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Nr. 8i

K u n st

latt.

Montag, de» io. October i 8 2 5.

Blicke auf einzelne Künstler und Kunstwerke der
besten Zeit.

In die Werke der goldenen Kunstepoche (-von etwa
I45o dis i55o~) ist ein solcher Schatz tiefer Lebensan-
schauung, heiterer Schöpfungen der Phantasie, freudiger
Kraftentwicklung, kurz der höchsten geistigen Kultur nie-
dergelegt, daß wir in ihnen wie in einem Spiegel ein
herrliche» Bild von dem was der Mensch kann, darf,
und soll erkennen. Daher sind einzelne Blicke in diesen
Spiegel wohl mehr als ein bloßer Zeitvertreib. Von
dem, was man sich bey solchen Blicken wohl selbst zu
sagen pflegt, und seinen Freunden gerne mittheilen möch-
te, wird hier Einiges anzndeuten versucht, und dabcy
auf ähnliche frühere Mittheilungcu verehrter Stimmen
Beziehung geuommeu werden.

I.

-.lieber Andreas Mantegna.

(geb. 14Z0. -j- i5o'6.)

„In der Kirche der Cremitaner habe ich Gemälde
„von Mantegna gesehen, einem der älteren Maler, vor
„dem ich erstaunt bin. Was in diesen Bildern für eine
„scharfe, sichere Gegenwart dasteht! Von dieser ganz wah-
„ren, nickt etwa scheinbaren , effektlügenden, blos zur
„Einbildungskraft sprechenden, sondern derben, reinen,
„lichten, ausführlichen, gewissenhaften, zarten, umschrie-
„denen Gegenwart, die zugleich etwas Strenges, Emsiges,
„Mühsames hatte, gingen die folgenden Maler aus, wie
„ich an Bildern von Tizian bemerkte, unb nun konnte
„die Lebhaftigkeit ihres Genie's, die Energie ihrer Na-
„tur, erleuchtet von dem Geiste ihrer Vorfahren, auf-
„crbaut durch ihre Kraft, immer höher und hoher stei-
fen, sich von der Erde heben, und himmlische aber
„wahre Gestalten hervorbringen. So entwickelte sich die
„Kunst nach der barbarischen Zeit."

(Aus meinem Leben, von Goethe,

Ik. Abth. 1 Th. S. 141.)

Dieses Wort des geistvollen Autors über den geist-
vollen Künstler ist sehr anreizend einen Commentar zu

versuchen. - Denn indem etwas von dem Wesen Man-
tegna's hier so treffend herausgehoben wurde, erscheint
so Vieles, was räthfelhaft in diesem Maler scheint, ge-
rade im Gegensätze zu dieser geistreichen Stelle, in einem
um so pikanteren Lichte. Späterhin (in Kunst und Al-
terthum iv. Vd. istes Heft) sind weitere Andeutungen
über den Künstler gegeben, und sein Wesen durch einen
Zwiespalt in seiner Bildung zu motiviren versucht wor-
den. Nach diesen Andeutungen wäre in Mantegna's
Werken die Gestalt — das Ideelle — der Styl — aus
dem Studium der Antike, die Gewandtheit und das
lezte Leben, aus der Natur geschöpft. Dieser Ausspruch
nun scheint sich den Werken selbst gegenüber als ein un-
bedingt gültiger nicht bestätigen zu wollen. In diesen,
unter sich durchaus nicht wesenhast verschiedenen Wer-
ken ist vielmehr eine durchherrschende Einheit des Idea-
les und des'Vortrags wahrzunehmen. Diese Einheit
aber deutet auf eine Gleichartigkeit und Festigkeit des
Wollens und Strebens, sie zeigt ein Beharren auf dem
Ergriffenen, einen Ernst und eine Bestimmtheit der An-
sichten, die nicht wohl ein Abspringen von der Methode,
eine Verlegenheit der Wahl zulassen.

Wenn wir Mantegna's Werke scharf, umsichtig und
prüfend ins Auge fassen, so möchte sich uns folgendes
Bild seiner Sinnesweise und seines Charakters ergeben t
Es lebte in dickem Manne ein tüchtiger, ernster, hoch-
strebender Geist, welcher ganz dem Bedeutenden, Gründ-
lichen und Umfassenden zugewendet war. Mantegna war
durchaus einig mit sich selbst und dem was er wollte; es
spricht sich in ihm eine ungemeine Beharrlichkeit und
Nachhaltigkeit in der Verfolgung seines Zieles aus. Be-
stimmtheit und Scharfe, Klarheit und Ruhe, Ernst und
Derbheit leuchten aus seinem Wesen hervor: er ging
mit Liebe, Kraft und Sicherheit an seine Werke, war
entbalt'am und haushälterisch mit seinen Mitteln, immer
besonnen und sich selbst gleich, ja unermüdlich in der Aus-
führung. — Schwieriger ist eS, den Standpunkt der künst-
lerischen Bildung dieses Malers zu bestimmen. Denn
es durckdringen sich zwey Hauptelemente so lebendig und
organisch in seinen Werken, und diese Werke sind ihrer
Register
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