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Schmelz - und Schnitzarbeiten, mit Münzen und mit je-
der andern Art litterärer sowohl als artistischer Gegen-
stände der deutschen Vorzeit. Bepnahe jeder Tag brachte
neuen Zuwachs, der Zutritt des Publikums wurde be-
günstiget und erbeten, Conservatvren, Reparatoren, Die-
ner traten in Thätigkeit, und so entwickelte sich allmäh-
lig in stiller liebevoller Pflege, was nun als ziemlich
Vollendetes sich der Beurtheilung darstellt.

Der Grundgedanke des Stifters war, eine Samm-
lung mittelalterlicher und vormittelalter-
licher, vorzüglich deutscher Bücher, Kunst-
werke und Geschichtsbelege zu bilden. Was
den ebenbezeichneten Perioden nicht angehvrte, durste
nach diesem Plane in die Sammlung nicht ausgenommen
werden. Die Grenzlinien aber wurden nicht nach einem
bestimmten Jahre gezogen, wie denn auch der menschliche
Geist die Abschnitte seiner Entwicklungsgeschichte nicht
nach Normaltagen oder Demarkationswochen bezeichnet.
Stammte ein Gegenstand aus der Neige des Mittel-
alters, aus des Marimilkan's, oder selbst ans den nächst-
folgenden Zeiten, so wurde der Geist des Verfassers oder
des Künstlers befragt; und so geschah es denn, daß über
die Aufnahme eines Heinsen Bedenken eintraten, wo
gleichzeitige Meister gesucht wurden, und so verschaffte
die Tendenz oder der Sinn eines sein Zeitalter überle-
benden Autors, der Wiederabdruck eines älteren Holz-
schnittes u. dgl. ähnliches, manchem Buche dieAufnabme,
während gleichzeitige dem Gemüthe der Sammlung fremd
erschienen.

Auch die Bepzierden suchte man der Idee des Gan-
zen anzucignen. Die neue Schöpfung war als das Werk
eines Mannes gedacht, der lebend in der zwepten Hälfte
des löten Jahrhunderts und zugcwandt der eben scheidenden
Vorzeit, gestrebt hatte, deren Hcrvorbringungen zu sichern
und anfznstellen. Darum war auch alle Mühe dahin ge-
richtet, das Gebäude in dem Stvle des beginnenden
löten Jahrhunderts zu decoriren, selbes mit einer schon
früher im mittelalterlichen Geschmacke behandelten Capelle
in Verbindung zu bringen, und so die vorhandenen Schätze
möglichst in die Atmosphäre ihrer Zeit zurückznversetzen.

Die Aufstellung der Gemälde ist nicht so sehr das
Werk des Stifters, als vielmehr ein Erzeugniß vielseiti-
ger Berathung mit dem königlicp baierischen Galleric-
Direktor Ritter v. Dillis. Man dankt sie bepnahe
einzig den gütigen Bemühungen dieses verdienstvollen
Mannes, dessen überblickreicher ordnender Sinn eben jezt
von den erhabenen Anstalten der baperischen Regierung
und von den Planen des Regenerators der bäuerischen
Baukunst eine herrliche seiner würdige Aufgabe erwartet.

Das Ordnen der übrigen Gegenstände wurde durch
den fürstlichen Geheimen-Hofrath Köhler, durch die
Bibliothekare Sinn er und Endrefi, durch den Archi-

tekten Erding er und durch den fürstlichen Inspektor
Schmidt nach den Anordnungen des Stifters vollzogen.
Die gehoffte Ankunft eines hohen Gastes beschleunigte die
Arbeiten. Das Jahr 1816 vollendete die inneren Anstal-
ten und gegen Ende des Jahres 1817 hatte auch die äus-
sere Form ihre erste Tinte erhalten.

Geltingen dürften die Büchersäle zu nennen seyn.
Die dre» großen Gewölbe der Bibliothek mit ihren ge-
malten Plasond's, mit ihren schweren Thoren und mit
ihren spitzgewolbten Fenstern ahmen tauschend die Bücher-
säle des Mittelalters nach. Einzelne äußerst niedliche
ovale Glasgemälde unterbrechen die runden Scheiben, ohne
das Licht zu benehmen. Die reich verzierten Münzkästen,
die zierlich gearbeiteten Schränke, die nach alten Mustern
verfertigte» Behältnisse für die kostbareren Gegenstände,
die an den Wänden und über den Kästen angebrachten
schöneren Schnitzwerke, die hie und da mit aufbewahrten
Naturseltenheiten, die Beleuchtung des Gold- und Silber.
Geräthes der Cingneccnto's, der Elfenbein-, Schnielz-
nnd Bronze-Gegenstände, der Bogengang auf der einen,
der kleine Garten nimmt dem Custodenhause auf der en>-
gegengesezten Seite des Gebäudes, die Anordnung deö
Einzelnen, wie der Effekt des Ganzen versetzen den Be-
schauer unwillkürlich in jene frühere Epoche, welcher Bücher
und sonstiges angeboren. Nicht minder entsprechend schien
die Einrichtung des oberen Stockwerkes. Ein weiter
Gang mit Schnitzwerken und Teppichen seltsam geziert,
ans ackt spitzgewolbten durchaus farbigen Fenstern däm-
mernd beleuchtet, gibt ein Bild der — in ihrer Alter-
thümlichteit jezt so seltenen Kreuzgänge. Und öffnen sich
dann die Thüren des Gemälde-Lokals, trifft man in dem
Vorzimmer die altitalischen, die griechischen und die
Uebergangsbilder gleichsam als die Vorrede und Correlate
der Sammlung, blickt man zur Linken nach dem Zimmer
der niederdeutschen und zur Rechten nach den fünf Zim-
mern der oberdeutschen Schule, und entdeckt man am
Schlüsse dieser Zimmer - Reihe in gelungener Perspektive
das mit Teppichen des iZtcn, i-ften und i5ten Jahrhun-
derts behängte Oratorium und die alte-Nitkerkapelle mit
ihren düstern Glasfenstern, mit ihren Basreliefs, mit
ihren Wappen, Fahnen und Rüstungen, und mit Renn
niscenzen und Reliquien aus den Krenzzügen der Oec
tingischen Grafen: so fühlt wenigstens jedes kunstsinnige
Gemüth, Liebe und nicht blos Sammlerlust habe diese
Bilder zusammengebracht.

Die Capelle hat der Stifter jederzeit als eine we-
sentliche Zugabe seines Werkes betrachtet. Wie die Blicke
des Beschauers in artistischer, so belebt das heilige Haus
den Bau in religiöser, d. i. in mittelalterlicher Hinsicht.
Die Töne der Orgel und die Gesänge des Priesters widei-
hallend durch die Kreise dieser Bilder eines alten Ritus,
die Gebete deö Volkes mitgebetet oder vernommen von
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