-
tung der Parabel ist nicht zu denken, wenn man nicht
etwa die Kirche in der Ferne dafür nehmen will.

Rebekka empfängt von Elieser Abrahams
Geschenke von I. P. Phillips, ein Bild, das mit
geringem Glück nach der von Vernct bei demselben Ge-
genstand befolgten Auffaffnngswcise angeordnet ist und
in irgend einer Reisebeschreibung vom Orient eine pas-
sende Stelle fände.

Jakob will Benjamin nicht ziehen lassen
nach Aegypten von I. Harwovd. Die Wahl des
Gegenstandes trägt vielleicht die Schuld von der Unver-
ständlichkeit des Bildes, obschon sich eine Darstellung
denken läßt, in welcher wenigstens der von väterlicher
Zärtlichkeit eingegebene Entschluß, das jüngste, liebste
Kind bei sich zu behalten, ausgesprochen seyn könnte.
Dies scheint hier nicht beabsichtigt. Dagegen hat es den
Anschein, als ob es ihm daran gelegen wäre, spanischen
Vorbildern ans dem 17. Jahrhundert in Charakterisi-
rung und Färbung nachzugehen, wobei er offenbar glück-
lich gewesen. Die Figuren von etwa drei Viertel Le-
bensgröße sind nicht ganz, sondern unter dem Knie
abgeschnitten.

Boas und Ruth von H. N. O'Neil. Die Som-
mersonnenhitze eines Erntetags ist auf diesem Bilde
mit großer Kenntniß der Natur dargestellt. Die Auf-
fassung der Erzählung erinnert an die bereits erwähnte
von Vernet, nach welcher ein Unterschied zwischen bibli-
schen und gewöhnlichen Ereignissen nicht statt findet, in
Darstellung und Zeichnung indeß kehren mehr die soge-
nannten akademischen Bewegungen und Formen wieder.

Rienzi ans dem Forum von A. Elmvre. Wir
befinden uns ans dem Campo Vaccinv zu Rom, wie es
heutigen Tages noch dasteht, als der Grabeshügel rö-
mischer Größe. Unter den Säulen vom Tempel des
Jupiter (glaub' ich) steht der beredte Volkstribnn, einen
schwarzen togaartigen Mantel übergeworfen, in gelb-
braunen Beinkleidern, in heftigster Bewegung, vorwärts
schreitend, die rechte Hand zur Faust geballt, die linke
weit gespreizt, beide Arme gestreckt, die Augen rollend,
fliegend das Haar und weit zu aufregender Rede geöff-
net den Mund. Ringsum liegt, steht und sitzt römi-
sches Volk in bekannter behaglicher Ruhe; links im Vor-
grunde eine Frau, die ein Kind säugt, dahinter stehen
einige Männer, die sich auf das Mauerwerk aufstützen,
auf welchem er steht. Aeußerlich zeigt sich nirgend eine
Wirkung seiner Rede, nur hie und da ein Kopf, der
Nachdenken verräth, und im Hintergründe ein Paar
Mönche, welche Verwunderung zeigen. Die ganze Dar-
stellung mahnt an Jmprovisatorenscenen, wie man sie
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen